Neo Noir
| USA
| 1981
| Burt Reynolds
| Bernie Casey
| Bill Nunn
| Brian Keith
| Burt Reynolds
| Charles Durning
| Darryl Hickman
| Henry Silva
| Val Avery
| Vittorio Gassman
| Rachel Ward
Bewertung
***
Originaltitel
Sharky’s Machine
Kategorie
Neo Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1981
Darsteller
Burt Reynolds, Vittorio Gassman, Brian Keith, Charles Durning, Earl Holliman
Regie
Burt Reynolds
Farbe
Farbe
Laufzeit
122 min
Bildformat
Widescreen
© Warner Bros.
Atlanta, Georgia: Der im Drogendezernat ebenso berühmte wie berüchtigte Police Sergeant Tom Sharky (Burt Reynolds) arbeitet undercover und begibt sich heute über Industriebrachen an der U-Bahn entlang und durch verlassene Lagerhallen zu einem Treffpunkt mit dem Drogenhändler “Highball“ Murray (Hari Rhodes). Sharky gibt vor, eine große Menge Heroin erwerben zu wollen, doch das Treffen ist eine sorgfältig vorbereitete Falle, als unerwartet Sharkys Kollege Smiley (Darryl Hickman) auf der Bildfläche erscheint und nachfragt, ob alles in Ordnung sei. Murray weiß sofort Bescheid, will Sharky erschießen, doch der kann sich in Sicherheit bringen. Murray flieht zu Fuß, Sharky verfolgt ihn, doch der Dealer springt in einen anfahrenden Überlandbus, nimmt eine Geisel und hält der Schwangeren (Glynn Rubin) seine großkalibrige Waffe an die Schläfe. Tom Sharky gelangt ebenfalls in den Bus, indessen der Verfolgte den Busfahrer (Bennie Moore) erschießt, bevor Sharky ihn mit mehreren Schüssen erledigen und die Geisel befreien kann. Tom Sharkys Partner im Dezernat, Joe “JoJo“ Tipps (Joseph Mascolo), ist schockiert, als er erfährt, dass Sharky nach der verpatzten Aktion zur Sittenpolizei strafversetzt wird. Die im Kellergeschoss gelegene Abteilung wird von Lieutenant Friscoe (Charles Durning) geleitet, der Sharky gleich zur Begrüßung in seine Schranken weist. Und mit Arch (Bernie Casey) und “Papa“ (Brian Keith) trifft Tom Sharky dort schnell auf weitere, abgehalfterte Kollegen als alten Tagen…
“Sharky's Machine is a surprisingly flinty neo-noir”, berichtet Rubert Pupkin in seinem gleichnamigen Blog und das trifft zu. In Fortsetzung seines in Los Angeles angesiedelten Auftritts als desillusionierter Cop in Robert Aldrichs unterschätztem Neo Noir Straßen der Nacht (USA 1975) spielt Reynolds auch in diesem Film, für den er ursprünglich John Boorman als Regisseur zu gewinnen gehofft hatte, einen Mann, der zunehmend weniger zu verlieren hat und sich plötzlich in einem Alles-oder-nichts-Finale wiederfindet. Dabei sind es nicht nur äußere Kräfte, die diesen Weg vorzeichnen, sondern eine auf eigentümliche Art entflammte Liebe zu einer 20 Jahre jüngeren Frau, die dummerweise das Lieblingsspielzeug seines Erzfeindes ist. Schon in Straßen der Nacht lag das Herz des Cops in Händen einer Prostituierten und auch in Sharky und seine Profis – ein eher nach Gaunerkomödie klingender, irreführender deutscher Titel – ist das der Fall. Zusammen sind sie Außenseiter einer Gesellschaft, darin das politisch motivierte Großbürgertum zum Zwecks des Machterhalts eine unheilige Ehe mit dem organisierten Verbrechen eingeht. Das klingt nicht unbedingt neu, doch Vittorio Gassman gibt den schmierigen, eiskalten Mobster mit der ihm eigenen Brillanz und Earl Holliman erweist sich ebenfalls gut in der komplexen Darstellung eines nach außen siegesgewissen Politikers im Wahlkampf, der de facto reine Fassade ist. Die Engländerin Rachel Ward (Tote tragen keine Karos, USA 1982) qualifizierte sich als Dominoe mit 24 Jahren für Hauptrollen, die ihr dann nie den erhofften Durchbruch brachten. Und Brian Keith, Bernie Casey und Charles Durning bilden eine Riege von Charakterdarstellern, die den Film um pointierte Darstellungen bereichern.
“Gutsy. The best American film noir since Body Heat“, schrieb Andrew Sarris für The Village Voice und damit warb auch die erste US-Edition einer DVD. Nun feierte Lawrence Kasdans Heißblütig – Kaltblütig / Eine heißkalte Frau (USA 1981) nur drei Monate vor Sharky und seine Profis die eigene Premiere und im Rückblick erweist sich solche Einschätzung damit als wenig aussagekräftig. Neben der ersten Hälfte ist vor allem die nach Otto Premingers Laura (USA 1944) inszenierte Liebesgeschichte zwischen dem Detektiv und der Frau eine gute Reminiszenz an den klassischen Film Noir. Doch im Finale überwiegen die Zugeständnisse ans Thrillerkino der Marke “Hollywood“; dort treiben die Guten die Bösen ohne Raffinesse in die Enge. Der obligatorische “Shoot Out“ ist eine Frage der Inszenierung, die nach ebenso obligatorischen Superlativen verlangt. Spätestens jetzt fällt auf, wie wenig Raum das Drehbuch den Darstellungen Henry Silvas und Vittorio Gassmans als skrupellosem Brüderpaar widmet. Nur in einer einzigen, hastigen Szene des Streits treffen sie aufeinander, was mit Blick auf die detaillierten Porträts Tom Sharkys, seiner Kollegen und der hübschen Dominoe schlicht zu wenig ist. Im Vergleich mit Neo Noirs und Cop-Thrillern à la French Connection / Brennpunkt Brooklyn (USA 1971) oder Dirty Harry (USA 1971) fällt das Duell der Kontrahenten somit zu knapp und oberflächlich aus. Zudem ist die Annahme, dass ein paar Cops der Sittenpolizei in wochenlangen Ermittlungen in einem Mordfall recherchieren, ebenfalls wenig glaubwürdig. Im Ganzen kein schlechter Neo Noir aus einer sonst wenig innovativen Periode, aber trotz exzellenter Schauplätze und Darsteller schöpft er sein Potential bei weitem nicht aus.
Lange Zeit gabe es weltweit nur eine US-DVD (1998), die den Film zwar ungekürzt, jedoch im falschen Bildformat (4:3 Vollbild) präsentierte, die Tonspur auf Englisch, optional englische Untertitel. Am 15. April 2015 erscheint nun erstmals in Deutschland eine Blu-ray Disc, die den Film ungekürzt im Originalformat mit der deutschen und mit der englischen Tonspur beinhalten wird.