Guy Pearce, Marta Dusseldorp, Aaron Pedersen, Roy Billing, Shane Jacobson
Auf der Insel Mindanao, dem zweitgrößten Eiland der Philippinen, geht in einem Fischerdorf der Tag zu Ende und die kleine Fatma (Jonicka Cyleen Movido) sucht sich im Schein der Laternen etwas aus der Garküche aus. Ein Boot setzt in der Dunkelheit über und bewaffnete Männer zerren Kanister herbei, sprenkeln Benzin über die Bambushütten und Stallungen und setzen das Dorf in Brand. Als die Bewohner sie entdecken, eröffnen sie aus ihren Sturmgewehren das Feuer und bringen die Wehrlosen allesamt um. Am nächsten Morgen erreicht Tina Longmore (Brooke Satchwell) den Ort des Geschehens und traut ihren Augen nicht… Im Stadtviertel Fitzroy in Melbourne, Victoria, Australien: Die Journalistin Linda Hillier (Marta Dusseldorp) verlässt die Millionenstadt und tritt eine Stelle in der phillippinischen Metropole Manila an. Sie ist auf der Spur des Terroristen Hadji Adhib (Osamah Sami), der vor Ort seinen Machtbereich ausdehnen will und ursprünglich selbst aus Melbourne stammt. Nur Hilliers Liebhaber, der zynische und ausgebrannte ex-Anwalt und Schuldeneintreiber Jack Irish (Guy Pearce), bleibt zurück. Er macht keinen Hehl daraus, wie sehr ihm Lindas Entscheidung zugunsten ihrer Karriere missfällt, doch am Ende bleibt ihm nichts übrig, als ihrem Taxi nachzuwinken. In der Schreinerei des deutschen Auswanderers Chalie Taub (David Ritchie), darin sich Jack seit Jahr und Tag selbst am Handwerk versucht, gibt ihm der Alte einige Ratschläge zum Umgang mit der Frau, die man liebt, und zum Umgang mit sich selbst…
“You don’t have a career, Jack. You’ve hardly got a life.“ Dies findet sich im ersten Dialog, den die Zuschauer der TV-Serie Jack Irish: Blind Faith geboten kriegt, und es bestimmt alles Folgende auf ebenso brilliante wie mysteriöse Art und Weise. Zwischen 2012 und 2014 gab es drei Verfilmungen der Kriminalromane um den nach dem tragischen Tod seiner Ehefrau gescheiterten Anwalt und Privatdetektiv Jack Irish, der seit 1996 in vier Romanen aus der Feder des australischen Autors Peter Temple ermittelte. Die Fernsehfilme Jack Irish: Bad Debts (AUS 2012), Jack Irish: Black Tide (AUS 2012) und Jack Irish: Dead Point (AUS/GER 2014) entstanden u.a. in Kooperation mit der deutschen ZDF Enterprises GmbH, liefen aber nie im bundesdeutschen Fernsehen und kamen hierzulande nie als BD oder DVD auf den Markt, obgleich die Jack-Irish-Romane zwischen 2007 und 2010 auch in Deutschland in Buchform erschienen waren. Anstatt den vierten Roman Totengedenken (EA 2003, auf Deutsch 2010) zu verfilmen, entschloss sich die Produktionsgesellschaft Easy Tiger Productions jedoch die zentralen Figuren ins Serienformat zu überführen und von Drehbuchautoren, die zuvor Temples Romane adaptiert hatten, eine neue Geschichte verfassen zu lassen. Das erwies sich als eine kluge und richtungsweisende Entscheidung, denn die Rollencharaktere hatten zuvor viel Potential bewiesen, welches aber erst in der Serie voll zum Tragen kommt. Zudem bleiben mit Guy Pearce, Marta Dusseldorp, Shane Jacobson, Aaron Pedersen, Kate Atkinson, Roy Billing, Damien Richardson und anderen (neben den Drehorten) die zentralen Schauspieler der Fernsehfilme auch der Serie erhalten. Einzig der 2012 mit 70 Jahren verstorbene Vadim Glowna wurde als Darsteller des deutschstämmigen Schreiners Charlie Taub durch David Ritchie ersetzt.
“This is a classic noir“, schrieb Sohrab Ahmari für das The Wall Street Journal in seiner Besprechung des ersten Fernsehfilms Jack Irish: Bad Debts (AUS 2012) und der US-amerikanische Filmvertrieb Acorn TV zitiert das auf seinen BD- und DVD-Editionen dieser ersten Staffel der TV-Serie, betitelt Jack Irish: Blind Faith. Ich kann nur von Herzen zustimmen. Im Nu finden sich sowohl Jack Irish als auch Linda Hillier auf den Spuren einer Konspiration, die die lokale Politik und im Verborgenen agierende Wirtschaftsmächte, internationale Terroristen und die Schicksale ihnen nahestehender Menschen einschließt. Wie die Rollencharaktere entwickelt werden und wie die Schauspieler dies umsetzen, ist beizeiten grandios, zumal das Ensemble mit Claudia Karvan, Jacek Koman und Marcus Graham eine erstklassige Erweiterung erfährt. Hochgradig spannend und vielschichtig, so habe ich die 346 Minuten der Season One um den Privatdetektiv Jack Irish erlebt, der wie den Rest seines Lebens auch die Rolle des PI für sich ablehnt. Lediglich die etwas aufgesetzt komischen Szenen im Pub und Irishs Beziehung zu seinen Freunden und Brötchengebern im Wettgeschäft auf der Pferderennbahn wollen sich in den Fall nicht so recht einfügen und wirken neben einigen Koinzidenzen forciert. Wer sich mit den drei Fernsehfilmen anfreunden konnte, wird bei der ersten Staffel der TV-Serie um Jack Irish trotzdem Suchtpotential feststellen, denn zu guter Letzt nehmen Autoren und Regisseure das mit dem “classic noir“ bitterernst.
Es gibt eine erstklassige englische 2-DVD (2016) der Dazzler Media Limited als Jack Irish – Season One und zwar ungekürzt im Originalformat und mit englischen Untertiteln, die in Anbetracht des australischen Englischs enpfehlenswert sind, das Ganze ohne Extras. Als 1-BD- und als 2-DVD-Ausgaben (2016) gibt es die Serie zudem via Acorn TV (USA, RC 1), technisch der UK-Ausgabe ebenbürtig, doch mit einem Behind-the-Scenes Featurette und einer Fotogallerie als Exrtras, zudem gibt es jeweils eine 2-BD und eine 2-DVD (2016, RC 4)) via Roadshow Entertainment und der Australian Broadcasting Corporation (ABC). Unter dem Titel The Collection erschien 2018 eine 7-DVD-Box, welche die drei Fernsehfilme sowie die erste und zweite Staffel (2018) der TV-Serie um den Privatdetektiv und Antihelden Jack Irish in einer Gesamtedition vereint.