Top Of The Lake – Staffel 1

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Bewertung
****
Originaltitel
Top Of The Lake – Season One
Kategorie
Neo Noir
Land
UK/AUS/NZ/USA
Erscheinungsjahr
2013
Darsteller

Elisabeth Moss, David Wenham, Peter Mullan, Thomas M. Wright, Skye Wensey

Regie
Jane Campion, Garth Davis
Farbe
Farbe + s/w
Laufzeit
360 min
Bildformat
Widescreen

 


 

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Laketop, Neuseeland: Die 12-jährige, eurasische Tochter des örtlichen Drogenbarons Matt Mitcham (Peter Mullan) namens Tui (Jacqueline Joe) fährt morgens mit ihrem Fahrrad aus dem Tor des einsam in Waldnähe gelegenen Hauses und begibt sich auf den Weg zur Schule. Es ist bitterkalt. Frost liegt über der Landschaft und Nebel zieht durch das Tal. Als sie an den See kommt, hält sie an, zieht sich Jacke und warme Kleidung aus und begibt sich in ihrer Schuluniform ins eisige Wasser. Während sie bis zur Schulter darin versinkt, bleibt sie mit geballten Fäusten stehen und blickt über die Nebelschwaden auf der Wasseroberfläche hinweg in die Ferne. In dem Augenblick kommt der Schulbus des Weges, und die mitfahrende Delia (Dra MacKay), die Tui im Wasser stehend entdeckt bedeutet dem Busfahrer anzuhalten. Sie holt Tui ans Ufer zurück, die nun im Bus mitfährt und von dem ihr verbundenen Freund Jamie (Luke Buchanan) über die Sitzreihen hinweg beobachtet wird, indessen sie eine SMS von ihm unbeantwortet lässt. Delia bringt Tui in die Schule, wo sie im Krankenzimmer ihre nasse Kleidung ausziehen muss… Indessen beobachtet Tuis Bruder Luke (Kip Chapman) vom Balkon des väterlichen Hauses, wie mehrere Sattelschlepper ein Dutzend Container auf ein “Paradise“ benanntes Grundstück am See transportieren. Er und Bruder Mark (Jay Ryan) berichten Matt davon. Die Familie hat mit Eigentümer Bob Platt (Darren Gilshennan) eine Vereinbarung getroffen, der die Parzelle ohne ihre Zustimmung nicht veräußern darf…

 

“Can't we do a bit more of the wrong thing before we do the right thing?“ Der Auslöser der Filmerzählung ist simpel, und im Grunde wäre letztere es auch, würde sie nicht durch die beteiligten Figuren und deren Biografien zunehmend komplex. Derlei ist für ein auf seine Rollencharaktere fokussiertes Erzählkino, wie es bei der aus Neuseeland stammenden Jane Campion (In The Cut, AUS/USA/UK 2003) Tradition hat, häufig typisch, und die im 21. Jahrhundert zu neuen Höhen geführte TV-Serie mit ihrem Hang zu ausschweifend epischen Laufzeiten bebildert solche Dramen bevorzugt. Für Top Of The Lake – Staffel 1 tritt Campion mit dem australischen Dichter, Schriftsteller und Regisseur Gerard Lee, mit dem sie bereits das Drehbuch zu ihrem ersten Kinofilm Sweetie (AUS 1989) verfasst hatte, als Autorenduo in Erscheinung. Zudem führte die Oscar-Preisträgerin bei zwei der sechs einstündigen Episoden selbst Regie und ist obendrein Produzentin der Serie. Die Kameraarbeit von Adam Arkapaw (Königreich des Verbrechens, AUS 2010) ist so exquisit wie die Landschaft, die als Drehort dient. Mitunter erinnert die Dorfkultur an die in den Outbacks in Australien angesiedelte Mystery Road - Series 1 (AUS 2018), demgegenüber die raue, winderliche und bewaldete  Gebirgslandschaft mit ihrem kalten, dunklen See an den Nordic Noir à la Kjell Sundvalls Jägarna (SWE 1996) und Jägarna 2 (SWE 2011) gemahnt. Die in Sydney, Australien, tätige Polizeibeamtin Robin Gibb (Elisabeth Moss), selbst aus Laketop und aktuell bei ihrer krebskranken Mutter Jude (Robyn Nevin) zu Besuch, wird aufgrund ihrer Expertise in Sachen Kindesmissbrauch in die Ermittlungen bezüglich der offenbar unfreiwillig schwangeren Tui Mitcham einbezogen. Letztere ist die leibliche Tochter des heimlichen Herrschers der Ortschaft und der Region, Matt Mitcham, der ein von archaischer Weltsicht geprägter, ruchloser Machtmensch ist.

 

Viele der Rollencharaktere sind wunderbar ausgefeilt, und fast alle der Schauspieler und Schauspielerinnen sind fantastisch, besonders Elisabeth Moss und Peter Mullan als Kontrahenten im Zentrum der Filmhandlung. Leider ist die Serie nicht frei von Stereotypen und von Klischees. Dieses gilt für die Zeichnung der Männer und der Frauen gleichermaßen. So sind erstere bis auf Johnno Mitcham (Thomsas M. Wright), Robins Freund aus Jugendtagen, primitive, sexhungrige, gewalttätige Machos. Demgegenüber erweisen sich Frauen mit Ausnahme Robins und der als Guru angehimmelten GJ (Holly Hunter) als unterwürfig, neurotisch und bis an die Grenze der Selbstverleugung verschlossen. GJ mit ihren der griechischen Tragödie nachempfundenden Orakelsprüchen als Kommentar zu der in “Paradise“ residierenden Frauenkommune, bezieht ihre Weisheiten vor allem aus einem Mangel an Empathie und einer selbstgestrickten Naturphilosophie. Ist die Figur von Lee und Campion bewusst so angelegt, dass sie einem auf die Nerven geht? Es liegt fast nahe, denn die Gegenüberstellung der psychischen Trümmerwüsten aller Erwachsenen mit dem stets unverstellt neugierigen Lebenshunger der Teenager, denen eine zunehmend handlungsrelevante Rolle zukommt, ist von unmissverständlich tiefer Bitterkeit. Autor und Autorin wussten folglich, was sie tun. Mein Fazit: Top of The Lake ist im Fahrwasser so einiger Neo-Noir-Serien des 21. Jahrhunderts eine gelungene Erweiterung des Kanons, in der Summe aber nicht brillant.

 

Es gibt eine bild- und tontechnisch exzellente 2-BD- oder eben 3-DVD-Box (2013) der polyband Medien GmbH mit der Serie ungekürzt im Originalformat und zwar inklusive der original englischen Tonspur (unverzichtbar), einer deutschen Synchronisation und optional englischen Untertiteln. Die reichhaltigen Extras von einstündiger Spielzeit beinhalten eine Dokumentation betitelt From the Bottom of the Lake, ein Behind The Scene und Interviews mit jeweils Elisabeth Moss und Holly Hunter.

 


Neo Noir | 2013 | International | Garth Davis | Jane Campion | Chris Haywood | David Wenham | Jacek Koman

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