Wesley Snipes, Ice-T, Allen Payne, Chris Rock, Mario Van Peebles
© Warner Bros.
Die Queensboro Bridge im New York City des Jahres 1986: Der Gangster Duh Duh Duh Man (Bill Nunn) hält einen Mann namens Biff an den Füßen hängend über die Brüstung der Brücke, unter ihnen die Schleppkähne auf dem East River. Im dichten Verkehr hält ein Wagen, und in seinem blauen Anzug, eine schwere Goldkette um den Hals und goldene Ringe an den Fingern, steigt Drogenbaron Nino Brown (Wesley Snipes) aus einem Wagen und gesellt sich zu seiner rechten Hand, dem Duh Duh Duh Man. Der kopfüber Hängende fleht um sein Leben. Doch Brown lässt ihn wissen, dass vor Ort nur die Sprache des Geldes zähle. Das habe er von ihm nicht bekommen habe und so fällt der fein gekleidete Biff schließlich in die Tiefe seinem Ende entgegen… Police Detective Scotty Appleton (Ice-T) ist in einem Undercover-Einsatz unterwegs und versucht von Pookie (Chris Rock) Kokain zu erwerben, 1 Kilogramm, doch muss er ihn erst herunterhandeln. Pookie ziert und windet sich, aber Appleton lässt nicht locker, und schließlich will Pookie das Geld erstmal sehen. Scotty Appleton nimmt seinen Rucksack herunter und öffnet ihn, so dass der Junge einen Blick auf die Bündel der 14.000 US-Dollar werfen kann. In der gleichen Sekunde versetzt Pookie dem Polizisten einen Schlag in die Magengrube, der Rucksack fällt zu Boden, Pookie schnappt ihn sich und rennt. Aber Appleton ist ihm sofort auf den Fersen. Nur mit Mühe erreicht Pookie sein BMX-Rad und muss die Treppen einer Brücke hinabrasen, die genau auf eine Bahnstrecke zuführt…
Scotty: “Why me?” – Stone: “What do you mean, why you, man? You’re from the neighborhood. I can trust you. And I know you give a shit.” Im Anschluss an den Aufstieg der Rap-Kultur durch afroamerikanische Musiker à la Run DMC, LL Cool J und Ice-T während der 80er Jahre und durch erste Erfolge Spike Lees als Autor und Regisseur mit Do The Right Thing (USA 1989) und Mo‘ Better Blues (USA 1990) kam es parallel zur Welle des Neo Noirs in den 90er Jahren zu dem Phänomen, das heute als New Black Cinema bekannt ist. Es wurde nicht allein zur Wiege von Schauspielern wie Samuel L. Jackson, Omar Epps oder Wesley Snipes sondern bot auch afroamerikanischen Autoren und Regisseuren eine Chance, sich im Filmgeschäft zu etablieren. Dem seit den 70er Jahren auch als Schauspieler aktiven Mario Van Peebles kommt dabei eine Sonderrolle zu, ist er doch der Sohn Melvin Van Peebles, der mit seinem Independent-Film Sweet Sweetbacks Badasssss Song (USA 1971) den Grundstein zur Serie der Blaxploitation-Filme der 70er Jahre legte und darin auch dem 14-jährigen Mario eine Rolle gab. In der Nachfolge einiger Episoden von TV-Serien wurde New Jack City nach einem Drehbuch von Thomas Lee Wright und Barry Michael Cooper Mario Van Peebles‘ erste Regiearbeit fürs Kino. Nicht bloß Wesley Snipes und Ice-T als Kontrahenten in Hauptrollen, sondern auch Chris Rock, Bill Nunn und Vanessa Williams entstammen jener Generation junger schwarzer Darsteller, die hier selbstbewusst in ein Jahrzehnt afroamerikanischen Kinos starten. Mit den Gästen Nick Ashford, Keith Sweat und Teddy Riley ist die schwarze Musikkultur auch jenseits von Ice-T vertreten; zudem erinnert der Cameo-Auftritt Thalmus Rasulalas ans Blaxploitation-Kino der 70er Jahre. Davon ist New Jack City ohnehin nicht weit entfernt, denn das Werk ist trotz seiner Bezüge zur Gegenwart der ausgehenden 80er Jahre ein klassischer Gangsterfilm.
“1991 neo-noir gangster flick New Jack City starring Wesley Snipes as drug kingpin Nino Brown (…) follows Brown’s rise as a ruthless kingpin in the midst of New York City’s crack epidemic in the late ’80s”, fasst Sophie Carran für das Webportal Hypebeast prägnant zusammen. In Abel Ferraras King Of New York – König zwischen Tag und Nacht (ITA/USA/UK 1990) hatte Wesley Snipes einen Polizeibeamten gespielt, direkt danach trat er in Spike Lees Mo‘ Better Blues (USA 1990) auf. In New Jack City spielte er als Nino Brown seine erste Hauptrolle, die ihm sogleich den Durchbruch bescherte. Aber so überzeugend Snipes auftritt, tatkräftig unterstützt von Chris Rock, Allen Payne und Vanessa Williams, so sehr lassen Schauspiel und Dialoge der Cops in Gestalt von Ice-T und Judd Nelson zu wünschen übrig. Durch sie wirkt New Jack City in seiner zweiten Hälfte leider zunehmend klischeebefrachtet. Trotz knackigen Schlusspunkts konnten mich die aus einer angestaubten Drehbuchschudlade gefischten good bad cops Scotty Appleton und Nick Peretti (Judd Nelson) nicht für sich gewinnen und zwar nie und nimmer. Ihre übertriebene Coolness und besonders Nelsons gar mit Rührseligkeit vermengte Betroffenheit bezüglich Drogenkriminalität ist eine flache Martin-Scorsese-Blaupause, die ich Nick Peretti in keiner Szene abkaufe. Das ist bedauerlich. Skript und Dramaturgie, aber auch die Dynamik der Erzählung sind trotz der offensichtlichen Zeitbezüge noch heute kurzweilig und relevant. Mit Harlem Action (UK/USA 1991), Juice – City War (USA/UK 1992) und Boiling Point (USA/FRA 1993) setzte der afroamerikanische Neo Noir schon bald weitere Marksteine seiner Geschichte.
Eine deutsche BD (2012) von Warner Home Video beinhaltet den Film ungekürzt im Originalformat mit der original englischen Tonspur (DTS-HD 5.1) sowie den Kinosynchronisationen auf Deutsch, Portugiesisch, Französisch und Spanisch, die in Anbetracht der originären Sprache der afroamerikanischen Community die Filmhandlung nicht adäquat wiedergeben, optional Untertitel auf Französisch, Spanisch und Portugiesisch. Als Exrtras gibt es einen Audiokommentar vom Regisseur und Darsteller Mario Van Peebles, dazu 3 Musikvideos und den US-Kinotrailer. Die deutsche DVD-Ausgabe (1999) beinhaltet zwar keine Extras, dafür aber optional Untertitel auf Deutsch, Englisch, Spanisch, Französisch, Italienisch, Türkisch, Niederländisch, Dänisch, Finnisch, Schwedisch, Norwegisch, Portugiesisch, Hebräisch, Polnisch, Griechisch, Tschechisch, Ungarisch, Isländisch und Kroatisch, die bei der BD unverständlicherweise fast alle weggefallen sind.