Fred Williamson, Gloria Hendry, Art Lund, D’Urville Martin, Julius Harris
New York im September 1953: Der afro-amerikanische Teenager Tommy Gibbs (Omer Jeffrey) putzt auf offener Straße Schuhe und überzeugt einen Weißen mittleren Alters (Andrew Duggan) sich auch die seinen blank wienern zu lassen. Der Mann blickt sich nervös um, zündet sich eine Zigarette an und verlangt, dass Tommy sich beeile. Auch Tommy behält die Straße im Blick, so als erwarte er jemanden, und als schließlich aus dem Eingang des Howell Hotels ein Mann heraustritt, ist der Kunde starr vor Schreck. Tommy aber hält ihn am Bein fest, so dass er nicht entwischen kann, indessen der Andere auf offener Straße seine Waffe zückt und den Fremden mit seinen geputzten Schuhen kaltblütig erschießt. Tommy greift sich seine Utensilien und rennt, so schnell er nur kann, die Straße hinab, bis er in eine schmale Gasse zwischen Mietskasernen entwischt… Hier trifft er erneut auf den Killer, der ihn bezahlt und ihm einen Briefumschlag übergibt, den er als Kurier jemandem überbringen soll. Tommy sucht sich seinen Weg durch schmale Gassen und Hinterhöfe, bis er in einem heruntergekommenen Hinterhaus das richtige Apartment gefunden hat. Hier öffnet ihm der Polizeibeamte Jack McKinney (Art Lund) und fragt ihn feindselig, warum ihm ein “Nigger“ das Geld bringe und nicht der übliche Kurier. Als er feststellt, dass in dem Umschlag 50,- US-Dollar fehlen, schleift er den Jungen ins Erdgeschoss und prügelt solange auf den Wehrlosen ein, bis er ihm mit seinem Schlagstock schließlich das Bein gebrochen hat…
Vom Gangsterfilm Der kleine Cäsar (USA 1931) – im Original Little Caesar – nach dem gleichnamigen Debüt-Roman (EA 1929) aus der Feder von W.R. Burnett führt der Weg direkt zu Larry Cohens Black Caesar, der in Deutschland mit dem Doppeltitel Godfather of Harlem (Der Pate von Harlem) ins Kino kam, nachdem Francis Ford Coppolas Mafia-Epos Der Pate (USA 1972) – im Original The Godfather – ein Jahr zuvor zu einem Welterfolg geworden war. Doch ein Hinweis auf W.R. Burnetts Roman taucht im Vorspann nicht auf, und obgleich die Geschichte abgewandelt und etwa von Chicago nach Harlem in New York verlegt wurde, hatte ich stark das Gefühl, der Autor und Regisseur Larry Cohen schmücke sich allzu selbstverständlich mit fremden Federn. Beeindruckend finster ist Godfather Of Harlem (Der Paten von Harlem) als ein Statement über den alltäglichen Rassismus und die Aussaat des Hasses, die nichts anderes als wiederum Hass hervorbringt. Doch im Vergleich mit Barry Shears Straße zum Jenseits (USA 1972), der ebenso den Kampf der Afro-Amerikaner wider die mächtige und brutale italienische Mafia im Stadtbezirk Harlem thematisiert, ist Larry Cohens auf der Welle der Blaxploitation-Filme angesiedelter Streifen nur mittelmäßig. Weder hat ein Fred Williamson die Klasse eines Edward G. Robinsons, noch schafft es Cohens Skript die Geschichte des Aufstiegs von Tommy Gibbs in einer Art zu erzählen und zu bebildern, die solchem Werdegang sowohl Glaubwürdigkeit als auch Atmosphäre angedeihen ließe. Erst der Fall Tommy Gibbs‘ gelingt dem Regisseur, insofern er einige lose Handlungsfäden zusammenführt und sich im Gegensatz zum hastigen Aufstieg die Zeit nimmt, die für alle Beteiligten zähe und qualvolle Prozedur adäquat auszukosten.
Bevor er für die Handlung einen Zeitraum von 1965 bis 1972 benennt, beginnt der Film mit einer Episode aus Tommy Gibbs‘ Jugend im Jahr 1953. Die Kleidung der Leute auf dem Boulevard und die Fahrzeuge, die sich in Schaufenstern von Ladenlokalen spiegeln, gehören aber eindeutig ins Jahr 1972. Der berühmte Soundtrack von James Brown kann nach meinem Dafürhalten mit denen von Marvin Gaye, Curtis Mayfield und Quincy Jones zu vorherigen Werken des Blaxploitation-Kinos nicht ganz mithalten. Und Tommy Gibbs ist kein Rollencharakter, an dem ein Publikum wirklich Anteil nehmen kann. Er ist von Anbeginn ein Mörder und wird später zu einem Vergewaltiger – ein durch und durch kaltblütiger, amoralischer Mann, der unterm Vorwand, das Leben für seine “brothers and sisters“ zu einem bessren werden zu lassen, einem luxuriösen Lebensstil frönt und seine Kicks vor allem aus der Demütigung anderer zieht. Auf den heute via BD und DVD erhältlichen Fasungen stirbt Tommy Gibbs durch eine Jugend-Gang inmitten der Ruinen verlassener und halb verfallener Gebäude in Harlem, was folgerichtig und konsequent anmutet. In der US-Kinofassung von 1973 sah man Gibbs zuletzt verwundet durch die Straßen taumeln, sein Tod wurde ausgespart. Ende des gleichen Jahres tauchte er deshalb in Larry Cohens Sequel Heiße Hölle Harlem (USA 1973) wieder auf, ebenso wie zahlreiche andere Akteure des ersten Teils, doch ist diese Fortsetzung letzten Endes nur lächerlich.
Nur in den USA gibt es eine bild- und tontechnisch erstklassig restaurierte BD (2015, RC 1) via Olive Films, die den Film ungekürzt im Originalformat mit der englischen Tonspur ohne jegliche Untertitel und ohne Extras präsentiert. Zuvor gab es unter dem bemerkenswert sinnlosen Titel Black Max via Twentieth Century Fox eine deutsche DVD (2003 und 2007), die den Film in der gleichen Fassung beinhaltet, allerdings bildtechnisch weniger brillant und in der Erstauflage von 2003 im falschen Bildformat, nämlich Vollbild 4:3. Dafür gibt es neben dem englischen Ton Synchonisationen auf Deutsch und Französisch, sowie auch Untetritel auf Englisch, Deutsch, Französisch und Niederländisch sowie den Kinotrailer als Extra.