Gemini

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Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
**
Originaltitel
Gemini
Kategorie
Neo Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
2017
Darsteller

Lola Kirke, Zoë Kravitz, John Cho, Greta Lee, Ricki Lake

Regie
Aaron Katz
Farbe
Farbe
Laufzeit
93 min
Bildformat
Widescreen

 


 

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Los Angeles, Kalifornien: Die aus Portland, Oregon, stammende Jill LeBeau (Lola Kirke) ist die persönliche Assistentin des Filmstars Heather Anderson (Zoë Kravitz) und begleitet letztere Tag und Nacht durch ein Leben, darin sich Beruf und Privates im Minutentakt mischen. Heute Abend wird Jill von Heather zu einem Treffen mit dem Filmregisseur Greg (Nelson Franklin) geschickt, der sich in einem trendigen Diner mit der Diva verabredet hat, um ihre Rolle in seinem seit 5 Jahren in Vorbereitung befindlichen Film zu besprechen. Aber Heather hat beschlossen, nicht in Gregs Werk aufzutreten und gibt gegenüber Jill private Turbulenzen an, die vielleicht mit ihrer Trennung von Devin (Reeve Carney) zu tun haben, dessen Anruf auf Heathers Smartphone just von Jill entgegen genommen wurde und der seiner ex-Freundin ausrichten lässt, dass er sie umbringen wolle. Als Greg von Jill hört, dass Heather ihn sitzen lassen wird, weiß er, dass dies für sein Projekt das Ende bedeutet und er verlässt, obgleich er soeben bei der Kellnerin (Emily Pearse) das komplette Repertoire der Vorspeisen bestellte, sofort das Restaurant. Kurz darauf kommt Heather herein, die im Auto wartete, und setzt sich zu Jill. Aus dem Nichts gesellt sich eine gewisse Sierra (Jessica Parker Kennendy) zu den beiden und gibt zu verstehen, dass sie ein Fan von Heather Anderson sei und erbittet die Erlaubnis, den beiden kurz Gesellschaft leisten zu dürfen. In Anbetracht der gedrückten Stimmung am Tisch lehnt Jill dies ab, Heather jedoch zeigt sich plötzlich offen…

 

Eingangs gelingt es dem Autor und Regisseur Aaron Katz die unglaubliche Leere des Lebens der Reichen und Schönen im Los Angeles des Hier und Heute adäquat zu bebildern und darzustellen. Ein Leben in Luxus unter ständiger Aufmerksamkeit für die eigene Außendarstellung und Wirkungsmacht, vorangepeitscht von Eitelkeit und Vergnügungssucht, aber völlig ohne Zentrum und in Abhängigkeit von Reizen, welche die schier endlose Jugendlichkeit dieser Menschen in ihren späten 20ern bespiegeln, all das macht die erste halbe Stunde aus. Scheinbar lässig, tatsächlich jedoch verkrampft und unsicher umkreisen sich die Protagonistinnen Heather und Jill auf ihrer instabilen Suche nach einem Weg ins Morgen. Der Prunk und Komfort ihrer Privatsphäre und die Hipster-Orte des öffentlichen Raums bilden die Kulissen für solches immergleiche Spiel des Lebens: die reale Welt als Studiobauten für all die Smartphone-Displays im anonymen Lichtermeer der Metropole. Letztere scheint einzig von den Starlets und ihren Satelitten bevölkert, von Filmschaffenden, Paparazzi, Managern und Agenten und von aufdringlichen Fans. Derlei lässt sich in jenen ersten 30 Minuten gut an. Aber genau in dem Augenblick, wo der Ernstfall eintritt und mitten in die Künstlichkeit solcher Inszenierung die Wirklichkeit eintritt, lässt nicht nur die plötzlich unter Mordverdacht stehende Jill LeBeau sondern auch der Autor und Regisseur die nötige Courage und Cleverness schmerzlich vermissen. Langsam aber stetig geht es mit dem Film und seiner Handlungsentwicklung bergab, bis uns Aaron Katz ein Finale und eine Schlusssequenz serviert, die läppischer und lächerlicher kaum hätten ausfallen können. Es gibt so einige Filmjournalisten und Cineasten, die zu der Schlussfolgerung kamen, dass der Film sein Publikum extrem unbefriedigend aus der Geschichte verabschiede. Mir geht das nicht weit genug. Ich kam mir regelrecht veräppelt vor und um jene 93 Minuten Lebenszeit betrogen, die ich in dieses uninspirierte und zunehmend spannungsarme Machwerk investierte.

 

“A pulpy, lurid whodunit, a larger-than-life noir“, zitiert das Cover der US-amerikanischen DVD-Edition der Universal Studios in werbewirksamer Absicht die Filmkritik von Calum Marsh in The Village Voice. Tja, schön wär’s. Die Schauspielerinnen tun ihr Möglichstes, um den Rollencharakteren Leben einzuhauchen, aber auch sie stoßen im letzten Drittel deutlich an ihre Grenzen. Die hyperästhetischen Bilder vom Los Angeles bei Nacht verbinden Gemini mit vielen Neo Noirs, ob nun Kinofilm oder TV-Serie, die sich solche klassische Örtlichkeit des Film Noirs ebenfalls zum Schauplatz wählten. So erinnert das inhaltlich von Otto Premingers Laura (USA 1944) inspirierte Werk in seiner Bildästhetik an Dan Gilroys Nightcrawler - Jede Nacht hat ihren Preis (USA 2014) oder an True Detective - Staffel 2 (USA 2015), nur dass sein Drehbuch und vor allem dessen finales Drittel nicht ansatzweise mit jenen mithalten können. Stattdessen stellt Gemini so wie David Robert Mitchells Under The Silver Lake (USA 2018) oder Benny und Josh Safdies Good Time (USA 2017) seine Typologie des Zeitgeists nicht nur in der Filmhandlung dar, sondern möchte mit seinem Elektronik-Soundtrack, seinen 80er-Jahre-Klamotten und dem Hipstertum auf allen Etagen der Gesellschaft liebend gern selbst ein Teil dieses Entwurfs einer vermeintlichen Subkultur sein. Doch wie die Vergleichswerke strandet Aaron Katz in der Belanglosigkeit, die seiner Geschichte und deren Figuren innewohnt, und verspielt sein Potential schließlich voll und ganz.

 

Gemini lief in Deutschland nie im Kino und erschien hierzulande bei Sony Pictures Home Entertainment unterm Titel Gemini – Falsches Spiel einzig als DVD-Edition (2018) mit dem Film selbst ungekürzt im Originalformat, dazu Tonspuren auf Englisch, Deutsch, Russisch, Französisch und Spanisch und mit einer beeindruckenden Liste von optional insgesamt 30 (!) verschiedenen Untertiteln, das Ganze allerdings ohne Extras.

 


Neo Noir | 2017 | USA | Aaron Katz | John Cho | Lola Kirke

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