Neo Noir
| USA
| 1979
| Jonathan Demme
| Christopher Walken
| Joe Spinell
| John Glover
| Roy Scheider
| Sam Levene
Bewertung
***
Originaltitel
Last Embrace
Kategorie
Neo Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1979
Darsteller
Roy Scheider, Janet Margolin, John Glover, Sam Levene, Charles Napier
Regie
Jonathan Demme
Farbe
Farbe
Laufzeit
98 min
Bildformat
Widescreen
© United Artists Corporation
In einer mexikanischen Cantina nahe El Paso sitzen Harry Hannan (Roy Scheider), Undercover-Agent fürs FBI, und seine Ehefrau Dorothy (Sandy McLeod) nachts auf einem Terrassenplatz und lauschen zum Kaffee dem Violinspieler. Plötzlich erscheinen drei Männer (Bert Santos, Joe Spinell, Jim McBride) auf der Treppe und erblicken das Paar. Sofort zücken Sie ihre Pistolen und beginnen zu schießen. Hannan schleudert Dorothy unter den Tisch und er selbst geht mit einem Satz hinter einem Brunnen in Deckung. Von dort erwidert er das Feuer, die Angreifer ziehen sich zurück, aber Dorothy ist tödlich verwundet und stirbt am Tatort in Harrys Armen… Monate später wird Harry Hannan von Dr. Coopersmith (Jacqueline Brookes) aus der psychiatrischen Klinik entlassen, darin er sich zur Behandlung aufhielt. Harry leidet noch unter dem Trauma, das der gewaltsame Tod seiner Frau bei ihm hinterließ. Mit dem Zug möchte er zurück nach New York, aber auf dem Bahnsteig wird er bei Einfahrt der Lok in Richtung der Gleise geschubst. Mit geübtem Griff packt er sich den Angreifer (Mandy Patinkin) und presst ihn gegen die Wand. Die übrigen Pendler sind entsetzt über Hannans Verhalten und bezeugen, dass niemand ihn angerempelt habe. In New York geht Hannan in die Parfümerie eines Kaufhauses und lässt sich von seiner Verbindungsfrau Adrian (Marcia Rodd) den Lippenstift Sunset Rose geben. In einer Telefonzelle sucht er nach einer verborgenen Nachricht, doch der darin enthaltene Zettel ist unbeschriftet…
So mancher Kritiker damals und heute erwähnt die Leistung des Komponisten Miklós Rózsa (Ministerium der Angst, USA 1944), der für Jonathan Demmes fünften Spielfilm die Musik schrieb, die im Kontrast zu den Bilderwelten der ausgehenden Siebziger nach dem Film Noir der Vierziger klingt. Wie Brian de Palmas Schwarzer Engel (USA 1976) bewegt sich auch Demmes Tödliche Umarmung im Fahrwasser Alfred Hitchcocks, der den Anschluss ans goldene Zeitalter Hollywoods keinesfalls zufällig sucht. Seine Verfilmung des Romans The 13th Man (EA 1977) aus der Feder Murray Teigh Blooms ist eine Hommage an den Großmeister des Thrillers, der zur Zeit der Premiere von Tödliche Umarmung zwar nicht mehr aktiv war, aber stets unter den Lebenden weilte. Es gibt eindeutige Referenzen an Hitchcocks Der unsichtbare Dritte (USA 1959) und an Vertigo - Aus dem Reich der Toten (USA 1959) mit deren Protagonisten auf der Suche nach den Ursachen einer für (fast) alle außer sie selbst unsichtbaren Bedrohung. Ist Harry Hannan paranoid? Wie John “Scottie“ Ferguson in Vertigo - Aus dem Reich der Toten leidet er an einem Trauma, das ein Vertrauen in seine Urteilskraft vor allem in der ersten Hälfte des Films erschüttert. Hinter den Fassaden des Alltags lauert etwas Unheimliches, aber der ehemalige Geheimdienstler hat keinen Zugriff darauf. Leider gelingt es auch Drehbuchautor David Shaber und Regisseur Jonathan Demme nicht, sich diesen Zugriff zu sichern.
Allzu schnell wird die eingangs mit allerlei falschen Fährten gespickte Erzählung vorhersehbar, in ihrer Logik fragwürdig und zuletzt sogar banal.
Die Darsteller sind durchweg bemerkenswert, mit dem stets zuverlässigen Roy Scheider in einer weiteren Rolle, die den Film eher als sein Drehbuch auszeichnet. Aber während Veteran Sam Levene (Rächer der Unterwelt / Die Killer, USA 1946) dessen Sam Urdell mit Leben füllen kann, bleiben die Figuren von Christopher Walken und John Glover eher bedeutungslos und blass. Auch die Kamera von Tak Fujimoto (Miami Blues, USA 1990) spürt dem Gestus der Klassiker Hitchcocks nach, ohne dass die Dramaturgie die teils wunderbar inszenierten, einzelnen Sequenzen zu einem triftigen Ganzen zu verbinden vermag. Das in seinem Schlussteil exzellent umgesetzte Finale erinnert zugleich an Henry Hathaways Niagara (USA 1953), der sich für seinen in Farbe gedrehten Film Noir auch die spektakulären Wasserfälle aussuchte und darin ebenfalls - wie in Tödliche Umarmung an früherer Stelle - ein Glockenturm eine Rolle spielt. Tödliche Umarmung ist ein solider Thriller mit eindeutigen Referenzen ans klassische Film-Noir-Kino, - falsche Identitäten, belastete Vergangenheit, Femme fatale, abgründige Geheimnisse - bleibt aus heutiger Sicht jedoch eine Kuriosität, die zu sehen auch für Cineasten keinesfalls zwingend ist. Jonathan Demme war zu Beginn der 90er Jahre erfolgreich, als seine Filme Das Schweigen der Lämmer (USA 1991) und Philadelphia (USA 1993) sich als Blockbuster erwiesen.
Gute BD- und DVD-Editionen (2015) der OFDb Filmworks als Lizenz der Twentieth Century Fox Home Entertainment Llc. mit dem Film bildtechnisch topp im Originalformat und ungekürzt, wahlweise die deutsche oder die englische Tonspur, optional deutsche Untertitel, den Kinotrailer als Extra.