James McManus, Ellen Goldwasser, Pablo Bryant, H.M. Wynant, Lee Holmes
Los Angeles, Kalifornien: Zwecks Bremsflüssigkeit besuchte Lloyd Meadows (James McManus), ein Kellner in der Polyesteruniform seines Fast-Food-Restaurants, einst einen Discounter. Dort musste er zusehen, wie ein Angestellter in T-Shirt und Schürze (Lee Holmes) beim Einräumen eines Regals einen Herzinfarkt erlitt und vor seinen Augen starb. Als er sich dem vermeintlich Unbekannten näherte, dessen Kollege (Joseph Anthony) sich stets verzeifelt bemühte den Mann wiederzubeleben, erkannte er seinen früheren Kumpel Scott. Lloyd erinnerte sich daran, wie sie vor 10 Jahren außerhalb der Stadt Bier getrunken hatten und Scott ihm gegenüber geäußert hatte, dass er vielleicht wie ein Loser wirke, selbst aber daran glaube, dass im Leben etwas Großes auf ihn warte… Und während die Sanitäter Scotts Leiche in einen Krankenwagen luden, verließ Lloyd Meadows, eine Plastikflasche Bremsflüssigkeit in der Hand, den Discounter. Er entfernte das Namensschild von seiner Brust, ließ es zu Boden fallen und kehrte nie wieder an seine Arbeitsstelle zurück. Von einem Tag auf den nächsten wurde er ein… Privatdetektiv. Tatsächlich genoss er die Tätigkeit zu Beginn, doch nach sechs Monaten war das Beschatten vermeintlich untreuer Ehemänner so wie das Aufnehmen von Bestellungen zur Routine geworden. Mit einem Teleobjektiv auf seiner Kamera fotografiert er des Nachts an einer Straßenecke einen Mann (Fred A. Robbins), der mit einer am Straßenrand wartenden Prostiuierten verhandelt, bis sie zu ihm in den Wagen steigt...
”And so I became a private dick. Something romantic, but without the hassles of romance.” Dieser Neo Noir nach einem Drehbuch von Regisseur Jack Perez und Hauptdarsteller James McManus, von Kameramann Shawn Maurer (Black Dynamite, USA 2009) gekonnt auf Zelluloid gebannt und vom ehemaligen Kinderdarsteller Jean-Michel Michenaud (Der nackte Kuss, USA 1964) mit einem stimmungsvollen Jazz-Soundtrack versehen, ist ein Independentfilm par excellence. Er unterläuft wie einst Amos Poe mit Subway Riders (USA 1981) oder Jim Jarmusch mit Dead Man (USA/GER/JPN 1995) die für jede Hollywoodproduktion typischen Restriktionen und Klischees und serviert über weite Strecken einen ungeschminkt nüchternen, teils harschen Blick auf die Verhältnisse und das soziale Klima in der US-amerikanischen Metropole Los Angeles. Als Privatdetektiv Lloyd Meadows von der introvertiert schüchternen Jane Danforth (Ellen Goldwasser) angeheuert wird, um wegen des Verdachts der Untreue ihren Ehemann Peter (Pablo Bryant) zu beschatten, sieht auch das nach einem Routineauftrag aus. Aber der engagierte Sozialarbeiter Peter Danforth und Jane sind in tief wurzelnder, leidenschaftlicher Liebe miteinander verbunden, und als Meadows sich selbst in Jane verliebt, nimmt das Unheil seinen Lauf. Letzteres betrifft jedoch vor allem den Privatdetektiv, dessen Welt aus den Fugen gerät… Die Referenzen an den klasssischen Film Noir, der in seiner Fuktion als Nahaufnahme menschlicher Abgründe und Milieustudie in die USA der 90er Jahre transferiert wird, sind explizit. Ein Erzähler aus dem Off und der Jazz als Klangbild neonerleuchteten Nächte einer Großstadt, dazu eine Femme fatale mit all ihren Rätseln: Lloyd Meadows ist nicht nur von Berufs wegen ein typischer Film-Noir-Charakter. Doch hätte es mehr, weit mehr gebraucht, um aus den hehren Absichten und Prämissen ein relevantes, zupackendes Drama werden zu lassen.
“The Big Empty is titled all too accurately. Umpteenth cinematic canvassing of Chandleresque territory finds L.A.’s mean streets looking very tired indeed, as a sad-sack gumshoe pursues a desultory case with no elan or humor”, schreibt Todd McCarthy für Variety und liegt damit richtig. Nach den ersten 10 Minuten verliert die Geschichte zunehmend an Dynamik, die selbstmitleidigen Tiraden des Erzählers wirken auch aufgrund des Vortrags monoton, und das Talent der beteiligten Schauspieler und Schauspielerinnen erweist sich als, um es mal freundlich zu formulieren, sehr divers. Gerade weil der seit 1953 aktive Film- und TV-Darsteller H.M. Wynant (Der Dritte im Hinterhalt, USA 1969) seine Figur ruckzuck zum Leben erweckt, fallen die teils laienhaft bemühten Versuche seiner Mitstreiter deutlich ab. Vor allem Hauptdarsteller James McManus lässt sich zur Selbstparodie hinreißen, und das bekommt seiner Figur, dem Private Investigator Lloyd Meadows, gar nicht. Will er einerseits lakonisch und fatalistisch wirken, zeigt McManus‘ Minenspiel zugleich, wie wenig Talent und Können er in Sachen Schauspielerei freisetzen kann. Sein Detektiv ist eine Witzfigur, und es degradiert den Dreh- und Angelpunkt einer Geschichte, die am Ende einfach zu lang und zu konstruiert erscheint, um in ihrer Dramatik überzeugen zu können. The Big Empty ist ein Film mit Potential, aber solches bleibt ungenutzt. Was auf der Leinwand vonstattengeht, dümpelt vor sich hin und kann sein Publikum immer weniger einfangen oder gar fesseln.
Eine US-amerikanische DVD (2001) von Vanguard Cinema beinhaltet den Film ungekürzt im Originalformat mit dem englischen Originalton ohne Untertitel, das Ganze mit einem Audiokommentar von Regisseur Jack Perez, mit dem Kinotrailer und mit weiterem Bonusmaterial. Unter dem Titel Tradimento fatale gibt es via Mondo Home Entertainment S.p.a. eine italienische DVD-Ausgabe (2004) mit dem Film ebenfalls ungekürzt und mit Originalton plus italienischer Untertitel und mit dem Kinotrailer als einzigem Extra.