Fred Williamson, Rosemary Forsyth, Teresa Graves, Floy Dean, Richard Ander
© Warner Bros.
Los Angeles, Kalifornien: Marcus Rolo war ein Schauspieler des Stummfilms. In vielen Rollen hatte er einen eigentümlichen Gehstock mit einem silbernen Hundekopf, den er bis ins Alter nutzte. Bei seiner Beerdigung fanden sich seine Witwe (Lilyan McBride), sein Freund Talbot (Cyril Delevanti) und Filmproduzent Max Majors (Bret Morrison) mit Diane Davis (Floy Dean) ein, um der von einem Priester (William O’Connell) geleiteten Zeremonie beizuwohnen. Zuletzt legte die Witwe besagten Gehstock auf den Sarg, der noch nicht in die Erde gelassen war, und die Gruppe begab sich zu ihren Autos. Doch unweit von der Grabstätte wartete bereits die Prostituierte Vera Brownmiller (Nancy Fisher), die hinter einem Grabstein hervorkam und den Gehstock vom Sarg stahl. Zeitgleich hatte Talbot Rolos Witwe verabschiedet und eilte zum Sarg zurück, um dort festzustellen, dass der Stock verschwunden war. Eben sah er noch Vera Brownmiller in ihren roten VW Variant einsteigen und davonfahren… Shep Stone (Fred Williamson) war einst Polizeibeamter, doch nachdem er einen Drogendealer stranguliert hatte, war er vom Dienst suspendiert worden und hatte daraufhin selbst gekündigt. Heute ist er ein Privatdetektiv in Venice und eben mit einem Blumenstrauß in Händen auf dem Weg von einer Bar nach Hause. Es ist spät am Abend und Chess (Frank Ashmore) begibt sich in das Apartmenthaus, wo Vera Brownmiller im oberen Stockwerk ihre Freier empfängt. Doch Chess‘ Absichten sind gänzlich anderer Natur…
Der Privatdetektiv des klassischen Film Noirs der Jahre von 1941 bis 1959, für den Filmstil eine geradezu ideale Projektionsfläche für seine von Romantik und Nihilismus geprägte inhaltliche Ausrichtung, hatte ab Mitte der 60er Jahre auch im Neo Noir wieder eine Schlüsselposition inne. Von Jack Smights Ein Fall für Harper (USA 1966) über Paul Bogarts Der Dritte im Hinterhalt (USA 1969) und Stephen Frears' Auf leisen Sohlen (UK 1971) bis zu Robert Altmans Der Tod kennt keine Wiederkehr (USA 1973) sah sich das Kinopublikum erneut mit dem Zynismus des in kargen Lebensumständen und in Schattenzonen der Großstadt agierenden “Gumshoe“ oder “Private Eye“ konfrontiert. Das Jahr 1974 markierte für die Figur einen Höhepunkt, als in Roman Polanskis fantastischem Retro Noir Chinatown (USA 1974) der im Aufstieg befindliche Jack Nicholson in die Rolle des Privatermittlers J.J. Gittes schlüpfte und Robert Townes Drehbuch dem Stil und den Motiven der Romane Raymond Chandlers und Dashiell Hammetts eine Hommage par excellence darbot. Weit weniger im Blick der internationalen Filmkritik bildete sich in jener “Blaxploitation“ benannten Filmproduktion afro-amerikanischer Autoren, Regisseure und Darsteller, zumeist harte Thriller in urbanen Settings, ebenfalls eine vom Film Noir beeinflusste Strömung heraus. Wenn es Nacht wird in Manhattan (USA 1970), Shaft (USA 1971) und Superfly (USA 1972) zeigten Parallelen zum Neo-Noir-Kino der Marke “New Hollywood“ und waren der weißen Konkurrenz qualitativ ebenbürtig. So verkörperte 1974 der schwarze Filmstar Fred Williamson den Privatdetektiv Shep Stone in dem signifikant Black Eye betitelten Neo Noir des weißen Regisseurs Jack Arnold, der 20 Jahre zuvor durch B-Filme wie Der Schrecken vom Amazonas (USA 1954) und Die unglaubliche Geschichte des Mr. C (USA 1957) Filmhistorie geschrieben hatte. Doch die Chance, eine zuvor weißen Autoren und Darstellern vorbehaltene Figur selbstbewusst und hochwertig neu zu besetzen, wird hier verspielt.
Jack Arnolds Neo Noir Black Eye ist eine Verfilmung des Romans Murder On The Wild Side (EA 1971) von Jeff Jacks. Mit der Figur Shep Stones soll Fred Williamson jedoch einen Privatdetektiv vom Schlag Philip Marlowes nach den Erzählungen und Romanen Raymond Chandlers verkörpern: desillusioniert, schlagfertig, unheilbar romantisch. Williamson aber wirkt eher gelangweilt als sonst etwas. Als quasi ein “Marlowe“ der 70er Jahre, wie ihn Elliot Gould in Der Tod kennt keine Wiederkehr interpretierte, überzeugt er nicht. Seine besten Szenen hat er mit Teresa Graves; auch der Auftakt mit dem brutalen Chess ist solide inszeniert. Shep Stones Ermittlungsarbeit, sein ständiger Erdnusskonsum und seine Weltweisheit lassen ihn jedoch partout nicht zu einer Persönlichkeit heranreifen. Auch andere Darsteller sind auf TV-Niveau angesiedelt; ein Nebenstrang führt in eine christliche Sekte und erweist sich als spannungsarm – besonders im Mittelteil hängt der Film durch. Eine Verfolgungsjagd per Auto soll das Finale dann beschleunigen. Doch die Inszenierung (teils in Zeitlupe) ist fade und selbst der Schlussteil am Strand hält den Zuschauer nicht auf der Stuhlkante. Fazit: Für den Film-Noir-Connaisseur eine obskure Randnotiz der Filmhistorie, die ihr im Titel Black Eye manifestes Potential vollends verschenkt und über weite Strecken bloß langweilt.
Gute DVD-Edition (2011) in der Warner Archive Collection mit dem Film ungekürzt im Originalformat, bild-und tontechnisch nicht brillant, doch allemal solide, dazu den original englischen Ton ohne Untertitel, das Ganze (wie für die Reihe üblich) ohne jegliche Extras.