Stephen Murray, Patricia Plunkett, Rosalyn Boulter, Michael Laurence, Richard Todd
London: Christopher Drew (Stephen Murray) liest vor einem Zeitungskiosk im Sonnenschein sein erstes Gedicht in der Morning Post und sprintet durch die Gassen Sarrem Hills nach Hause, um seiner Mutter (Mary Merrall) von dem Erfolg zu berrichten. Sie sitzt mit dem Vikar (Frederick Leister) im Garten und trinkt Tee, indessen Christy eingesteht, dass sein Theaterstück abgelehnt wurde. Zu wenig vom Leben berührt und daher ohne Herz, weil nämlich sein Autor zu unerfahren, gibt Chisty den Kritiker wieder. Mit seinem Freund Robert berät sich der junge Dramatiker über die Nowendigkeit, das Leben der Gossen und Hinterhöfe kennen zu lernen, um dadurch Erfahrungen zu sammeln, und so kommt Christopher Drew eines Nachts mit dem Bus nach Lenten Town. In einem Pub stehen Frankie Ketchen (Rosalyn Boulter) und ihre Freunde Herb Logan (Richard Todd) und Len (Michael Medwin) am Tresen und reißen Witze. Herb saß einige Monate im Gefängnis und plant doch, sich heute mit John Craigie Glenn alias “Jocko“ (James Hayter) zu treffen, der eine todsichere Sache vorhabe, die auch Herb einiges einbrächte. Doch Frankie, die mit Herb mehr oder minder liiert war, will davon nichts wissen, zumal inzwischen Jim Heal (Michael Laurence) sie heiraten wolle. Herb ist eifersüchtig, aber Frankie lässt sich nicht dreinreden, obgleich sie sich vor dem brutalen Jim fürchtet. Herb Logan zieht mit “Jocko“ von dannen, indessen der ungeschickte Christopher versehentlich Frankie anrempelt und sein Bier über ihren Rock spritzt…
“Ask no questions, Dave, and you’ll hear no lies.“ Mit jenem deutschen Verleihtitel der Verfilmung des Romans For Them That Tresspass (EA 1947) aus der Feder von Ernest Raymond tritt im Grunde das Generalthema des britischen Film Noirs jener Nachkriegsjahre zutage. Von der Justiz oder auch von der Gesellschaft verurteilt und somit ausgestoßen und verdammt zu sein, erscheint als ein zutiefst paranoider Wesenskern in jenem dunkel fatalistischen Kanon des Film Noirs im England der Nachkriegsjahre, wobei die Frage der Schuld oder Unschuld allerlei Schattierungen aufweist. Von Alberto Cavalcantis eigenem Sträfling 3312 (UK 1947) über Roy Ward Bakers Jim Ackland unter Mordverdacht / Zwielicht (UK 1947) und Lawrence Huntingtons Mann im Netz (UK 1949) bis zu Ralph Thomas‘ Auf falscher Spur (UK 1950) ist der britische Film voller Gejagter, die sich hinter falschen Namen und in nächtlichen Gassen vor dem Zugriff des Gesetzes verstecken müssen. Die meisten der Protagonisten sind eindeutig unschuldig und haben die ihnen zur Last gelegten Taten nicht begangen. Andere sind eines Vergehens schuldig, das in den Augen der Zuschauer womöglich verständlich und in seiner Schwere daher die in Aussicht stehende Strafe als viel zu brutal und endgültig erscheinen lässt. Genau das ist, was im britischen Nachkriegskino die althergebrachten Konventioinen von Gut vs. Böse zersetzt und den bis dato erfolgreichen Gangster- und Kriminalfilm nach 1945 in den Film Noir überführt. Unschuldig verurteilt ist ein Paradebeispiel der Tradition und zugleich ein heute völlig in Vergessenheit geratenes Werk, obgleich es das Debüt des späteren Filmstars Richard Todd in einer tragenden Rolle beinhaltet. Das Drehbuch verfasste J. Lee Thompson, der ein Jahr später mit Murder Without Crime (UK 1950) seinen ersten Film als Regisseur drehte und so den Grundstein für eine 40jährige Karriere legte.
“A well-acted enjoyable noir that sorely needs a restoration“, schlussfolgert Cigar Joe Ottulich in seinem Blog Noirsville – the film noir und liegt richtig damit. Obwohl in den letzten 15 Jahren viele internationale Cineasten in Archiven kramen und vergessene Filmwerke aus aller Welt in Erinnerung rufen, gibt es immer noch viele, die nicht in bild- und tontechnisch adäquat restaurierten Fassungen vorliegen. Unschuldig verurteilt war kein Erfolg, bekam von dem sonst sensiblen und klugen US-Journalisten Bosley Crowther in der New York Times sogar eine miserable Kritik, und flugs ging die Zeit darüber hinweg. Auch Richard Todds zweiter Auftritt in einem Film Noir, in Daniel Birts Das Ende einer Reise (UK 1949) mit Valerie Hobson in der weiblichen Hauptrolle, ist trotz einer mittelprächtigen DVD-Veröffentlichung heute kaum ein Begriff. Im Anschluss an Unschuldig verurteilt verließ Regisseur Alberto Cavalcanti England und kehrte in seine Heimat Brasilien zurück, wo er als Regisseur von Spielfilmen und Dokumentation weiterhin erfolgreich blieb. Patricia Plunkett, Stephen Murray und Michael Laurence waren jeweils keine andauernden Filmkarrieren vorbehalten. Lediglich Murray trat nach Ende der 50er Jahre noch als Schauspieler fürs Fernsehen in Erscheinung. Für den Freund des Film Noirs ist Cavalcantis nach Sträfling 3312 (UK 1947) zweiter Beitrag zum Filmstil jedoch eine Entdeckung, die umso eindrücklicher ausfiele, wenn man sie eines Tages in einer hochwertigen Edition oder gar auf großer Leinwand genießen könnte.
Bis dato gibt es von Unschuldig verurteilt weltweit keine Edition als BD oder als DVD. In den einschlägigen Online-Portalen kursiert der Film ungekürzt und im Originalformat, doch in schlechter Bild- und Tonqualität.