Gordon Howard, Irina Garden, Kurt Meisel, Hans Nielsen, Wolfgang Neuss
© Universum Film GmbH
Vor dem Funkturm in Berlin-Charlottenburg hält ein Taxi und ein Fahrgast (Eric Schildkraut) steigt aus, zahlt seine Fahrt und geht auf den Eingang zu. Ein schwarzer Ford Vedette hält dort ebenfalls und Chauffeur Martin (Wolfgang Neuss) bleibt im Wagen, indessen Richard Browski (Heinz Giese) die Verfolgung des mit dem Taxi Angekommenen aufnimmt. Letzterer zückt eine Ausgabe des Magazins Stern, klemmt sie sich untern Arm und tritt in den Fahrstuhl, als er bemerkt, dass er von Browski verfolgt wird, der sich als letzter in die Kabine zwängt. Der Fahrstuhlführer kündigt als ersten Halt das Restaurant an, doch Richard Browski hindert den Mann mit dem Magazin daran auszusteigen und raunt ihm zu, dass sie beide bis nach oben auf die Aussichtsplattform führen. Dort verlassen sie mit einigen Touristen und einer Berliner Familie die Kabine und begeben sich in eine stillere Ecke. Browski sucht seinem Bekannten klarzumachen, dass er ihn zurückbegleiten werde, schließlich wisse er doch, wie sie mit Verrätern umsprängen. Aber der Verfolgte wehrt sich und greift Browski an, der eine Pistole zückt und mehrere Schüsse auf seinen Kumpanen abfeuert, indessen ein über den Funkturm fliegendes Flugzeug den Schall unhörbar werden lässt. Der tödlich Verletzte sinkt auf eine Sitzbank, und sein Mörder durchsucht ihm hastig die Anzugstaschen, als er durch den ankommenden Fahrstuhl gestört wird und seinerseits wieder hinunter fährt. Indessen wartet Vera Dornbrink (Irina Garden), im Stern blätternd, vergebens im Funkturm-Restaurant…
Der für eine lange Zeit (fast) vergessene Kriminalfilm der jungen Bundesrepublik Deutschland ist jene Art Kino, das ich stets wertzuschätzen hoffe, indessen mir hier nach den ersten 5 Minuten die Enttäuschung in die Glieder fuhr und mich nach 15 Minuten jedwede Hoffnung auf Besserung verließ. Denn die Hauptrolle in diesem Thriller, der übrigens weder etwas mit Geheimagenten noch mit Spionage zu tun hat, spielt einzig und allein die Stadt Berlin. Die Drehorte inmitten der vom Zweiten Weltkrieg noch stark zerstörten Metropole, liegen sie nun unter freiem Himmel oder in unterirdischen Stollen, Kellergewölben und Bunkern, sind grandios gewählt und beeindrucken heute womöglich noch mehr als zum Zeitpunkt der Premiere des Films im November 1952. Auch hätte ich nichts gegen die prominente Rolle der Stadt, wie sie von Jules Dassin in dessen Film Noir Stadt ohne Maske / Die nackte Stadt (USA 1948) an New York vergeben worden war, käme Berlin nicht vor allem wegen der Inkompetenz seiner Hauptdarsteller zu der Ehre, die wirklich einzige Attraktion dieses Machwerks zu sein. Irina Garden beweist in ihrer ersten Rolle in einem Spielfilm, dass sie als Schauspielerin im falschen Metier tätig ist, und so endete ihre Filmkarriere nach weiteren fünf Nebenrollen schon 1956. Sie ist noch hölzerner und weniger talentiert als der US-Amerikaner Gordon Howard, der ebenfalls sein Debüt als Filmschauspieler liefert und in Momenten, in denen er seine deutschen Sätze wie eine auswendig gelernte Gebrauchsanweisung hersagt, bemitleidenswert wirkt. Er brachte es in Film und Fernsehen auf 20 Auftritte, mit einer Rolle in Die Rückkehr der Killertomaten (USA 1988) als krönendem Abschluss. Fast schon tragisch ist, all jene Schauspieler aufzuzählen, die in Die Spur führt nach Berlin einer ganz anderen Liga angehören: Barbara Rütting, Wolfgang Neuss, Hans Nielsen und Kurt Meisel spielen die beiden Hauptdarsteller in jeder ihrer Szenen an die Wand.
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„Die Spur führt nach Berlin (1952) von František Cáp und Weg ohne Umkehr (1953) von Victor Vicas sind Thriller im Stil des Film noir“, schreibt Olaf Möller in seinem Artikel Mamas Kino lebt! für die Neue Zürcher Zeitung, als er 2016 für das Filmfestival Locarno eine Retropspektive zum Kino der jungen Bundesrepublik mitgestaltet. Im Jahr darauf war Möller Kurator der im Österreichischen Filmmuseum zu Wien gezeigten Werkschau BRD Noir, die vor allem jene Genrefilme aus den Jahren 1949 bis 1953 versammelte, die ihrerseits eine Nähe zu dem in den USA unter Mitwirkung deutscher Exilanten herangereiften Filmstils zeigen. Dass die Geschichte von František Čáps Die Spur führt nach Berlin nach einem Drehbuch von Hans Rameau und Artur Brauner nicht durch Originalität hervorsticht, stört nicht im mindesten – dieser Film scheitert nur am Schauspiel der auf Laienniveau agierenden Hauptdarsteller und ist damit ein seltenes Beispiel für eine vollends missglückte Besetzung im Zentrum der Handlung. Wer sich das Werk aus historischem Interesse an der Geschichte der Stadt Berlin und der Bundesrepublik Deutschland trotzdem ansieht, wird es bemerkenswert finden. Denn Berlin ist auch als zerfurchte und vernarbte Kriegsruine eine Filmreise wert, und die Produktion versteht es allemal, die Facetten der Stadt eindrücklich zu präsentieren, ist der von Olaf Möller erwähnte Weg ohne Umkehr (GER 1953) auch der um Längen bessere deutschsprachige Film Noir jener klassischen Ära.
Es gibt eine empfehlenswerte deutsche DVD-Ausgabe der Universum Film GmbH (2011) mit dem Film ungekürzt im Originalformat, bild und tontechnisch gut restauriert und inklusive des deutschen Originaltons, allerdings ohne die auf dem DVD-Cover versprochenen deutschen Untertitel und im Übrigen auch ohne Extras.