Adrien Brody, Yvonne Strahovski, Campbell Scott, Jennifer Beals, Steven Berkoff
New York: Der Zeitungsjournalist Porter Wren (Adrien Brody) gehört nach seiner eigenen Einschätzung einer aussterbenden Spezies an. Seine Kolumne richtet sich an Leser, die stets das Papier einer Tageszeitung in Händen halten wollen, und mit den digitalen Medien steht Wren eher auf Kriegsfuß, was seine Ehefrau Lisa (Jennifer Beals), eine erfolgreiche Chirurgin, mitunter amüsiert. Heute fährt Porter im strömenden Regen zu einer Mietskaserne, wo ein Wohnungsbrand eine Tragödie verursachte - zugleich des Kolumnisten tägliches Brot, die Suche nach jenen Nachrichten, die berühren und schockieren. Eine haitianische Frau (Chinasa Ogbuaga) mit ihrem kleinen Sohn namens Vernon (Jahni Brown) auf dem Arm berichtet Porter Wren, wie ihr Mann aus dem Fenster der brennenden Wohnung sprang. Im Letzten Moment drehte er sich in der Luft, rettete ihr Kind und starb selbst an seinen Verletzungen… Porter Wren wollte nicht hingehen, doch seine Frau Lisa erinnert ihn am Telefon, dass man womöglich seine Kolumne streichen werde. Also besucht Wren schließlich in seinem Smoking den Empfang des Multimiilionärs Sebastian Hobbs (Steven Berkoff), der seinem Imperium just Wrens Arbeitgeber, die Tageszeitung einverleibte. Indessen er an der Bar an einem Gin Rickey nippt, fällt sein Blick auf Caroline Crowley (Yvonne Strahovski), die mit ihrem Freund Charlie (Theo Weckesser), einem von Hobbs‘ Angestellten, vor Ort ist. Als sie seinen Blick bemerkt, gesellt sie sich zu ihm und spricht ihn an…
Der in New York lebende Verlagslektor und Schriftsteller Colin Harrison veröffentlichte Mitte der 90er den Kriminalroman Manhattan, nachts (EA 1996, auf Deutsch 1997), der 20 Jahre später vom Fernsehregisseur Brian DeCubellis fürs Kino verfilmt wurde. Solche Einleitung mag schon eine gewisse Tendenz aufzeigen und so ist sie gemeint. Nun kenne ich das Buch zwar nicht, der Film jedoch erweist sich in der Entwicklung seiner Handlung als abstrus und spätestens in der zweiten Hälfte als vollends unglaubwürdig. Die Charaktere sind schon eingangs mit Klischees behaftet, später werden ihre Motive, Interessen und Handlungsweisen schier lächerlich. DeCubellis‘ Versuch, den vermeintlich brillanten Filmregisseur Simon Crowley (Campbell Scott) als Freak in Szene zu setzen, missrät zur Farce. Die vermeintlich von Lebensweisheit gezeichneten Geständnisse des Ehemanns und Vaters Porter Wren an seine Geliebte Caroline Crowley sind in der Weise, wie sie platziert und vorgetragen werden, unfassbar flach. Die ex-Studentin Caroline wiederum ist Simon Crowleys Witwe und Porter Wrens Femme fatale, ansonsten fehlt ihr jegliche Kontur. Zudem ergibt sowohl ihre detektivische Hatz nach einer Filmsequenz auf einer Speicherkarte als auch ihre Affäre mit dem Zeitungskolumnisten wenig Sinn. Am schlimmsten ist die von Steven Berkoffs Over-Acting ins Grotstke verzerrte Darstellung des exzentrischen Multimillionärs Sebastian Hobbs. Berkoffs amoralischer Wirtschatsmächtigen erinnert an drittklassiges Fernsehen, letzteres die Heimat des Produzenten und Regisseurs Brian DeCubellis, der hier nicht nur wenig Erfahrung sondern auch wenig Gespür fürs Kino zeigt.
“Even less effective, but ultimately probably more annoying, is the depiction of Porter's supposedly happy and healthy home life“, schreibt Jeffrey Kauffman in seiner Rezension des Films für Blu-ray.com und bringt damit einen zentralen Punkt zur Sprache, warum ich dem Film trotz eines gewissen Unterhaltungswert keinesfalls mehr als 2 Sterne zusprechen kann. Brodys Darstellung Porter Wrens als Vatrer von drei Kindern und dessen Reaktion und Verhalten in Anbetracht einer realen Bedrohung, der seine Kinder nur mit Not und zudem verletzt entrinnen können, ist einfach läppisch und jenseits von Gut und Böse. Ein Zuschauer versteht sofort: Dieser Mann tut nur so, als sei er Vater jener drei Kinder, zu denen er in Momenten höchster Not keine glaubwürdig empathische Bindung zu mimen imstande ist. Anders ausgedrückt: das ist schlecht inszeniert und zudem schlecht gespielt. Kein liebender Vater handelte in solcher Situaion nur annähernd so. Auch sonst scheint Adrien Brody, ein von mir geschätzter Darsteller, nicht ernsthaft engagiert und bei der Sache gewesen zu sein. So bleibt der Neo Noir Manhattan Night trotz des Erzählers aus dem Off und des eifrigen Detektivs am Ende nur ein zweitklassiger Fernsehfilm im Kinoformat, der mich erneut bedauern lässt, dass Jennifer Beals (fast 10 Jahre älter als Adrien Brody) in den letzten 4 Jahrzehnten kaum gute Rollen zugestanden wurden. Verdient hätte sie es allemal.
In Deutschland lief der Film nie im Kino und erschien unterm Titel Manhattan Nocturne – Tödliches Spiel via Concorde Home Entertainment GmbH als bild und tontechnisch sehr gute BD- und DVD-Editionen (2016), auch ungekürzt im Originalformat. Dazu gibt es die original englische Tonspur nebst optional deutschen Untertiteln und auch eine deutsche Synchronisation, den US-Kinotrailer als Extra.