Miloš Nedbal, Marie Vášová, Jan Prokeš, Irena Kačírková, Bohuš Záhorský
Karel Doležal (Miloš Nedbal) ist leitender Angestellter bei der Versicherungsgesellschaft Verbl. Er und seine Ehefrau Zdena (Marie Vášová) haben zwei Kinder, die dreijährige Tochter Alenka (Michaela Lišková) und den schon zwölfjährigen Jirka (Jan Prokeš). Die Familie führt ein ebenso biederes wie wohlhabendes Leben und zum 40. Geburtstag schenkt die kleine Alenka ihrem Vater eine selbstgesbastelte Puppe, indessen der über ihnen wohnende Polizeibeamte Rudolf Mautner (Bohuš Záhorský) Karel nicht zum ersten Mal einen Kaktus vermacht. Doležal besitzt ein hübsches Cabriolet, an dessen Rückspiegel er Alenkas Puppe befestigt. So fährt er heute seinen Sohn in die Schule. Auf dem Weg nehmen sie noch Jirkas Freund Lojzek (Jindrich Fairaiz) mit und der der junge Doležal gerät über den Wagen und die Fahrkünste des Vaters geradezu ins Schwärmen… Im Büro angekommen, bittet der Direktor (František Šlégr) den von ihm geschätzten Karel Doležal um eine Unterredung. In einer etwas entfernt liegenden Kleinstadt, die ins Ressort des mit Prüfungen der Buchhaltung beauftragten Doležals fällt, ist dem Direktor wiederholt der dortige Filialleiter (Eduard Dubský) aufgefallen. Also bittet er Karel Doležal, noch heute zu einer unangekündigten Prüfung der Bücher vorbeizufahren. Nach kurzem Zögern willigt Doležal ein, doch als er Zuhause seinen Koffer packt, macht ihm Zdena wegen seines nun ruinierten 40. Geburtstags Vorhaltungen. So gibt sie ihm bloß ein Stück ihrer selbstgebackenen Torte mit und Karel fährt von dannen…
“An early work of director Jiří Krejčík in its time had become the target of a sharp critique from communist officials, who did not like (…) this heavy psychological drama about an amoral individual”, erläutert Jana Bébarová im Programmheft des Noir Film Festivals 2017 in Křivoklát, Tschechien, und bringt den in der DDR als Das Gewissen im Kino aufgeführten Film damit wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zurück. Auffällig sind für den Film-Noir-Freund die Parallelen zu dem sieben Jahre später in Spanien von Juan Antonio Bardem mit Lucia Bosé und Alberto Closas in den Hauptrollen gedrehten Der Tod eines Radfahrers (ESP/ITA 1955). In beiden Fällen verursacht der Fahrer bzw. die Fahrerin eines Pkw einen Unfall, bei dem ein Fußgänger bzw. ein Radfahrer lebensgefährlich verletzt wird, und in beiden Fällen ist Fahrerflucht aus Angst vor Entdeckung einer illegitimen Liebesbeziehung der erste Schritt in einen Strudel bald unkontrollierbarer Ereignisse. Auf seiner Dienstreise lässt sich Musterbürger Karel Doležal, ein vorbildlicher Ehemann und regelkonformer Mitarbeiter seiner Versicherung, von der hübschen Sekretärin Vlasta (Irena Kačírková) verführen und verbringt in einem Hotel die Nacht mit ihr. Als er sie am nächsten Morgen an ihren Arbeitsplatz kutschieren will, überfährt er selbstverschuldet einen Schuljungen. Er flieht und verschweigt Zuhause sowohl seine Nacht mit Vlasta als auch den Unfall, indessen ihn das eigene Gewissen unter solcher Last in die Knie zwingt… In der Art, wie die Nebenfiguren mit ihren eigenen Fehltritten und mit ihren Erwartungen und Ansprüchen an Karel Doležal ins Drama verstrickt sind, sei es privat, beruflich oder eben beides, holt Drehbuchautor (und Schauspieler) Vladimír Valenta aus seinem Stoff das maximal Mögliche heraus. Mit seinen Wendungen hält der Film den Zuschauer über die gesamte Laufzeit bei der Stange, sind das Finale und der Schlussteil auch ein wenig brav und vorhersehbar.
In welchem Ausmaß die Verlockungen der Freiheit den im Tunnel seiner Routinen festgefahrenen Ehemann, Familienvater und mittelständischen Arbeitnehmer bedrohen können, hat auch André de Toth in seinem Film Noir Pitfall (USA 1948) vorgeführt. Doch während John Forbes (Dick Powell) von Kräften außerhalb seiner selbst betrogen wird, betrügt Karel Doležal seine Familie und sich selbst aufgrund eigener Schwäche. In der Konfrontation mit einer Situation, die sein Dasein bis in die Grundfesten erschüttert und sein Wertesystem zum Damoklesschwert werden lässt, ist er außerstande, seinen von Anderen eingeforderten Prinzipien selbst gerecht zu werden. Als dies von seinem Sohn Jirka und seiner Frau Zdena sukzessive entdeckt wird, stürzt deren Idol vom Sockel… Besonders in seiner zweiten Hälfte ist Das Gewissen der Dunkelheit seines Stoffs verpflichtet. Die beteiligten Schauspieler und die Crew tun das ihre, damit das zugespitzte Drama den Zuschauer gefangen hält. Neben Otakar Vávras Krakattit (CSK 1948), Václav Krskas Zde jsou lvi (CSK 1958) und Jindrich Poláks Juwelenräuber werden gejagt (CSK 1967) zählt Das Gewissen damit zu den relevanten Wiederentdeckungen einer dem Film Noir nahestehenden Tradition aus Tschechien bzw. der einstigen Tschechoslowakei.
Eine tschechische DVD-Edition (2014) bringt den Film ungekürzt im Originalformat, bild- und tontechnisch allemal gut, doch leider nur mit dem tschechischen Originalton und mit optional tschechischen Untertiteln, dazu ohne Extras.