Dogman

NOIR CITY 21 - Oakland 2024



Psychologische Verteidigung


Concorde Home Entertainment


Eddie Muller


Wenn es Nach wird in Paris


Film Noir Collection Koch Media GmbH


banner_der_film_noir_3.jpg


Bewertung
****
Originaltitel
Dogman
Kategorie
Neo Noir
Land
ITA/FRA
Erscheinungsjahr
2018
Darsteller

Marcello Fonte, Edoardo Pesce, Nunzia Schiano, Adamo Dionisi, Francesco Aquaroli

Regie
Matteo Garrone
Farbe
Farbe
Laufzeit
103 min
Bildformat
Widescreen

 


 

 Dogman-Poster-web1.jpg  Dogman-Poster-web2.jpg  Dogman-Poster-web3.jpg

© Alamode Film

In dem verwahrlosten Küstenort Castel Volturno nördlich von Neapel unterhält Marcello (Marcello Fonte) in einer baufälligen Ladenzeile seinen Hundesalon namens Dogman. Hier pflegt der magere und schwächliche Mann jene Vierbeiner, die ihm ans Herz gewachsen sind, und mitunter hift ihm seine über alles geliebte Tochter Alida (Alida Baldari Calabria), deren Erziehung er sich mit der von ihm getrennt lebenden Mutter (Laura Pizzirani) teilt. In der angrenzenden Trattoria Bolina trifft Marcello seinen Freund Franco (Adamo Dionisi) und andere Bekannte, die in der gleichen Ladenzeile ihre Geschäfte unterhalten und die abends gemeinsam Fußball spielen. Als er eines Tages mit Alida einem Hund das Fell schneidet, taucht unerwartet Simone (Edoardo Pesce) bei ihm auf, ein in der Kommune berüchtigter, gewalttätiger Kleinkrimineller, der wegen Körperverletzung für kurze Zeit hinter Gittern saß. Simone möchte von Marcello Kokain kaufen, was letzterer tatsächlich vertreibt, um auf diese Weise sein schmales Einkommen aus dem Ertrag des Hundesalons etwas aufzubessern. Der Hundefrisör versucht Simone aus der Tür zu bugsieren, doch der bullige Mann weigert sich, nimmt das Kokain und schnupft es auf der Toilette des Ladenlokals, ohne sich um Marcellos Jammern und Flehen im Geringsten zu scheren. Abends nach dem Fußballspiel erhät auch Franco von Marcello das bestellte Tütchen Koks, und am folgenden Tag liefert Marcello in der an den Dogman angrenzenden Spielhalle erneut an den impulsiven Simone…

 

Das ist ein in seiner Dramatik und der Darstellung von physischer und psychischer Gewalt überaus harter Film, eine in ihrer Tragik schonungslos zupackende Erzählung, oder anders gesagt: nichts für zarte Gemüter. Nun gilt ähnliches auch für Suburra (ITA/FRA 2015) von Stefano Sollima, der als Autor und Regisseur zudem einem Matteo Garrone (Gomorrha – Reise in das Reich der Camorra, ITA 2008) überaus nahesteht, aber Dogman fokussiert sich ganz auf die Figur Marcellos, die dem Zuschauer in all ihrer Ambivalenz stets als gutmütig und liebenswert nahegebracht werden soll. Marcellos Schicksal ist geprägt von der Liebe zu seiner Tochter und von der zu den Hunden, in denen er sich selbst gespiegelt findet, ein kleiner, unterwürfiger und doch lebenslustiger Mensch, der niemanden etwas zuleide tun will und um die Anerkennung seiner bescheidenen Existenz ringt, mit seiner ausgleichenden Art in Simone aber genau den falschen Freund gefunden hat. Weil jener durch ihn, Marcello, den er aufgrund seiner physischen Überlegenheit zu beherrschen und trotz seines primitiven Gemüts gar zu manipulieren versteht, vielfach Vorteile zu erhaschen weiß, lässt Simone von der Beziehung zu dem harmlosen Hundefrisör nicht ab und richtet ihn, wie alles und jeden um sich herum, schließlich zugrunde. Dogman ist eine von vielen Geschichten des Bösen in der Gestalt einer Herrschaft durch rohe Gewalt. Es ist eine Parabel auf die gesellschaftlichen Zustände im heutigen Italien, die durch das Auge von Nikolaj Brüels Kamera deren psychologische Verstrickungen bloßlegt. Eine solche Geschichte muss letzten Endes hart und bedrückend sein, doch das macht Dogman zu einem Film, der sich nicht einfach nebenbei als Thriller-Kino mitnehmen lässt, denn jenes Böse ist nicht einfach bloß brutal, es ist bis an die Grenze des Sadismus‘ fies.

 

“Meticulously directed and photographed, (…) Garrone’s bravura urban noir is also impeccably acted“, heißt es bei Palace Films und das trifft es. Die zentrale Figur Marcello ist von Anbeginn auch der Fall Guy dieses Neo Noirs und Marcello Fontes Darstellung ist sensationell. Sein sanftmütiger Feigling, der einfach nur ein Teil des Ganzen sein und dafür anerkannt werden möchte, wird zum Opfer kurzsichtiger Entscheidungen, die er sich selbst zuschreiben muss, aber er kann einfach nicht aus seiner Haut. Er bringt sich aus falscher Loyalität und getrieben von der unerfüllten Sehnsucht nach Simones Respekt und Anerkennung in eine fatale Abhängigkeit von dem komplett asozialen und empathielosen Gewaltmenschen. Im letzten Drittel des Films sind es seine ehemaligen Freunde, die ihn verabscheuen und ihm den Zutritt zu ihrem Zirkel verweigern. Vollends isoliert und geschunden und womöglich in dem Wissen, dass er den richtigen Zeitpunkt längst verpasst hat, muss Marcello versuchen sein Schicksal zu wenden… Zum Teil harte Kost und für meinen persönlichen Geschmack bei 103 Minuten Laufzeit etwas einseitig, ansonsten wird nämlich nichts erzählt, ist Dogman ein kompromissloser Blick ins Getriebe des von Macht und Geld dominierten Kleinbürgertums in einem ach so “zivilisierten“ West-Europa.

 

Alamode Film bietet eine jeweils sehr gute BD- und DVD-Edition (2019) mit dem Werk selbst ungekürzt und im Originalformat, dazu die original italienische Tonspur mit optional deutschen Untertiteln und auch die deutsche Kinosynchronisation, obendrein den Kinotrailer und einige geschnittene Szenen als Extras.

 


Neo Noir | 2018 | International | Matteo Garrone | Adamo Dionisi

Neuen Kommentar schreiben

CAPTCHA
Diese Sicherheitsfrage überprüft, ob Sie ein menschlicher Besucher sind und verhindert automatisches Spamming.