Robert Patrick, Heather Graham, Bruce Davison, Alex MacNicoll, Molly C. Quinn
Im August 1978 stolpert der ex-Häftling Gary Tison (Robert Patrick) ohne jegliche Hilfsmittel zu Fuß durch die Sonora-Wüste in Arizona, vom Gekrächz eines Geiers hoch über ihm begleitet. Tison brüllt “Fuck you!“, hebt seinen Revolver und feuert mehrmals gen Himmel… Drei Wochen vorher: In einem grauen Chrysler Newport fahren Gary Tisons Söhne Donnie (Alex MacNicoll), Ricky (Skyy Moore) und Ray (Casey Thomas Brown) durch die Wüste, die sich an diesem Sonntag, den 30. Juli, auf dem Weg zum Arizona State Prison in der Nähe von Florence befinden. Donnie ist der Fahrer und der auf der Rückbank sitzende Rick, der jüngste der drei, erwähnt, dass er in der letzten Nacht einen Traum gehabt habe, darin ihr Vater gesagt habe: “Blood calls for blood.“ Besonders Ray ist darüber amüsiert, es klänge sehr nach Dad, indessen Donnie den beiden anderen klarmacht, dass sie ab sofort bitte auf ihn hören sollen, bis ihr Vater das Kommando übernommen habe. Als sie an dem inmitten der Wüste gelegenen Gefängnis ankommen, ist es Ray, der sich mit einer Papiertüte voller Sandwiches seiner Mutter Dorothy (Heather Graham) bei dem an der Pforte diensthabenden Wärter Eddy (Michael Monks) anmeldet, der ihn nach einem Blick in die Tüte passieren lässt. Ray trifft Gary Tison, der wissen will, ob auch Donnie mitgekommen sei, was Ray bejaht. Zur gleichen Zeit wird der mehrfache Mörder Randy Greenawalt (Chris Browning) in eine Schreibstube im Eingangsbereich des Gefängnisses gebracht….
"If any of you‘d get the idea to keel out some distress call or do something stupid like that, I won’t hesitate to paint these walls with the color God gave you.” In vielen Szenen des Films kann der Zuschauer merken, wie sich Regisseur Dwight H. Little mit seiner Verfilmung des Sachbuchs Last Rampage: The Escape of Gary Tison (EA 1988) vom heute erimitierten Universitätsprofessor James W. Clarke um Intensität und Dramatik bemüht. Es gelingt ihm stellenweise auch: sowohl die Akteure als auch Kameramann Rafael Levya sorgen für Momente von Qualität. Basierend auf dem Ausbruch der Häftlinge aus dem Staatsgefängnis in Arizona im Sommer 1978 zeichnet der Film die blutige Spur nach, welche die Flüchtigen bei dem Versuch nach Mexiko zu entwischen hinterließen. Schon 5 Jahre nach dem Vorfall strahlte ABC (American Broadcasting Company) unter Regie Richard T. Heffrons (Ich, der Richter, USA 1982) einen Fernsehfilm über die Ereignisse aus, darin Film-Noir-Ikone Robert Mitchum die Rolle Gary Tisons übernommen hatte. Das Werk hieß A Killer In The Family (USA 1983), gab Mitchum die Gelegenheit an seine 20 Jahre zuvor so eindrucksvolle Rolle des Gangsters Max Cady in J. Lee Thompsons Ein Köder für die Bestie (USA 1962) anzuschließen und brachte einen je blutjungen James Spader und Eric Stoltz als dessen Söhne Donnie und Ricky Tison. In Handlungsverlauf und Dramaturgie erinnert Dwight H. Littles The Last Rampage auch an einige Film-Noir-Klassiker, etwa an Max Nossecks Jagd auf Dillinger (USA 1945) mit Lawrence Tierney, der sich gleichfalls auf einen historischen Gangster auf der Flucht bezog, und an Lewis R. Fosters Straße des Terrors (USA 1955), der mit Blick auf Psychologie und Gruppendynamik zu den besseren Film-Noir-Titeln gehört, darin ein Ausbruch aus dem Gefängnis themasiert wurde, zudem mit William Bendix und Arthur Kennedy erstklassig besetzt war.
Das Problem von Littles Thrillers besteht darin, dass aus den teils intensiven, einzelnen Bestandteilen nichts Ganzes werden will. Nach einem starken Auftakt mäandert die Geschichte jenseits der ersten 20 Minuten vor sich hin, berichtet halbwegs akkurat von den schrecklich brutalen Ereignissen, die die Flucht des Quintetts gen Süden kennzeichneten, um in einem eher faden Finale zu versanden. Der Versuch, durch die Gewissenskonflikte der Söhne Gary Tisons und durch eine zweite Handlungsebene mit deren Mutter Dorothy Tison und der Journalistin Marisa (Molly C. Quinn) ein Quantum an Sympathie für zumindest einige Rollencharaktere zu injezieren, bleibt ebenfalls auf der Strecke. Gary Tison und Randy Greenawalt waren eiskalte Mörder. So sind sie im Film auch porträtiert, der mit Blick auf seine Betriebstemperatur damit um einige Grade nach unten tendiert, so dass die Zuschauer manchmal zu frösteln beginnt. Zu guter Letzt ist The Last Rampage kein schlechter Film, aber auch keiner, den man als Connaisseur des Film Noirs und des Neo Noirs gesehen haben muss. In der Hinsicht ist James Foleys Auf kurze Distanz (USA 1986) mit Christopher Walken und Sean Penn in Hauptrollen, welcher den ähnlich gelagerten und gleichfalls historischen Fall des gnadenlosen Gangsters und Familienvaters Bruce Johnston sr. in ein Filmdrama überführte, ein völlig anderes Kaliber.
Die deutschen BD- und DVD-Ausgaben (2019) der Tiberius Film GmbH sind bild- und tontechnisch jeweils erstklassig, beinhalten den Film ungekürzt im Originalformat mit dem (empfehlenswerten) original englischen Ton und mit der deutschen Synchronisation, die die Qualität deutlich mindert. Es gibt optional Untertitel auf Deutsch und als Extra einzig den Kinotrailer in HD.