Ondřej Vetchý, Oldřich Kaiser, Igor Chmela, Marek Taclík, Lucie Šteflová
Ein Immobilienmakler (Leos Noha) betritt eine Wohnung und ruft nach dem Eigentümer, denn niemand ist zu sehen. Indessen er durch die Räume streift, kommt Dr. Pochmann (Ondřej Vetchý) langsam die Treppe hinunter und erklärt dem Mann kurzangebunden, dass er den Kaufpreis bis Freitag in bar benötige. Sechs Millionen sei die Wohnung wert, aber aufgrund seiner Eile werde er sie dem Käufer für 4 Millionen überlassen. Der Makler ist sichtlich überrascht, versichert aber, dass er seinen Klienten davon in Kenntnis setzen werde… Mit ihrem Klassenkameraden Tomáš (Ondřej Havel) ist die hübsche Hanka Pochmann (Lucie Šteflová) auf dem Weg zu einem auf dem Land gelegenen Fabrikgebäude. Tomáš‘ Onkel will dort einige Probeaufnahmen mit Hanka als Model machen, die bereits ein wenig aufgeregt ist, da sie noch nie einem Fotografen Modell gestanden hat. Als sie ankommen, stellt sich die Fabrik als eine abseits gelegene, längst stillgelegte Ruine heraus, und Hanka hat Mühe, ihr Erstaunen darüber zu verbergen. Zur gleichen Zeit nähern sich auf ihren Fahrrädern nun auch David (Václav Vostárek) und Honza (Daniel Novák) dem Gebäude. Noch immer fehlt vom Onkel jede Spur, als Hanka in Begleitung von Tomáš in der Halle der obersten Etage trotz der Kälte ihr mitgebrachtes rotes Kleid anzieht. Noch ahnt sie nicht, dass sie nicht wegen eines Fotoshootings vor Ort ist. Auf sie selbst haben es die drei Teenager abgesehen, auf eine Vergewaltigung des Mädchens, von der sie nie jemanden wird berichten können…
Der bis dato einzige Film von Miroslav Ondruš ist ein dunkler, humorloser und vor allem fieser Rachethriller. Auch im Kontext des Film Noirs und des Neo Noirs sind das Motiv der Rache und die Figur des Rächers seit langem populär. Edward Dmytryks Cornered (USA 1945), Wolfgang Staudtes Die Mörder sind unter uns (GER 1946) und Lawrence Huntingtons Abgründe (UK 1947) sind frühe Beispiele dessen. In den beiden europäischen Werken ist der Rächer jeweils sogar Doktor der Medizin, ebenso wie in Vendeta. Zudem sind sowohl Dr. Hans Mertens (Wilhelm Borchert) als auch Dr. Michael Joyce (James Mason) zwei von Gewissensbissen, von tief verinnerlichten Grundsätzen der Moral und der Redlichkeit zerrissene Rollencharaktere. Indessen wir in John Boormans Neo Noir Point Blank – Keiner darf überleben (USA 1967) noch dem vollends desillusionierten Walker (Lee Marvin) als exemplarischem Rächer in eigener Sache begegnen, erscheint die Figur im Laufe der Jahrzehnte zunehmend gebrochen und komplex. Wie schwierig es ist, einen Rachethriller mit Blick auf den Rächer in seinem Zentrum punktgenau zu inszenieren und nicht in Klischees und 08/15-Action abzudriften, zeigt der missglückte Dead Man Down (USA 2013), demgegenüber Karyn Kusamas Destroyer (USA 2018), darin es eine Frau ist, die nach Rache dürstet, zu den besten der Art gerechnet werden darf. Im tschechischen Neo Noir Vendeta ist Dr. Pochman vom Gewalttod seiner Tochter Hanka sichtbar gezeichnet. Er findet in einer Welt, die ihn zu beschwichtigen und den Mord unter Teenagern möglichst schnell zu den Akten legen möchte, keinerlei Halt. Ondřej Vetchý ist kein schlechter Schauspieler, und er müht sich, den von Seelenqualen gemarterten Vater adäquat zu porträtieren. Im Ganzen aber wirkt all das trotz beizeiten sprunghafter Schnitte zäh und zu sehr einer Tradition des Thrillers im Europa der 70er und 80er Jahre verpflichtet.
Auch in der Tschechischen Republik ist das Autofahren erst ab einem Alter von 18 Jahren erlaubt, und Tomáš hinterm Steuer fällt dem Zuschauer erstmal nicht auf... In der Eröffnungszene gibt Mittäter David (Václav Vostárek) auf die Frage seines Kumpels Honza (Daniel Novák) aber zu verstehen, dass ihm die Polizei nichts werde anhaben können, weil er erst 14 sei. Der Autor und Regisseur Miroslav Ondruš vermittelt seinen Zuschauern in der Folge den Eindruck, alle drei Vergewaltiger und Mörder würden von der Polizei deshalb auf freien Fuß gesetzt, weil sie (unter 15) nicht strafmündig seien. Auch dass die Polizeibeamten Chadima (Igor Chmela) und Novotný (Marek Taclík) die drei Knaben aus Geldgier einkassieren, diese sich ohne Argwohn Handschellen anlegen und schließlich an einem im Wald gelegenen, einsamen Ort noch die Beine mit Duck Tape verschnüren lassen, ist weit hergeholt. Mit blieb zu guter Letzt unklar, was den Autor überhaupt dazu bewog, seine Erzählung auf die Leinwand zu bringen. Will er seine Zuschauer schockieren? Plädiert Vendeta für die die alttestamentarische Blutrache, oder plädiert der Film dagegen? Ist das Werk allgemein ein Ausdruck nihilistischer Weltsicht? Alles möglich, alles nicht zwingend, weshalb mich der Film am Ende etwas ratlos zurückließ. Trotz seiner Härten bleibt Vendeta wenig bemerkenswert.
Eine tschechische DVD (2012) der Bionaut Films und der Edition Film beinhaltet das Werk in sehr guter Bild- und Tonqualität, ungekürzt und im Originalformat inklusive der tschechischen Tonspur mit optional englischen oder tschechischen Untertiteln sowie mit einem kurzen Making Of und dem Kurzfilm Třidilové als Extras.