Dämon Geld

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Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
****
Originaltitel
Apenas un delincuente
Kategorie
Film Noir
Land
ARG
Erscheinungsjahr
1949
Darsteller

Jorge Salcedo, Sebastián Chiola, Tito Alonso, Josefa Goldar, Linda Lorena

Regie
Hugo Fregonese
Farbe
s/w
Laufzeit
88 min
Bildformat
Vollbild

 

 


 

© Verlag für Filmschriften Christian Unucka

Buenos Aires, Argentinien: In rasender Fahrt fliehen mehrere aus dem Gefängnis ausgebrochene Häftlinge in einer zweitürigen Linousine vor einem Polizeiwagen, der mit lauter Sirene zu ihnen aufschließt, wiederum von zwei Beamten auf Motorrädern flankiert. Die Polizisten schießen auf das Fluchtfahrzeug, dessen Fahrer die Kontrolle verliert, eine Böschung hinabrast, indessen der Wagen sich überschlägt und Feuer fängt. Als die Uniformierten mit ihren Sturmgewehren am Straßenrand erscheinen und zur Unglücksstelle hinabblicken, sehen sie den ehemaligen Bankangestellten und schwer verletzten José Moran (Jorge Salcedo) aus dem brennenden Wrack kriechen… Ein Foto der Szene schafft es am folgenden Morgen auf die Titelseite einer Tageszeitung der Hauptstadt. Deren Chefredakteur beauftragt einen seiner Journalisten, die Geschichte José Morans zu verfassen und mit Bruder (Tito Alonso) und Mutter (Josefa Goldar) des Mannes in Kontakt zu treten. So beginnt der Reporter Crespo seine Recherche in den Archiven und versammelt auf seinem Schreibtisch allerlei Dokumente über den Sohn der pulsierenden Metropole Buenos Aires, die jenen hervorgebracht und geprägt hatte. Denn der Bankagestellte Moran war ein Mann, den solch Pulsieren in ein Fieber der Ungeduld und Begierden getrieben hatte. Geld war das einzige, was ihn seit jeher interessierte und lockte. Er wollte unbedingt zu den Reichen und Mächtigen gehören. Letzteres brachte den Bankkaufmann mit dem kleinen Gehalt an die Spieltische der Stadt…

 

José Moran ist ein Film-Noir-Charakter sondergleichen und lässt das im wunderbaren Auftakt die Zuschauer selbst ermessen, wenn Hugo Fregonese atmosphärische Bilder vom Buenos Aires der späten 40er Jahre aneinander reiht und Moran als Erzähler von seinem Schicksal in der Metropole berichtet. Überal herrscht rege Betriebskamkeit, ein unablässiges Kommen und Gehen, ein Treiben und Handeln wie in einem Bienstock, womit die jeweils Einzelnen ihre Hoffnungen, Wünsche und Träume zu verwirklichen suchen. Moran berichtet von seiner eigenen Ungeduld, vom tief in ihm selbst wurzelnden Stachel des Materialismus‘, der ihm zu Reichtum und Unabhängigkeit verhelfen soll. Doch an den Spieltischen und beim Pferderennen ist ihm das Glück nicht hold. Er wird zum Schuldner, der seine verwitwete Mutter, bei der er auch im achten Jahr in der Bank zu leben gezwungen ist, nicht länger unterstützen kann. Die Situation verbessert sich nicht, im Gegenteil, er verliert mehr und mehr. Als ihm seine Jugendliebe Laura (Linda Lorena), inzwischen Studentin der Rechtswissenschaft, in der U-Bahn erzählt, dass man in Argentinien für einen Finanzbetrug unabhängig von der unterschlagenen Summe mit maximal sechs Jahren Haftstrafe rechnen muss, fasst José Moran einen Entschluss. Er betrügt seine Bank um einen exorbitanten Betrag, versteckt das Bargeld an einem sicheren Ort und will im Gefängnis sechs Jahre ausharren, bevor er nach verbüßter Haft am Ziel angelangt sein wird… Es ist fast müßig zu erwähnen, dass die clevere Prämisse schon bald von allerlei widrigen Umständen seines Lebens torpediert wird und im Nu erste Risse aufweist. Als eine Erzählung des Film Noirs ist der argentnische Klassiker mit einem exzellenten Jorge Salcedo in der Hauptrolle jedoch ein Musterbeispiel des Filmstils schlechthin. Im Gegensatz zu vielen Charakteren des US-amerikanischen Film Noirs wird José Moran nicht durch eine Femme fatale sondern von seinem urgeigenen Sozialneid angetrieben. So erinnert er an Al Roberts (Tom Neal) in Edgar G. Ulmers Detour (USA 1945), an Henry Stevenson (Burt Lancaster) in Anatole Litvaks Du lebst noch 105 Minuten (USA 1948) und an Jack Early (Howard Duff) in Joseph Pevneys Shakedown (USA 1950).

 

 

“Life in the big city which has everything but not for everybody. Male pride versus family shame. A workplace whose regimentation is filmed not too differently than the prison.” So fasst José Arroyo für First Impressions die verschiedenen Drehorte und damit die Schauplätze des Lebens von José Moran zusammen, die zugleich eine Kulisse für sein Scheitern nicht nur an den Verhältnissen sondern auch an sich selbst liefern. Der gebürtige Argentinier Hugo Fregonese, welcher im Fall von Dämon Geld nicht nur als Regisseur sondern auch als Autor genannt wird, drehte in der Folge für 5 Jahre Filme in den USA. Mit One Way Street (USA 1950) war gleich der erste davon ein Film Noir. Bis 1975 blieb er aktiv, jedoch meist in Europa, u.a. in Italien und Großbritannien, aber auch in Deutschland. Jorge Salcedo war bis in die frühen 80er als Schauspieler tätig und blickte auf eine 40 Jahre umspannende Karriere zurück. Ihr gemeinsamer Film Noir Dämon Geld kam 1950 in der Bundesrepublik Deutschland und in Österreich ins Kino, ist heute hierzulande jedoch längst vergessen.

 

Der Film liegt in einer bild- und tontechnisch hochwertig restaurierten Fassung, ungkürzt im Originalformat und sogar inklusive englischer Untertitel vor. So lief er unter seinem US-Titel Hardly A Criminal bereits im Jahr 2014 auf dem Filmfestival NOIR CITY in San Francisco unter Leitung der dortigen Film Noir Foundation. Auf einer BD oder DVD gibt es das Werk meines Wissens bis heute (2023) weltweit nirgendwo.

 


 

Film Noir | 1949 | International | Hugo Fregonese | Nathán Pinzón | Faith Domergue

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