Woman In Question, The

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Bewertung
****
Originaltitel
The Woman In Question / Five Angles On Murder
Kategorie
Film Noir
Land
UK
Erscheinungsjahr
1950
Darsteller

Jean Kent, Dirk Bogarde, John McCallum, Susan Shaw, Hermione Baddeley

Regie
Anthony Asquith
Farbe
s/w
Laufzeit
84 min
Bildformat
Vollbild
 

 

The Woman in Question-Poster-web4.jpg Bild The Woman in Question-Poster-web3.jpg
 
Das Seebad Brighton an der Südküste Englands: Zeitungsjunge Alfie Finch (Robert Scroggins) trägt wie jeden Morgen die Tageszeitung aus, und das letzte Exemplar geht wie gewöhnlich an Astra Houston (Jean Kent), die im Haus von Alfies Mutter, der verwitweten Mrs. Finch (Hermione Baddeley), zur Miete wohnt. Kurz vor acht stürmt er in deren Wohnung und bringt gerade noch einen markerschütternden Schrei heraus… Wenig später ist die Polizei vor Ort und beginnt mit Untersuchung der Leiche jener jungen Frau, die als Astra auf dem Pier eine eigene Bude als Wahrsagerin unterhielt und mit bürgerlichem Namen Agnes hieß. Gemeinsam mit Inspector Wilson (Anthony Dawson) und Inspector Butler (John Linnane) ist es Superintendent Lodge (Duncan Macrae), der die Untersuchung in die Hand nimmt. Nach Anhörung des Berichts des Polizeiarztes (Julian D‘Albie) und dem Auffinden einer Halskette mit dem Amulett St. Christophers, beginnt er bei Mrs. Finch und ihrem Sohn. Der unter Schock stehende Alfie hat wenig zu berichten, doch die beredte Mrs. Finch umso mehr. So erfährt Lodge von den Besuchen Catherine Taylors (Susan Shaw), der Schwester Agnes Houston, die wiederum mit einem hoffnungslos im Armeehospital am Leben gehaltenen Soldaten namens Charles verheiratet ist und für diese eine Tortur waren. Und er erfährt von Bob Baker (Dirk Bogarde), den die Schaustellerin am Pier kennengelernt hatte und mit dem sie eine Nummer fürs Variete einstudierte…
 
“Like Brighton Rock, Asquith’s film has a real feel for noir mood, and uses its seedy seaside atmosphere brilliantly (…)The Woman in Question is a superior murder mystery for fans of film noir”, meint Alex Davidson in seiner Renzension bei Moviemail.com. “The film is one of the more interesting British noir/thrillers, a picture that’s not talked about a lot but is definitely worth watching”, schreibt Livius im Webportal Riding The High Country. Tatsächlich ist erstaunlich, dass der wunderbare englische Thriller der Nachkriegszeit in Deutschland nie zur Aufführung kam und trotz einer namhaften Besetzung auch später, z.B. via Fernsehen, nie aus der Versenkung geholt wurde. Wie in Film Noirs à la Rächer der Unterwelt / Die Killer (USA 1946) oder Mord, mein Liebling (USA 1944) steht die Suche nach dem Täter oder der Täterin als Handlungstreiber im Vordergrund, aber keinesfalls im Zentrum des Films. Ebenso wie in den genannten Beispielen ist das Werk randvoll mit lebenssatten und zwielichtigen Film-Noir-Charakteren, die sich gegenseitig das Leben gehörig schwer machen. In der Hinsicht steht er in einer Tradition von englischen Filmen wie Robert Hamers Die Flucht vor Scotland Yard (UK 1947) oder Carol Reeds Kleines Herz in Not (UK 1948). Die Parallelen zu Akira Kurosawas Drama Rashomon (JPN 1950) werden von Journalisten gerne betont. Auch in The Woman In Question (Five Angles To Murder hieß er in den USA) wird ein und dasselbe Geschehen aus fünf verschiedenen Perspektiven beleuchtet und stellt sich durch die Augen der Erzähler jedes Mal anders dar. Dieser „Trick“ bezieht den Zuschauer in die von Lodge geführte Untersuchung ein, gewährt ihm einen scheinbaren Wissensvorsprung, und garantiert in Anbetracht der kunstfertigen Umsetzung ein cineastisches Vergnügen.
 
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Skript, Regie und Darstellungen verbinden sich mit einer teils expressionistischen Kameraarbeit zu einem pointierten Filmerlebnis, so dass keine einzige Szene verschenkt wird und die Rollencharaktere sich zu einem Ensemble-Drama erster Güte fügen. Jean Kent gelingt in der Hauptrolle eine großartige Leistung, die an ihre Darstellung in David MacDonalds Tanz in den Abgrund (UK 1948) anknüpft. Auch Susan Shaw, John MacCallum und der als Supt. Lodge durch die Rahmenhandlung leitende Duncan Macrae sind exzellent in ihrem Spiel - allesamt heute kaum noch ein Begriff. Lediglich Dirk Bogarde, der ebenfalls gut ist, ging aus der Phase britischen Nachkriegskinos schließlich als ein Filmstar hervor. Jenen Kunstgriff der Rückblende, in Film Noirs wie Robert Siodmaks Rächer der Unterwelt / Die Killer (USA 1946) bereits extrem ausgereizt, bereicherte 1950 auch Alfred Hitchcock in Die rote Lola (UK 1950) um eine Variante, die ihm das Publikum damals übelnahm, indem er nämlich eine Rückblende montierte, die sich als Lüge herausstellt. The Woman In Question ist ein exzellenter Film Noir, der eine Veröffentlichung als BD und DVD auch in Deutschland verdient hätte.
 
Die von Odeon Entertainment (UK) in ihrer The Best of British Collection publizierte DVD-Edition (2010) bringt den Film bildtechnisch exzellent restauriert, ungekürzt im Originalformat, mit einem gut verstehbaren, englischen Originalton und einem achtseitigen Booklet inlusive Fotos und einem Filmessay von Alan Byron als hochwertiges Extra. Dem Film-Noir-Freund vorbehaltlos zu empfehlen!
 

Film Noir | 1950 | UK | Anthony Asquith | Anthony Dawson | Charles Victor | Dirk Bogarde | John McCallum | Hermione Baddeley | Jean Kent | Susan Shaw

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