Blue Collar - Kampf am Fließband

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Eddie Muller


Wenn es Nach wird in Paris


Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
*****
Originaltitel
Blue Collar
Kategorie
Neo Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1978
Darsteller

Richard Pryor, Harvey Keitel, Yaphet Kotto, Ed Begley jr., Harry Bellaver

Regie
Paul Schrader
Farbe
Farbe
Laufzeit
109 min
Bildformat
Widescreen
 

 

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Detroit, Michigan: In einer Automobilfabrik arbeiten die Mechaniker Jerry Bartowski (Harvey Keitel), Smokey James (Yaphet Kotto) und Zeke Brown (Richard Pryor) in der Produktion am Fließband. Zeke und Smokey sind Afromerikaner, Jerry ist Weißer, und alle sind sie eng miteinander befreundet. Doch indessen Zeke und Jerry jeweils verheiratet sind und auch Kinder haben, lebt der ehemals Kriminelle und zweifache ex- Häftling Smokey allein. Während ihrer Schichten müssen sie die Schikanen des unbeliebten Vorarbeiters “Dogshit“ Miller (Borah Silver) über sich ergehen lassen, Er gibt nach Gutdünken Anweisungen, beschimpft alle und jeden und droht ihnen mitunter sogar, wenn ihm irgendetwas nicht passt. Nach Feierabend treffen sich die drei desöfteren in der auf dem Werksgelände befindlichen Little Jo’s Bar. Hier trinken sie Bier und erörtern, was ihnen neben dem Verhalten von “Dogshit“ auch an den Machenschaften der Gewerkschaft nicht gefällt, der sie zwar angehören, von der sie sich aber nicht ansatzweise repräsentiert sehen. Bei einer der vom Betriebsrast Clarence Hill (Lane Smith) in regelmäßigen Abständen einberufenen Versammlungen, beklagt sich Zeke ausgiebig über das an seinem Kleiderspind seit einem halben Jahr defekte Schloss, an dem er sich schon wiederholt den Finger geschnitten habe. Als Hill versucht, zum wiederholten Male das Verteilen von Flugblättern als ehrenamtliche Tätigkeit zum Hauptthema zu erklären, holt Zelke unterm Beifall seiner Kollegen zum Rundumschlag aus…

 

"Credit's the only thing you can get free from the company.” Sogar für die 70er Jahre, als sowohl die Motivation als auch der Freiraum für Sozialkritik in zeitgenössischer Kultur größer als heute war, ist Blue Collar - Kampf am Fließband ein außergewöhnlicher Kinofilm. Denn trotz seiner hervorstechend zeitkritischen Elemente, welche viele Dependenzen und Bedingungen der Arbeitskultur im hochindustrialisierten Zeitalter reflektieren, geht es nochmals um mehr. Die bis ins Kleinste ausgefeilten Portraits der drei zentralen Rollencharaktere, ihre Freundschaft und Loyalität, ihre Egoismen und ihr Verrat, ihre Überzeugungen und Irrtümer, all das kulminiert in einem Drama von hoher Glaubwürdigkeit. Schauplätze und Schauspieler sind durch die Bank perfekt gewählt, wobei ich mit dem Blick auf das zentrale Trio explizit auf Yaphet Kotto (Der einsame Job, USA 1975) hinweise. Indessen der “Comedian“ Richard Pryor und auch Harvey Keitel (Bad Lieutenant, USA 1992) ihre Reputation jeweils über Jahrzehnte aufrecht erhielten, blieb Yaphet Kotto immer ein Mann der zweiten, dritten Reihe. Sein Beitrag zur Stringenz der Filmhandlung und zur Chemie der Fabrikarbeiter in Diensten der Automobilbranche ist jedoch enorm. Als ehemaliger Häftling ohne eine Familie, der für seine Freunde regelmäßig die Drogen und die Huren beschafft, ist sein Smokey von vornherein der dem Film Noir am nächsten stehende Rollencharakter. Genau das macht im letzten Drittel auch sein persönliches Schicksal aus. Smokey James ist der bad good guy schlechthin, von Paul und Leonard Schrader im Drehbuch bewusst so angelegt.

 

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© Koch Media GmbH

Zum Zeitpunkt seiner ersten Regiearbeit, nämlich Blue Collar - Kampf am Fließband, war Paul Schrader bereits seit 4 Jahren auch als Drehbuchautor tätig und hatte sich vor allem mit dem Skript für Martin Scorseses Taxi Driver (USA 1976) einen Ruf erworben. Das Buch für Blue Collar – Kampf am Fließband erarbeitete er in Kooperation mit seinem Bruder Leonard und es zeigt ihn auf der Höhe seiner Inspiration und Schaffenskraft. Dass Schrader den Stoff derart unprätentiös und in keiner Weise “heavy handed“ auf die Leinwand bringt, ist eine erhebliche Leistung. Blue Collar ist kein Film über unschuldige Arbeiter und ein diabolisches Establishment - “Gut“ und “Böse“ verschmelzen iin einem vielseits komplexen Werk mit starkem Neo-Noir-Einschlag. In der Summe seiner Bestandteile generiert Schrader ein zupackendes Drama über Gesellschaftlichkeit als Systemdynamik, die an vielen Orten ihren Tribut fordert und mit der Suche nach der Wahrheit oder der von ihr gepredigten Moral nicht viel am Hut hat. Paul Schrader ließ als Autor und als Regisseur in den zwei folgenden Jahren noch jeweils einen Neo Noir folgen, erst Hardcore – Ein Vater sieht rot (USA 1979) und schließlich Ein Mann für gewisse Stunden (USA 1980). In beiden Werken brauchen seine Protagonisten, wenn sie mit dem Teufel zu Tisch sitzen, einen langen Löffel, der sich wie diejenigen in Blue Collar – Kampf am Fließband beizeiten als zu kurz erweist. Die zuletzt überleben, sind keinesfalls die Gewinner. Paul Schraders Filme sind allesamt Zöglinge “New Hollywoods“. In einer für den US-Film ungewöhnlichen Weise lässt er in seinem Debut jedoch keinen Zweifel daran, wem wir diese Rolle zuschreiben dürfen.

 

Erstklassige DVD-Ausgabe der Koch Media GmbH (2016) mit dem Film ungekürzt im Originalformat, bild- und tontechnisch einwandfrei, die original englische Tonspur und auch eine deutsche Synchronisation (die sprachlich kaum zu empfehlen ist), dazu optional deutsche oder englische Untertitel Untertitel, den Kinotrailer und eine Bildergalerie als Extras. Ein Muss!

 


Neo Noir | 1978 | USA | Paul Schrader | Paul Schrader | Harry Bellaver | Harry Northup | Harvey Keitel | Tracey Walter | Yaphet Kotto

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