Soul, The

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Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
*****
Originaltitel
Jī Hún
Kategorie
Neo Noir
Land
CHN
Erscheinungsjahr
2021
Darsteller

Chang Chen, Janine Chun-Ning Chang, Anke Sun, Christopher Ming-Shun Lee, Bojia Zhang

Regie
Cheng Wei-hao
Farbe
Farbe
Laufzeit
130 min
Bildformat
Widescreen

 

 


 

 

Taipeh, die Hauptstadt Taiwans, im Jahr 2032: Es ist spät am Abend, als zwei Polizeibeamte (Aaron Hong, Hong Chien Tsang) vor der Luxusvilla des reichen Wissenschaftlers und Unternehmers Wang Shi-Cong (Samuel Ku) vorfahren, der aufgrund einer Krankheit seit Jahren zurückgezogen lebt. Er selbst hat einen Notruf abgesetzt, und als ihnen die Haushälterin Zhang (Lu Hsueh Feng) das Tor öffnet, möchten die zwei Uniformierten, die in letzter Zeit oft wegen Nichtigkeiten alarmiert wurden, erstmal wissen, ob es etwas Ernstes ist. Aber die Frau führt sie schnellen Schrittes durch den Garten ins Haus. Als die Beamten in einem Schlafzimmer des oberen Stockwerks eintreffen, das vom beißenden Duft eines Räucherwerks erfüllt ist, bietet sich ihnen ein Bild des Grauens. Wang Shi-Cong ist mit äußerster Brutalität erschlagen worden, sein Gesicht bis zur Unkenntlichkeit entstellt, und neben ihm liegt regungslos seine Frau aus zweiter Ehe, Li Yan (Anke Sun), offensichtlich die Mordwaffe in ihrer Hand. Als einer der Polizisten sie an der Schulter zu berühren sucht, erwacht die Frau aus ihrer Trance… Im Behandlungszimmer eines Krankenhauses führt ein Gynäkologe (Syue Liang Jinih) bei einer Kommissarin der Kriminalpolizei, Ah Bao (Janine Chun-Ning Chang), eine Ultraschalluntersuchung durch. Die junge Frau ist schwanger, und ihr Ehemann Liang Wen-Chan (Chang Chen), ein angesehener und erfolgreicher Staatsanwalt, ist ebenfalls zugegen. Doch der 38-jährige leidet an einer fortgeschrittenen und resistenten Krebserkrankung… 

 

”The Soul is a dark, dense film that (…) frequently ruminates on the edge of the high, high cliff of mortality, dances on the fringe of bleakness, slogs through melancholy swamps”, resümiert John Serba für Decider und empfiehlt seinen Lesern den Film ohne Einschränkungen. Ich kann mich nur anschließen. Genaugenommen wünschte ich mir, dass Produktionen wie dieses Meisterstück von Cheng Wei-Hao auch in Europa eine weiter reichende Aufmerksamkeit erhielten, anstatt in den Tiefen eines Streaming-Portals, in dem Fall ist es Netflix, ein Schattendasein zu fristen. Das Werk präsentiert sich an seiner Oberfläche wie viele der dystopischen Entwürfe im Kino seit Ridley Scotts Der Blade Runner (USA/HK/UK 1982). Es erinnert zugleich an Thriller wie Kevin Macdonalds State Of Play – Stand der Dinge (USA/UK/FRA 2009), Oriol Paulos The Body (ESP 2012) oder an Vladimír Micháleks Fernsehserie Mamon (CZ 2015), und dafür gibt es einen Grund. Er lautet: Nichts ist, was es auf den ersten Blick zu sein scheint. Nun ist das im Rekurs auf den internationalen Neo Noir ein Stilmittel, das niemanden überraschen wird. Allerdings kann man mit einem Feuerwerk der Überraschungen auch gehörig Schiffbruch erleiden, wie z.B. John McNaughton mit Wild Things (USA 1998) unter Beweis stellte. In dieser chinesisch-taiwanesischen Co-Produktion schlägt das Pendel in die entgegengesetzte Richtung. Die zunehmende Komplexität und Verflechtung der Handlungsstränge erschaffen eine hohe Dichte der Ereignisse und eine Tiefe der Rollencharaktere, in deren Schicksal und Erleben die Zuschauer immer stärker eingebunden werden. Kaum hat man sich zu einem Urteil durchgerungen, muss man es revidieren. Schuld und Unschuld, Täter und Opfer, Sinn und Widersinn sind immer weniger voneinander zu trennen, wird der Kampf um die Wahrheit erst einmal zu einem solchen um die eigene Existenz. Das Finale ist hart, teils bitter - das Ende grandios.

 

In China und in Taiwan war der Film jeweils ein Erfolg und zwar in den dortigen Kinosälen. Sowohl Chang Chen als auch Janine Chun-Ning Chang überzeugen mit ihren darstellerischen Leistungen auf ganzer Linie. Der Autor der Romanvorlage betitelt Yihun Yoshu heißt Jiang Bo und bezeichnete seinerseits die Adaption durch den Regisseur und Co-Autoren des Drehbuchs, Cheng Wei-hao, als geglückt. The Soul ist alles andere als leichte Kost, aber das wollte der ostasiatische Film Noir und Neo Noir eh niemals sein, der im Gegenteil für seine Härten und Abgründe populär ist. In solchen Zeiten des Umbruchs ist schwer vorherzusagen, wohin der Neo Noir aus Südkorea, Japan, China oder Taiwan sich entwickeln wird. Die Tradition des Hongkong-Films, der ab Mitte der 80er Jahre mit Werken Johnnie Tos, John Woos, Wong Kar-Wais oder Alan Maks auch den westeuropäischen und US-amerikanischen Filmmarkt eroberte, ist mit den umwälzenden und endgültigen Veränderungen in der Stadt im Jahr 2019 definitiv zu einem Abschluss gekommen. Werke wie Wi Ding Hos Cities Of Last Things (TPE/CHN/FRA/USA 2018) oder eben Cheng Wei-haos The Soul lassen darauf hoffen, dass das asiatische Kino der Gegenwart auch in Zukunft wegweisende Impulse für den Neo Noir setzen wird.

 

Der Film ist in Europa seit April 2021 via Netflix verfügbar, scheint weltweit bis dato (2023) jedoch weder in einer Edition als Blu-ray disc noch als DVD veröffentlicht worden zu sein.

 


 

Neo Noir | 2021 | International | Cheng Wei-hao | Chang Chen

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