Take, The

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Psychologische Verteidigung


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Eddie Muller


Wenn es Nach wird in Paris


Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
***
Originaltitel
The Take
Kategorie
Neo Noir
Land
UK
Erscheinungsjahr
1974
Darsteller

Billy Dee Williams, Eddie Albert, Frankie Avalon, Sorrell Booke, Tracy Reed

Regie
Robert Hartford-Davis
Farbe
Farbe
Laufzeit
92 min
Bildformat
Widescreen

 


 

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San Francisco International Airport, Kalifornien: Der afroamerikanische Polizeibeamte Terrence Sneed (Billy Dee Williams) checkt in einen Flug nach Paloma, New Mexico, ein, wo er dem dortigen Chief of Police Berrigan (Eddie Albert) im Kampf gegen das organisierte Verbrechen Schützenhilfe leisten soll. Vor dem Besteigen des Flugzeugs kauft er einen Laib Sauerteigbrot französischer Art, dann erhebt sich die Boeing der TWA in die Luft und fliegt gen Osten. Indessen Sneed sich mit einem Stück Brot in eine Zeitungslektüre vertieft, hat sein Sitznachbar, der sich als Geschäftsmann Gerald Roclair (Dick Yarmi) vorstellt, Lust auf einen Plausch und stellt ihm allerlei Fragen. Doch der Angesprochene bleibt einsilbig und dem Lesestoff zugeneigt. Als Roclair insistiert, dass er ihm doch sage, was für einen neuen Job er in Paloma habe, entgegnet Terry Sneed: “Killing people.“ In der Mittagshitze warten die Besucher einer Gerichtsverhandlung unter den Augen bewaffneter Polizeibeamter vor dem County Courthouse in Paloma darauf eingelassen zu werden. Am Flughafen steht indessen Police Captain Dolek (Albert Salmi) bereit, um den Neuzugang aus San Francisco in Empfang zu nehmen. Als im County Courthouse der Gerichtssaal öffnet, werde alle Besucher einer Leibesvisitation unterzogen, unter ihnen ein Mann (John Davis Chandler) auf Krücken und mit an den Beinen festgegurteten Metallstützen. Niemand ahnt, dass er bewaffnet ist und mit Kumpanen die Befreiung der Angeklagten plant…

 

Der britische Autor, Regisseur und Produzent Robert Hartford-Davis inszenierte zu Beginn der 60er Jahre seinen ersten Film vom Regiestuhl aus, als er mit Crosstrap (UK 1962) einen Post Noir in die Kinos brachte. In der Folge lieferte er billige Komödien und Horrorfilme, die heute bei einigen Cineasten Kultstatus genießen. Anfang der 70er hängte er sich an die Welle der Blaxploitation-Filme und drehte mit Jim Brown in der Hauptrolle Visum für die Hölle (UK/USA 1972), eine britisch-amerikanische Co-Produktion, die in Kalifornien angesiedelt ist. Das ist auch das Besondere an seinem Neo Noir The Take, zugleich Robert Hartford-Davis‘ letzter Kinofilm: Er ist ebenso wie Michael Tuchners Angst ist der Schlüssel (UK 1972) eine britische Produktion, die von A bis Z in den USA spielt und ausschließlich US-amerikanische Schauspieler aufweist. Im Gegensatz zu Beispielen aus Frankreich wie Jacques Derays Brutale Schatten (FRA/ITA/USA 1972) oder Louis Malles Atlantic City, USA (FRA/CAN 1980) verzichteten Tuchner und Hartford-Davis auf Gaststars aus ihrem Heimatland. Vergleichbar mit Louis Malle beweist Hartford-Davis unterhalb der Action und der Kriminalgeschichte jedoch einen Blick auf die USA, den man sich bei einer Hollywood-Produktion jener Zeit nur schwer vorstellen könnte. Sein afroamerikanischer Police Lieutenant Terrence Sneed ist durch und durch korrupt. Er lässt sich von Gangstern für etwaige Gefälligkeiten reich entlohnen, um daraufhin diese Gangster hinter Schloss und Riegel zu bringen und auf der Karriereleiter der Kriminalpolizei emporzusteigen. Das einzige, was ihn interessiert, ist Geld, und für einen Profit ist Sneed kein Kolletaralschaden zu hoch und kein Trick zu schmutzig. Lediglich seiner ex-Freundin Nancy Edmondson (Tracy Reed) ist in diesem Film der moralische Kompass nicht abhanden gekommen: sie zeigt ihm die kalte Schulter. Das eigentlich Provokante ist der Schluss des Films. Terry Sneeds Rechnung geht auf. Er wird befördert und hat seine Bestechungsgelder erfolgreich in eine Immobilie investiert. Dafür war dank Sneeds loyalem Partner John Tallbear (A. Martinez) auch ein kaltblütiger Mord vonnöten. Doch jener wurde im Verborgenen getätigt, so dass den beiden nun eine einträgliche Zukunft im Polizeidienst bevorsteht.

 

“Well, there’s obviously a lot more where this came from.” – “Yeah! All I got to do is cheat and lie and maybe kill for.” – “Business is business.” In der Dialogpassage zwischen Terry Sneed und seinem Investor Oscar (Sorrell Booke) zeigt sich die Quintessenz des Werks. In den USA geht es allein ums Geld. Es zu erwerben, dafür schreckt in der Wiege von Demokratie, Menschenrechten und individueller Freiheit ein Polizist vor nichts und niemandem zurück. Sicher! Auch Bill L. Nortons Cisco Pike (USA 1971), Sidney Lumets Serpico (USA/ITA 1973) oder Charles S. Dubins Rasende Gewalt (USA 1976) belegen, wie Filmschaffende in den USA damals jedes Vertrauen in dessen rechtsstaatliche Organe verloren hatten und Polizeibeamte zu Gangstern in Uniform stilisierten. Im Unterschied zu The Take werden in diesen US-Produktionen letztere jedoch überführt und ihrer gerechten Strafe zugeführt. Leider gelingt es Robert Hartford-Davis nicht, den starken Akzent in ein hochwertiges Handlungskonzept einzubetten. Die Vorgehensweise der Mobster ist im letzten Drittel einfältig und wenig glaubwürdig. Die Rolle Tracy Reeds hat einzig Alibi-Funktion, zudem ist in der Darstellung der Gangster – zumindest Victor Manso (Vic Morrow) und sein Mann fürs Grobe namens Benedetto (James Luisi) sind ein Paar – eine homophobe Tendenz spürbar. Das Werk hätte um Längen besser sein können (müssen), da es wie Sergio Corbuccis Leichen pflastern seinen Weg (ITA/FRA 1968) mit einem Schlusspunkt überrascht, der die Erwartungen der Zuschauer clever unterläuft.

 

Einzig in England erschien der Film bei Fabulous Films in einer jeweils sehr guten BD- und DVD-Edition (2019) mit dem Werk bild- und tontechnisch einwandfrei, inklusive des englischen Originaltons ohne Untertitel, das Ganze leider auch ohne jegliche Extras. In Deutschland lief das Werk nie im Kino und erschien erst 1986 einmalig als VHS-Video und zwar unter dem aberwitzigen Titel Cash – Halt die Hand auf oder stirb!

 


 

Neo Noir | 1974 | UK | Robert Hartford-Davis | Billy Dee Williams | Eddie Albert | Kathleen Hughes

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