Nile Hilton Affäre, Die

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Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
****
Originaltitel
The Nile Hilton Incident
Kategorie
Neo Noir
Land
MAR/SWE/DNK/GER/FRA
Erscheinungsjahr
2017
Darsteller

Fares Fares, Mari Malek, Yaser Maher, Ahmed Seleem, Slimane Dazi

Regie
Tarik Saleh
Farbe
Farbe
Laufzeit
107 min
Bildformat
Widescreen

 


 

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Kairo, Hauptstadt Ägyptens, am 15. Januar 2011: Major Noredin Mostafa (Fares Fares) ist Polizeioffizier und lebt als Witwer allein. Sein Fernsehapparat ist kaputt und Saleh (Ahmed Hefny), Hausmeister des Apartment-Blocks, hat es versäumt das Gerät reparieren zu lassen. In einem Internet-Café trifft sich Noredin mit seinem Untergebenen Momo (Mohamed Yousry), der ihn eifrig unterstützt ein Facebook-Konto anzulegen, damit sich Noredin mal mit einer Frau treffen kann. Die Polizisten fahren durch Straßen eines Ladenviertels, wo sie von Händlern Schutzgelder eintreiben, damit die Kaufleute in Ruhe schalten und walten können. Am Abend kehrt Noredin in seine Wohnung zurück und verstaut ein Bündel Banknoten, sein Anteil an den Tageseinnahmen, im Gefrierfach des Kühlschranks. Vor dem Fernseher mit seinem verzerrten Bild hört er eine Rede des ägyptischen Präsidenten Muhammad Hosni Murabak, bevor er sich einen Joint anzündet und tief inhaliert… Die aus dem Sudan stammende Einwanderin Salwa (Mari Malek) fährt mit dem Bus zum Luxushotel The Nile Hilton, wo sie als Putzfrau arbeitet. Als sie ihren Handwagen durch den Flur schiebt, hört sie aus einem Zimmer die schrillen Beschimpfungen einer Frau. Ein gepflegter Herr (Ahmed Seleem) tritt aus der Tür, indessen er sich eine goldene Uhr übers Handgelenk streift, und Salwa reinigt ein Zimmer. Der Herr passiert im Foyer eine Sitzgruppe. Ein Mann (Slimane Dazi) erhebt sich und geht zu dem Zimmer, das der elegante Hotelgast soeben verließ und darin die Frau allein zurückblieb…

 

Die internationale Co-Produktion spielt in den Tagen vor der ägyptischen Volksrevolution, die im Januar 2011 den Regenten Muhammad Hosni Mubarak zu Fall brachte. Sie beruht auf wahren Begebenheiten und gibt dem Zuschauer der westlichen Hemisphäre Einblicke in Mechanismen der Herrschaft eines Landes, wie sie sonst auf der Kinoleinwand kaum einmal zu sehen sind. Doch Vorsicht! Sein Regisseur Tarik Saleh ist in Schweden geboren und ansässig; der Film wurde ohne eine ägyptische Beteiligung in Casablanca gedreht und durfte in Ägypten auch nicht aufgeführt werden. Man sollte diesen Neo Noir, beruht er auch auf Tatsachen, daher nicht als Dokumentation missverstehen  - das ist er nicht und gibt er auch nicht vor zu sein. Die Nile Hilton Affäre ist deshalb ein gelungenes und anrührendes Drama, weil es seine Rollencharaktere und deren gesellschaftliches Umfeld in einer Art einfühlsam und doch präzise bebildert, wie es (sogar) im Erzählkino dieser Tage selten ist. Drehorte und Schauspieler beeindrucken auf ganzer Linie, und dass auch der Regisseur und sein Kameramann in ihrem Metier keine Anfänger sind, zeigt sich nicht zuletzt an der Ruhe und Selbstsicherheit, mit der sie ihre Erzählung aufs Gleis setzen.

 

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© EuroVideo Medien GmbH

“Jeder hält hier die Hand auf und alle halten den Mund; Misshandlungen und Bestechungen sind an der Tagesordnung“, schreibt Sonja Hartl für Kino-Zeit und das stimmt. Zentrales Thema der Geschichte ist die Dehumanisierung des Lebens durch die Taktiken und das skrupellose Vorgehen von Herrschaftsformen in nahezu allen gesellschaftlichen Klassen. Die mächtigen Politiker und Wirtschaftsoberen genießen Narrenfreiheit. Sie kaufen sich von aller Verantwortung frei. Und alle anderen lassen sich dafür gut bezahlen. Alleinherrscher ist das Geld – die Traditionen und ihre Gesetze der Ethik, des Anstands und der Moral sind nichts als Fassade. Eine solche Gesellschaft ist letztlich durch und durch korrupt, und der Einzelne stets in Gefahr. Sie traue niemandem, gibt Salwa gegenüber Clinton (Ger Duany), dem inoffiziellen Oberen der sudanesischen Auswanderer, zu verstehen, so als ob es sich um ein Naturgesetz handele, dass sie mit der Muttermilch eingesogen habe. Das Ausmaß der Lügen und des Selbstbetrugs verdichtet sich zu einem solchen Dickicht der Amoralität, dass die im Grunde simple Erzählung zunehmend Zwischentöne anreichert. Zugleicht liegt hierin der Grund, dass ihre Entwicklung vor allem in der zweiten Hälfte schwer vorhersehbar wird. Neo Noirs aus dem arabischen Sprachraum und solche vom afrikanischen Kontinent sind selten. Die Nile Hilton Affäre hätte mit Blick auf ihre Rollencharaktere nach meinem Dafürhalten noch zugespitzter sein dürfen. Komplementär zu Zeit des Zorns (IR/GER 2010) und Viva Riva – Zuviel ist nie genug (COD/FRA/BEL 2010) ist er für Cineasten allemal ein Genuss jenseits der in den USA und in Europa ausgetretenen Pfade des zeitgenössischen Thrillers. Rundum empfehlenswert!

 

Erstklassige BD- und DVD-Editionen (2018) der Port au Prince Pictures GmbH, Berlin, im Vertrieb der EuroVideo Medien GmbH mit dem Film ungekürzt im Originalformat, bild-und tontechnisch exzellent, inklusive der original arabischen Tonspur und plus einer deutschen Synchronisation, dazu optional deutsche Untertitel und den original Kinotrailer als einziges Extra.

 


Neo Noir | 2017 | International | Tarik Saleh | Fares Fares | Slimane Dazi

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