Der ehemalige Ganove Link Jones (Gary Cooper), seit langem ein ehrbarer und verheirateter Bürger seiner Gemeinde Good Hope, reitet nach Crosscut, Texas. Aus dem Longhorn Palace, dem örtlichen Saloon, kommt soeben die Sängerin Billie Ellis (Julie London), die ihr Engagement dort aufgegeben hat. Link Jones bringt sein Pferd in einen Stall, zieht sich um und begibt sich zum Bahnhof. Von hier will er mit der Eisenbahn weiter nach Fort Worth, wo er mit den Ersparnissen seiner Mitbürger hofft, für die örtliche Schule eine Lehrkraft anheuern zu können. Auch Billie Ellis wartet schon auf dem Bahnsteig auf den Zug. Beim Einsteigen wird Jones von Sam Beasley (Arthur O’Connell) angesprochen, und der Marshall des Ortes (Frank Ferguson) hegt den Verdacht, Link Jones bereits begegnet zu sein, doch Link gibt ihm auf Nachfrage einen falschen Namen an. Der Marshall fragt ihn nach einem Mann namens Dock Tobin (Lee J.Cobb), doch Jones antwortet, nie von ihm gehört zu haben. Kaum hat sich der Zug in Bewegung gesetzt, sucht Beasley erneut die Gesellschaft von Jones und fragt den wortkargen Mann ausgiebig nach den Gründen für dessen Reise. Link Jones erwähnt, dass die Gemeinde Good Hope das Geld für den Lehrer bereits gesammelt habe. Weder er noch Beasley bemerken, dass sie von einem Kerl namens Alcutt (Jack Williams) belauscht werden. Am nächsten Morgen legt der Zug einen Halt ein, um Holz für die Lok zu laden, und die männlichen Passagiere werden vom Schaffner (Guy Wilkerson) zur Mithilfe aufgefordert. Nur Alcutt gibt vor noch zu schlafen, denn er hat an diesem Ort eigene Pläne…
“A dark and violent tale, it is the culmination of Mann’s noirish take on the Old West”, schreibt Jake Hinkson in seinem Artikel
A Darkness On The Plains: 8 Classic Western Noir Films für
criminalelement.com. Und:
„Man of the West completes director Anthony Mann's merging of the west with the moral murkiness and psychological anxiety of film noir”, heißt es bei
92Ytribeca.org. Tatsächlich dürfte es schwerfallen, im Genre des Western in jenen 50ern noch einen derart harten, freudlosen und desillusionierten Film zu finden. Als Ausnahme kann
Tag der Gesetzlosen (USA 1959) gelten und es gibt Hinweise, dass Anthony Manns letzter großer Western Noir auf André de Toth nicht ohne Einfluss blieb. Wie für die Fünfziger nahte für den Film Noir 1958 das Ende und solches galt für den klassischen Western auch. Nach
Der Mann aus dem Westen – ein Titel, der den Pioniergeist und die historische Auffassung in den Western John Fords und Howard Hawks’ geradezu verhöhnt – konnte nurmehr der Italo-Western dem Genre noch Leben einhauchen: Anarchie, Sozialdarwinismus, Opern des Irrsinns. In
Der Mann aus dem Westen ist Gary Cooper als Link Jones sechs Jahre nach seinem artverwandten Auftritt in Fred Zinnemanns
12 Uhr mittags (USA 1952) die Ikone "vollendeter" Einsamkeit. Cooper wirkt wie aus Stein gemeißelt - ein Mann, der an einem Ort
Good Hope sich grotesk deplatziert ausnehmen muss, denn der Verlust aller Hoffnung und kein Stäubchen von Illusion sprechen beredt aus jeder seiner Bewegungen. Als Link Jones porträtiert er den Film-Noir-Protagonisten, der aus dem Off eines vermeintlichen Happy Ends mit der Bürde seiner Vergangenheit in die farbige Welt des Widescreen-Kinos zurückkehrt, darin merkwürdigerweise Dunkelheit und stets die gleichen Perspektiven vorherrschen. Und die Schatten seines Gestern holen ihn ein…
“Lassoo's a ghost town, and that's what you are, Dock!” Als sie einander hatten, waren sie ein Herz und eine Seele, der ungute “Onkel“ Dock Tobin (Lee J.Cobb) und sein Stiefsohn Link Jones. Ohne einander sind sie Gespenster ihrer Vergangenheit - Asche der Eine, die Flamme des Wahnsinns der Andere. So ist dieser Satz von Jones einer, der sie beide betrifft. Und längst hat sich nun, nahe dem Ende des Films, der Verzicht auf jedwede Illusion, was des Menschen Wollen und des Menschen Tun betrifft, für Link Jones erneut bewahrheitet. Jean-Luc Godard kürte
Der Mann aus dem Westen zu seinem Lieblingsfilm des Jahres 1958. Julie London erachtete ihn als Höhepunkt ihrer eigenen Karriere als Schauspielerin und der englische Filmkritiker Derek Malcolm hält ihn für den besten Western Anthony Manns, der das Genre durch seine Arbeiten mit James Stewart in den Fünfzigern deutlich mitprägte. Neben Cooper geben Lee J. Cobb, Jack Lord und Royal Dano eine bemerkenswerte Riege skrupelloser Schurken, wie sie in einer nächsten Dekade u.a. die Filmwelten Don Siegels und Sam Peckinpahs bevölkerten. Zur Zeit seiner Entstehung ignoriert, zeugt
Der Mann aus dem Westen neben Orson Welles’
Im Zeichen des Bösen (USA 1958) und Robert Wise’s
Wenig Chancen für morgen (USA 1959) von einem Paradigmenwechsel im Hollywoodkino, der sich jedoch erst in den Sechzigern langsam durchzusetzen vermochte.
Exzellente BD und DVD (2011) der Koch Media GmbH, die den Film ungekürzt und im Orignalformat mit der englischen und deutschen Tonspur und optional deutschen Untertiteln beinhaltet. Unbedingt sehenswert!
Die denkwürdigsten Schurkenriege in Wildwestfilmen Anthony Manns findet sich meiner Einschätzung nach in 'Winchester '73 (USA 1950) - das Trio Stephen McNally, John McIntire und Dan Duryea.
Bemerkenswerte Bösewichter verkörpern auch Robert Ryan in 'The Naked Spur'(USA 1953 und Arthur Kennedy in 'Bend of the River'(USA 1952). Arthur Kennedy bleibt in der illustren Auswahl auf immer mein Lieblings-Bad-Guy, weil seine Figur vielschichtiger und komplexer angelegt ist als alle anderen Schurken Manns. Während die Outlaws in 'Naked Spur', 'Winchester '73' und 'Man of the West' berechenbar bleiben, permament außerhalb des Gesetzes stehen und keinerlei Läuterung erkennen lassen, schwankt Arthur Kennedy in 'Bend of the River' mehrmals zwischen Gut und Böse. Immerhin rettet er James Stewart dreimal aus prekärer Lage und entscheidet sich erst am Ende gegen den Kompagnon...