Neo Noir
| USA
| 2000
| James Gray
| Domenick Lombardozzi
| James Caan
| Joaquin Phoenix
| John Tormey
| Mark Wahlberg
| Tony Musante
| Victor Argo
| Victor Arnold
| Charlize Theron
| Faye Dunaway
Bewertung
****
Originaltitel
The Yards
Kategorie
Neo Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
2000
Darsteller
Mark Wahlberg, Joaquin Phoenix, Charlize Theron, James Caan, Faye Dunaway
Regie
James Gray
Farbe
Farbe
Laufzeit
115 min
Bildformat
Widescreen
New York: Nach 16 Monaten in Haft wird Leo Handler (Mark Wahlberg) aus dem Gefängnis entlassen und fährt mit der U-Bahn nach Hause zu seiner Mutter Val (Ellen Burstyn). In deren Wohnung erwartet ihn die gesamte, verzweigte Familie mit einer Überraschungsparty, zudem auch sein Bewährungshelfer (Joseph Ragno), der ihm für sein Leben in Freiheit als erstes einige Regeln aufzählt und einige Fragen stellt. Dann trifft Leo auch Willie Gutierrez (Joaquin Phoenix), der mit Leos Kusine Erica Soltz (Charlize Theron) verlobt ist und in der Firma ihres millionenschweren Stiefvaters Frank Olchin (James Caan) arbeitet. Nach dem Tod ihres leiblichen Vaters hat Ericas Mutter Kitty (Faye Dunaway) erneut geheiratet und unterstützt nun zugleich ihre herzkranke Schwester Val, die mit dem Schicksal ihres einzigen Sohnes sehr hadert. Niemand ahnt, dass Leo, der wegen Autodiebstahls im Gefängnis war, seinerzeit mit Willie zusammen an mehreren solcher Raubzüge beteiligt war, bevor er erwischt wurde. Trotz der bemüht heiteren Stimmung am heutigen Abend sorgt sich die Familie um Leos Zukunft, allen voran seine Mutter. Indessen hat Willie sogar die hübsche Belva (Andi Shrem) eingeladen, um Leo mit ihr zu verkuppeln. Frank Olchin, einer der größten Zulieferer und Servicepartner der New Yorker U-Bahn, schlägt dem wortkargen und misstrauischen Leo vor, eine Ausbildung als Maschinenschlosser zu absolvieren, während der er ihn und seine Mutter Val finanziell unterstützen wolle. Aber Leo Handler interessiert sich mehr für Willies Job, der einträglich zu sein scheint und keine derartige Hürde aufweist…
“A couple of (…) films that have been unfortunately overlooked are Arlington Road and The Yards, both very dark”, beantwortet Eddie Muller für Green Cine u.a. seine an den Leser und an sich selbst gerichtete Frage “Can new movies realistically be considered film noir?” Tatsächlich zeigt James Grays tief im Sumpf der Korruption und Kriminilatität angesiedelte Familiengeschichte einiges an Klasse. Sie beginnt bei einer Dramaturgie, die den Zuschauer von Anbeginn in den Fluss der Erzählung hineinzieht und nicht wieder los lässt. Die latent epische Anlage mit vielen Nebenfiguren, deren Verknüpfungen zu den Handlungsträgern deren persönliche Anlagen bereichern, zeigt eine schlüssige Erzählung. Und die in kleinen Schritten voran schreitende Entwicklung aus Leos alltäglichem, sich im Rahmen der gewonnenen Freiheit bewegenden Lebensabschnitts in die ums Eck lauernde Illegalität der Geschäfte Willies ist deshalb so doppelbödig, weil Leo Handler von Anbeginn alles tut, um daran teilzuhaben. Vor allem sein Onkel Frank Olchin und teils sogar Willie versuchen eingangs, Leo aus ihren Geschäften herauszuhalten. Aber Leos Neid auf Willie, der die Taschen voller Geld und die hübsche Erica, Leos Cousine und Franks Stieftochter, zur Freundin hat, lassen ihn verbissen daran arbeiten, beides für sich zu gewinnen - sowohl das Geld als auch Erica. Sind einerseits von Anbeginn Coppola und Scorsese als Einflüsse spürbar, lässt der Film im Schlussteil und im Finale an die Sydney-Lumet-Dramen der Siebziger denken, allen voran Serpico (USA/ITA 1973). Zugleich erweist er sich – Taxi Driver (USA 1976) lässt grüßen - als ein Film-Noir-Szenario, dessen Antiheld, ursächlicher Treiber von Depression, Verlust und Hass, sich der Öffentlichkeit als scheinbarer Held verkauft. Leo Handlers Amoralität und Verlogenheit setzen dem in der Tat dunklen Film die Krone auf und berauben den Zuschauer jeder Identifikationsfigur. Leo erweist sich als so egoistisch und selbstgerecht wie keiner derer, die er nach seiner Entlassung in den Abgrund treibt.
Mark Wahlberg ist kein besonders versierter Schauspieler, aber für die Rolle des stets an einen verstockten Teenager gemahnenden Leo Handler ist er keine so üble Wahl. The Yards – Im Hinterhof der Macht lebt in erster Linie von den Darstellern und Darstellerinnen in Nebenrollen, so etwa James Caan, Victor Argo und Ellen Burstyn. Die durchweg älteren Herrschaften trumpfen auf und beweisen, dass sie nichts verlernt haben und einem guten Drehbuch zu einem guten Film verhelfen. Auch Joaquin Phoenix und Charlize Theron zeigen als lebenshungrige Twens in der Metropole am Hudson River reichlich Facetten und Vitalität. James Gray ist keiner aus der vordersten Reihe der in Hollywood in den letzten 20 Jahren namhaften Regisseure und lässt sich mit einem neuen Werk oft viele Jahre Zeit. Seine Dramen, darin die Themenkreise Familie und organisierte Kriminalität ganz gern eine Ehe eingehen, sind klassisches, hochwertiges Erzählkino, das sich nie in hochtrabenden Ambitionen verschraubt. The Yards – Im Hinterhof der Macht war sein zweiter Film als Autor und Regisseur und begründete eine andauernde Zusammenarbeit mit Joaquin Phoenix. Besonders dem Neo-Noir-Freund, der die fruchtbare Phase der Siebziger zu schätzen weiß, sei der Film empfohlen.
Erstklassige BD- (2012) und DVD-Editionen (2001) der Studiocanal GmbH mit wahlweise der englischen oder deutschen Tonspur, optional deutsche Untertitel, dazu Audiokommentar, B-Roll und Kinotrailer als Extras.