Stephen McHattie, Kay Lenz, Eddie Albert, Lonny Chapman, Will Geer
© Twentieth Century Fox Film Corporation
Der aus Detroit, Michigan, stammende Drifter Eddie Moore (Stephen McHattie), einen Rucksack und seine akustische Gitarre auf dem Rücken, ist zu Fuß auf dem Weg in die texanische Kleinstadt Rockfield. Nicht weit entfernt fährt Sheriff Leroy Rankin (Lonny Chapman) mit Deputy Tylor (Dennis Redfield) Streife und ist erbost darüber, dass Tylor ihn zu erpressen sucht. Damit er weiterhin seinen Mund halte, wünsche er für sich eine monatliche Gehaltszulage von 1000 US-Dollar, so Tylor, und zwar aus dem Honigtopf, in dem auch Rankin seine Finger stecken habe. Die Dreistigkeit des Untergebenen reizt Rankin zusehends, als der Deputy Eddie Moore entdeckt und den Wagen zum Stehen bringt. Die Polizisten steigen aus, und Tylor belehrt Eddie, dass er innerhalb der Stadt nicht per Anhalter fahren darf. Rankin reißt dem Fremden den Rucksack vom Rücken, und als Tylor ihn fragt, ob er die Gitarre zu spielen wisse, antwortet Eddie, dass er darin seine Drogen schmuggele. Rankin haut Eddie Moore seinen Schlagstock in den Nacken, Tylor zerstört die Gitarre, und gemeinsan fahren sie den halb Bewusstlosen aus der Stadt ins Ölfeld mit seinen Fördertürmen. Dort steigt Eddie aus, und Rankin teilt ihm mit, dass er ihn hier nicht mehr sehen wolle. Kaum sind die Beamten wieder unterwegs, kommt Tylor auf seine Forderung zurück, seinen Anteil an den Schmiergeldern zu erhöhen. Ansonsten würde er zu H. L. Rockfield (Will Geer) gehen, doch nun ist Sheriff Rankin alarmiert und warnt ihn vor einem solchen Schritt...
“Even if we do go to trial, who's gonna believe what she says or what I say? A bastard with a badge is who they'll believe.“ Zwei Liebende – Eddie Moore und die örtliche Eisverkäuferin Camille Mary Johnson (Kay Lenz) – werden zufällig Zeugen eines durch Sheriff Rankin verübten Mordes an dessen eigenem Deputy Tylor, der seinen Vorgesetzten und den heimlichen Herrscher der Stadt, H. L. Rockfield, zu erpressen suchte. Schon Ted Tetzlaffs Das unheimliche Fenster (USA 1949), Norman Fosters Einer weiß zuviel (USA 1950) und Roy Rowlands Zeugin des Mordes (USA 1954) nutzten die Prämisse einer Zeugenschaft als Ausgangspunkt ihrer Filmhandlung. Nun ist der Mörder aber der durch die Bank korrupte und amoralische Chef der örtlichen Polzeibehörde, Sheriff Rankin, eine nach Howard W. Kochs Freibrief für Mord (USA 1954), Robert Quines Schachmatt (USA 1954) und Orson Welles‘ Im Zeichen des Bösen (USA 1958) ebenfalls nicht neuartige Variante des Film Noirs. Demgegenüber ist Rasende Gewalt ein Film jener 70er Jahre, als im Kielwasser von Beatnik- und Hippiekultur die Kritik an Polizeigewalt, Korruption und Rassismus in den USA fast ein Standard der Filmproduktion geworden war. Just im Jahr zuvor waren mit Burt Kennedys Der Mörder in mir (USA 1975) und mit Ivan Nagys Deadly Hero (USA 1975) zwei Filme erschienen, die den erzreaktionären und gewalttätigen Staatsbeamten als Psychopathen in Uniform an den Pranger stellten.
“That Moore is an autoworker is (…) instrumental to the pro-labor, anti-authority theme that permeates the film”, schreibt Jonathan Lewis für Mystery*File in einer der wenigen Besprechungen dieser Julie-und-Roger-Corman-Produktion für die Twentieth Century Fox Film Corporation, welche über den Rand der Verfolgungsjagden in Automobilen, die bald den Charakter des Werks bestimmen, hinausblickt. Zudem lässt es Charles S. Dubins Film auch im Finale an Konsequenz nicht fehlen, dessen Schusssequenz hart und bitter ist. Das zentrale Problem wird der “shift in tone“, den auch US-Kritiker und das heutige Publikum beklagen, nur sehe ich es andersherum. In seinen letzten 20 Minuten kehrt das Werk zum Ausgangspunkt zurück, während viele Verfolgungsjagden, bei denen 26 Wagen zu Schrott gefahren wurden, vom billig-banalen Humor gekennzeichnet sind, wie sie für die Burt-Reynolds-Komödien jener Jahre typisch waren. Der passt nicht zur Geschichte und passt nicht zum Lovers-on-the-Run-Kontext, der Eddie und Camille zu Gejagten werden lässt, die Rankin auf jeden Fall tot sehen will. So beginnt und endet Rasende Gewalt wie einer der besseren Neo Noirs jener Zeit, die aus ihrem tief gespaltenen Verhältnis zu (Teilen) der US-Gesellschaft keinen Hehl machten, versucht im Mittelteil via Blechschaden-Slapstick jedoch seinen Unterhaltungwert zu steigern und erleidet Schiffbruch. Kay Lenz beweist ihre Klasse und hat mit Stephen McHattie eine gute Chemie. Die Hollywood-Veteranen Eddie Albert und Will Geer machen aus ihren kleinen Rollen jeweils das Beste, und insofern wünschte man sich alles in allem einen besseren Film.
In den USA gibt es via Shout Factory eine exzellent restaurierte DVD-Edition (2011, RC 1), die den Film als Double Feature zusammen mit Jonathan Demmes Mach ein Kreuz und fahr zur Hölle (USA 1976) präsentiert: ungekürzt im Originalformat, bild- und tontechnisch allemal gut, mit der original englischen Tonspur ohne Untertitel, dazu den US-Kinotrailer und einen TV-Spot sowie Audiokommentare von Julie Corman, Charles S. Dubin und Stephen McHattie als Extras.