Tom Tully, Sylvia Sidney, Betty Lynn, John Gavin, Don Beddoe
© Universal-International Pictures Inc.
In einem US-Staatsgefängnis werden die Zellen geöffnet, und die Häftlinge treten zum Freigang auf dem Hof an, unter ihnen Carl Burckhardt (John Beradino), der aus der Brusttasche seines Hemdes eine filterlose Zigarette fischt, die er im Korridor dem in einer anderen Kolonne eingereihten George Miller (Rayford Barnes) weitergibt. Miller wirft einen Blick darauf, tritt auf die nach außen führende Metalltreppe und lässt sie in den Hof fallen, wo der zu lebenslanger Haft verurteilte Gangster William Kiley (John Larch) sie aufhebt und ebenfalls die darauf befindiche Aufschrift liest: “Lunch today“. Dann zieht er das Steichholz, auf dem er herumkaute, aus dem Mund, steckt sich die Zigarette zwischen die Lippen und zündet sie an… Der vor 6 Monaten vorübergehend zum Gefängnisdirektor ernannte Frank Carmichael (Tom Tully) hat eine Unterredung mit dem zum Tode verurteilten Morgan (David Garcia) und berichtet ihm, dass seine Ehefrau krank gewesen sei und ihn bald besuchen käme, indessen sein Gnadengesuch stets unentschieden sei. De facto hat Morgans Frau kein Interesse mehr an ihrem Mann, und auf dem Rückweg in sein Büro hinterfragt Carmichaels rechte Hand Lieutenant Tom Reynolds (Barney Phillips) dessen Lüge. Aber Carmichael, der sich heute dem Komitee stellen muss, dass über seine Bewerbung auf den Posten des Direktors entscheidet, vertritt die Ansicht, dass Morgan auf jeden Fall davon profitierte. Im Büro erwartet ihn nach einem Rundgang durch die Anstalt das Komitee mit steinernen Mienen…
Versuchung ist das zentrale Thema dieses späten Film Noirs, der sich damit in jene Tradition von Werken à la Anthony Manns Side Street (USA 1950), Don Siegels Hölle 36 (USA 1954) oder Robert Quines Schachmatt (USA 1954) einreiht. Ein unbescholtener und sogar empathischer Gefängnisdirektor, der die Taktiken und Spiele der Mächtigen nicht versteht und sich im Fall seiner Bewerbung selbst Knüppel zwischen die Beine wirft, wird im Zug eines Ausbruchs aus dem Gefängnis zur Geisel einiger Schwerverbrecher. Auf der Flucht kommt es zu einem Verkehrsunfall, den Frank Carmichael fast unverletzt überlebt, und es gelingt ihm einen der Gangster in einem Feuergefecht an der Flucht zu hindern und zu erschießen. Doch der Mann hatte 100.000 US-Dollar in einem Koffer bei sich, und plötzlich findet sich der frustrierte Beamte allein in der Nacht mit all dem Bargeld, das nun bündelweise aus dem geöffneten Koffer herausfiel und rings um ihn herum zu Greifen nahe ist… Er versteckt das Geld, doch eine zweite Geisel der Verbrecher, der junge Automechaniker Johnny Hutchins (John Gavin) wird der Komplizenschaft angeklagt und in dem weiterhin von Frank Carmichael geleiteten Gefängnis inhaftiert. Die von Carmichael über alles geliebte, nach einem Unfall an den Rollstuhl gefesselte Ehefrau Hilda (Sylvia Sidney) entfremdet sich nach dessen Tat von ihrem Mann. Die Stimmung der Eheleute verdüstert sich. Frank will sich trotzdem nicht eingestehen, dass er unterrm Eindruck der nach der gescheiterten Bewerbung und der für ihn schwierigen Situation einen kapitalen Fehler beging. Er trudelt in eine von Gewissensbissen und von seinem Trotz entzündete Persönlichkeitskrise, die sich täglich verschärft… Was wie eine hoch explosives Drama klingt und über weite Strecken von Tom Tullys engagiertem Schauspiel und den zahllosen Widersprüchen, in die er sich gegenüber Hilda, Kollegen und Gefangenen vertstrickt, versandet in einem 08/15-Finale und in einer Schlusssequenz, die von Biberman lausig inszeniert ward und den Film im letzten Moment stark entwertet.
© Universal-International Pictures Inc.
Trotz mehrerer pointierter Einzeiler und Dialoge können sich Tom Tully und auch Sylvia Sidney vergeblich darum, dem Drama Leben einzuhauchen und damit ihren Stempel aufzuprägen. Das Ganze ist von vornherein in der Routine der B-Filmproduktion von Universal Pictures angesiedelt und bewegt sich im Fahrwasser der zu dem Zeitpunkt (einmal mehr) populären Gefängnisfilme. Verdammte hinter Gittern ist exakt, was 2018 auf dem Noir Film Festival in Křivoklát, Tschechien, unterm Sammelbegriff Prison Noir zu einer Retrospektive gefasst wurde. Von jenen sind allerdings Don Siegels Terror in Block 11 (USA 1954) oder Lewis R. Fosters Straße des Terrors (USA 1955) die deutlich besseren Werke, und es liegt vornehmlich am oben bereits kritisch beäugten letzten Akt von Abner Bibermans Film, der William Wylers An einem Tag wie jeder andere (USA 1955) deutlich nachempfunden wirkt und trotzdem konservativ und bieder wirkt, wenn zu guter Letzt die für die kleinbürgerlichen Verhältnisse in den USA relevanten Prinzipien der Ordnung und Staatsräson wiederhergestellt sind. Schade!
Eine US-amerikanische Blu-ray disc (2022) der Kino Lorber Studio Classics in der 3-BD-Box Film Noir: The Dark Side Of Cinema XI beinhaltet das Werk bild- und tontechnisch restauriert, ungekürzt und im Originalformat inklusive des englischen Originaltons und mit optional englischen Untertiteln. Als Bonus bietet die Edition lediglich den original US-Kinotrailer. Es ist im Übrigen weltweit die einzige Edition dieses späten Film Noirs auf einem Bildträger.