Colin Farrell, Rachel McAdams, Taylor Kitsch, Vince Vaughn, Kelly Reilly
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Die Industriestadt Vinci im Los Angeles County: Police Detective Ray Velcoro (Colin Farrell) bringt seinen Sohn Chad (Trevor Larcom) in die Schule. Der übergewichtige Junge wird von seinen Mitschülern geärgert und wirkt mehr als frustriert. Sein Vater lebt von der Mutter Gena Brune (Abigail Spencer) getrennt und kann nur wenig Zeit mit Chad verbringen. Mit Blick auf ihre bevorstehende Scheidung wird Velcoro von der Psychologin Mrs. Harris (Molly Hagan) zur Vergewaltigung seiner Frau befragt, der neun Monate später die Geburt des Sohnes Chad folgte. Der Polizist erinnert sich, wie er damals als Deputy im LA Sheriff Department den Gangster Frank Semyon (Vince Vaughn) kennenlernte. Jener traf ihn in einer Bar und gab die Identität des Vergewaltigers preis, so dass Velcoro sich rächen könne, wenn sie in Zukunft hin und wieder etwas ins Gespräch kämen… Der Mobster Semyon lebt mit seiner hübschen Frau Jordan (Keilly Reilly) in einem luxuriösen Anwesen mit Blick ins Tal und ist Inhaber des Vinci Garden Casinos. Frank möchte gern in größere Geschäfte einsteigen und hat 5 Millionen Dollar in Grundstücksspekulationen investiert, die ihn mit dem Politiker und Geschäftsmann Ben Caspere zusammenbringen. Bei einem Treffen mit seiner rechten Hand Blake Churchman (Christopher James Baker) erfahren er und Jordan, dass die Presse über Manipulationen der Grunstückspreise berichtet. Auch dass in Gestalt von Osip Agronov (Timothy V. Murphy) die russische Mafia auf den Plan tritt, ist kein gutes Omen….
Frank Semyon: “You may be one of the last friends I got.” - Detective Ray Velcoro: “Wouldn't that be fucked up.” Eine komplex ineinander verschachtelte Erzählung voller ebenso komplexer Charaktere wird anhand einer exquisiten und niemals stereotypen Bildsprache und mittels grandioser Schauspieler zur zweiten Staffel der HBO-Serie True Detective. Nach dem unerwarteten Erfolg des ersten, in sich abgeschlossenen Falls mit Matthew McConaughey und Woody Harrelson in den Hauptrollen bestand die Überraschung von vornherein in einer davon komplett abgekoppelten Geschichte. In den USA bekam die zweite Staffel eher durchwachsene Kritiken. Vor allem das Publikum hatte Schwierigkeiten, der verwinkelten Erzählung mit ihren vielseitigen Beziehungen und einer per se nicht auf Action fokussierten Dramaturgie zu folgen. Das Resultat war ein für das Internet-Zeitalter typischer Shitstorm, der in manchen Kommentaren vor allem eine begrenzte Auffassungsgabe und einen Unwillen zu eigenständigem Denken zum Ausdruck brachte. In der zweiten Staffel von True Detective folgt sein Schöpfer und Autor Nic Pizzolatto eindeutig in Filmen wie Roman Polanskis Chinatown (USA 1974) oder David Lynchs Mulholland Drive - Straße der Finsternis (FRA/USA 2001) angelegten Fährten des Neo-Noir-Kinos und das gilt sowohl für die Anlage von Handlung und Rollencharakteren als auch für die Ästhetik. Dass sich diese Staffel niemals als eine Art Weiterführung oder Reboot des Debüterfolgs von 2014 verstand sondern gänzlich andere Akzente setzt und sich damit klar unterscheidet, ist für mich ihr großes Plus und kein Manko.
“All four lead actors bring a sense of determined purpose to their roles, and each delivers an impressive performance”, schreibt Brad Oswald für die Winnipeg Free Press und es ist einer der zentralen Aspekte, warum die Staffel im Ganzen so exzellent funktioniert. Seitdem HBO (Home Box Office) mit ihrer Erfolgsserie The Sopranos (USA 1999 - 2007) die Möglichkeiten des Medienformats TV-Serie nochmals neu definierte, haben sich Qualitätsstandards sowohl der Bildtästhetik als auch der Darstellungskunst stets als Messlatte der Erwartungen eines anspruchsvolleren TV-Publikums erwiesen. Die über 500 Minuten von True Detective - Staffel 2 sind für den Zuschauer einer Tour de Force der Emotionen und werden von den beteiligten Schauspielern mit einer Dynamik und Glaubwürdigkeit präsentiert, die für das Erleben des epischen Formats inzwischen charakterisch sind und bewusst auch an Grenzen führen. Die Serie ist in jeder Hinsicht das Gegenteil leichter Kost und somit einerseits für Neo-Noir-Freunde genau richtig, andererseits für jeden Cineasten schwer verdaulich. Es stimmt, dass manche der Charaktere überzeichnet sind und dass einige der zahllosen Wendungen - man nehme nur das Gefecht mit einer mexikanischen Drogenbande zum Ende der vierten Episode - übertrieben wirken. Mit wunderbar auf den Punkt platzierten Songs von Leonard Cohen, Blind Faith, Lera Lynn, u.a. ist solche Inszenierung einer epischen Erzählung über so viele Konventionen und Grenzen der Filmunterhaltung hinweg im Ganzen jedoch fast (und leider nur fast) ein Meisterstück. Wie so vieles im Kontext Film Noir und Neo Noir ist die zweite Staffel von True Detective weitab vom Mainstream angesiedelt und deshalb auch kein Fernsehfutter für ein Massenpublikum, wie die Reaktionen in den USA deutlich zeigten. Ich kann sie demgegenüber ohne Wenn und Aber empfehlen.
Exzellente 3BD- und 3DVD-Editionen (2016) von Warner Home Video mit allen acht Episoden der Staffel 2 ungekürzt im Originalformat, bild- und tontechnisch schlicht herausragend, dazu die englische und eine deutsche Tonspur, optional deutsche oder englische Untertitel (für Hörgeschädigte), als Extras ein 30minütiges Making Of, Interviews mit den Hauptdarstellern, einige Landschaftsaufnahmen sowie Audiokommentare zu den Episoden 4 und 8.