Laurence Fishburne, Tim Roth, Vanessa Williams, Andy Garcia, Cicely Tyson
© United Artists
Das Staatsgefängnis Sing Sing im Bundesstaat New York im Jahr 1934: Der afro-amerikanische Gefangene Ellsworth “Bumpy“ Johnson (Laurence Fishburne) wird ein letztes Mal dem Gefängnisdirektor (Joe Van Slyke) vorgeführt, der dessen Entlassungsschreiben auf seinem Schreibtisch zur Unterschrift parat liegen hat. Letzterer stellt fest, dass Johnson ein ungewöhnlicher Häftling sei, der Bücher lese, Schach spiele und Gedichte schreibe, zugleich für Mord verurteilt worden sei… Bumpy kehrt mit der U-Bahn in den New Yorker Stadtteil Harlem zurück, der seine Heimat ist. Doch in den Jahren seiner Haft hat die Weltwirtschaftskrise die Verhältnisse, unter denen die farbigen US-Amerikaner dort leben, radikal verändert. Die Armut grassiert, eine legale Anstellung zu finden ist quasi unmöglich, und so ist jenes von der mächtigen Stephanie St. Clair (Cicely Tyson), allerorten nur die “Queen“ genannt, seit Jahr und Tag betriebene illegale Lotteriegeschäft für viele die einzige Möglichkeit, ein paar Dollar zu erwerben. Als sich Bumpy Johnson auf dem Weg zu seinem Cousin Illinois Gordon (Chi McBride) befindet, wird er Zeuge, wie mehrere Männer des Mobsters Dutch Schulz (Tim Roth) unter Führung von Bub Hewlett (Clarence Williams III) einen Laden demolieren und dessen Belegschaft zusammenschlagen. Bub verkündet den schockierten Umstehenden, dass ab sofort nicht mehr Madame Queen sondern nur Dutch Schultz bei der Nummernlotterie in Harlem den Ton angebe…
"I'm a colored man and white folks left me crime.“ In Bill Dukes opulentem, episch angelegten historischem Gangsterdrama finden sich Elemente von Barry Shears Straße zum Jenseits (USA 1972) über Francis Ford Coppolas The Cotton Club (USA 1984) und Joel und Ethan Coens Miller’s Crossing (USA 1990) bis zu Robert Altmans Kansas City (FRA/USA 1996). Im Fahrwasser des Neo Noirs 90er Jahre, der mit Jack Nicholsons ebenfalls in historischer Kiulisse gedrehter Fortsetzung von Roman Polanskis Chinatown (USA 1974) unter dem Titel Die Spur führt zurück (USA 1990) begonnen hatte, zählte Bill Dukes Harlem Action (UK/USA 1991) bereits zu den ersten afro-amerikanischen Dramen jener Dekade, die sich dezidiert auf den Film Noir und auf die unterm Obergbegriff “Blaxploitation“ gefassten Kriminalfilme der frühen 70er Jahre beriefen. Dukes Hoodlum ist ein Gangsterfilm und zwar durch und durch. Auch Harlem Action (UK/USA 1991) spielte als die Verfilmung eines Romans von Chester Himes in dem New Yorker Stadtteil, der dem Werk seinen Namen gab und war in einer historischen Phase, nämlich im Jahre 1956 angesiedelt. Aber schon das erste dieser beiden historischen Epen blieb im Mittelmaß haften, und der nochmals mit mehr Budget und Aufwand inszenierte Hoodlum schneidet leider nicht besser ab. Nicht der Regisseur, nicht die Darsteller – obgleich ich mit dem Over-Acting von Tim Roth beizeiten ernsthaft Probleme hatte – und sicher nicht die Kameraarbeit von Frank Tidy sind hier das zentrale Manko sondern vor allem das Drehbuch von TV-Autor Chris Brancato und deren Rollencharaktere.
“Where Schultz is a psychopath (…) humiliating his black underlings with racist epithets, Johnson sees himself as a Robin Hood protecting an enterprise that (….) is a crucial economic mainstay for Depression-era Harlem“, fasst Stephen Holden für die New York Times eine zentrale Unausgewogenheit im Mit- und Gegeneinander der wichtigen Rollencharaktere zusammen. So können weder Andy Garcias über alle Maßen relaxter Lucky Luciano noch Johnsons große Liebe Francine Hughes, zu Beginn eine bibelfeste und selbstständige Predigerin der Moral und flugs ein dem Luxus verfallenes, liebestolles Anhängsel des Gangsters Bumpy Johnson, nur ansatzweise überzeugen. Einige der Darsteller porträtieren ihre Charaktere mit Verve und Talent, so etwa Chi McBride, Clarence Williams III oder Cicely Tyson. Aber gerade Laurence Fishburne, der in Bill Dukes Jenseits der weißen Linie (USA 1992) perfekt platziert ist, zeigt nicht exakt die Klasse und Vielseitigkeit, derer die komplexe Rolle des Ellsworth “Bumpy“ Johnson bedüfte. Entgegen der Behauptung des Skripts und der Filmhandlung sehen wir nämlich keinen gepeinigten und getriebenen Rollencharakter sondern einen, der von Anbeginn keine Veränderung und Entwicklung erfährt. Kurzum, die behauptete Komplexität findet auf der Leinwand nicht statt, und das auf seine Charaktere und nicht so sehr auf Action bezogene Drama erweist sich in einigen Szenen als geradewegs widersinnig, weil der Zuschauer wohl versteht, was gemeint ist, aber zugleich sieht, was hier bloß behauptet und eben nicht schlüssig umgesetzt wird. Schade!
Unter dem deutschen Videotitel Harlem N.Y.C. – Der Preis der Macht gibt es eine aufwändig gestaltete BD- Edition (2019) als limitiertes Mediabook von NSM Records mit dem Film ungekürzt im Originalformat, dazu den original englischen Ton und die deutsche Synchronisation plus optional deutsche Untertitel, den US-Kinotrailer und den deutschen Trailer (der Film lief allerdings nie im deutschen Kino) und mit einem 16seitigen Booklet als Extras. Die DVD-Ausgabe (2001) der Twentieth Century Fox Home Entertainment Deutschland GmbH bietet lediglich den US-Kinotrailer als Extra, entspricht im Übrigen aber der neuen BD und verfügt zusätzlich über Tonspuren auf Französisch, Italienisch, Spanisch sowie UT auf Englisch, Spanisch, Schwedisch, Niederländisch, Französisch, Italienisch, Finnisch, Norwegisch und Dänisch.