William Holden, Nina Foch, Lee J. Cobb, Adele Jergens, Stephen Dunne
© Columbia Pictures Corporation
New York: Wenn er mit dem Omnibus an seiner Arbeitsstelle, der Central Police Station, ankommt, ist für den Polizeipsychiater Dr. Andrew Collins (Lee J. Cobb) die Kurzweil der Beobachtung von Passagieren im Bus vorüber. Jetzt muss er wissen, was er tut, denn Diagnose und Behandlung von inhaftierten Kriminellen stehen im Zentrum seiner Tätigkeit. Heute interessiert er sich für John Larrapoe (Harry Harvey jr.), einen Delinquenten mit mehrjährigem Vorstrafenregister, dessen verbittert renitentes Verhalten es ihm angetan hat. Der zuständige Police Detective Williams (Robert B. Williams) ist nicht davon überzeugt, dass dem 18jährigen mit einer psychotherapeutischen Behandlung geholfen werden könne. In seinem Büro bittet Collins Williams zu einer Unterredung. Er erzählt ihm, wie er als Professor einer Universität einst in den Fall des Gangsters Al Walker (William Holden) verwickelt wurde… Es trug sich an einem Freitag zu, ein langes Wochenende lockte ihn und seine Frau Ruth (Lois Maxwell) nebst Sohn Bobby (Robert Hyatt) zu einem Jagdausflug in ihr in den Wäldern gelegenes Landhaus. Die Freunde Frank (Wilton Graff) und Laura Stevens (Adele Jergens) sollten sie begleiten und Professor Fred Lindner (Steven Geray) versprach, sich um Collins‘ Jagdgewehr zu kümmern und es ihm auf dem Weg ins eigene Landhaus am Abend vorbeizubringen. Zur gleichen Zeit befand sich der am Morgen aus dem Gefägnis ausgebrochene Al Walker mit seiner Freundin Betty (Nina Foch) auf der Flucht…
Rudolph Matés The Dark Past ist einer jener Filme, denen man nicht vorwerfen kann, dass sie per se schlecht seien, nur eben unerträglich schwach. Zu guter Letzt ist der Unterschied für den Zuschauer marginal. Hier gibt es Szenen, die so naiv und unglaubwürdig sind, dass man innerlich aufstöhnt. Ich konnte mich letztlich nicht dazu durchringen, den Film im Portal mit drei Sternen zu bewerten und nicht bloß mit zwei, und ich habe meine Gründe dafür. Mit Blick auf das in der zweiten Hälfte der 40er Jahre zugkräftige Thema der Psychoanalyse als Therapieform rangiert The Dark Past noch unterhalb der ebenfalls banalen und zuletzt lächerlichen Darstellung in Alfred Hitchcocks Ich kämpfe um dich (USA 1945), einem der schwächsten Filme des Meisters internationalen Thrillerkinos. Beide Werke haben eins gemeinsam: Am Ende von Diagnose und Behandlung im Turbotempo steht der unbestreitbare Therapieerfolg. Die jeweiligen Therapeuten dringen als Traumdeuter mit schlichtweg hellseherischen Fähigkeiten in das Gedächtnis ihrer Patienten ein und übersetzen alle “Symbole“ der Bilderwelten in der Traumwelt auf Anhieb richtig. Das ist in der jeweiligen Inszenierung bestenfalls eine Lachnummer und zwar nicht erst heute, nach weiteren 70 Jahren Erfahrung und Entwicklung der Psychoanalyse, sondern auch damals, als Wissenschaftler und Therapeuten die Theorie und Praxis ihrer Profession mit Seriösität und intellektueller Redlichkeit zu definieren suchten. Immerhin sollte man The Dark Past zugute halten, dass die Intention aller Autoren des Drehbuchs und seines Regisseurs ehrenwert ist. Das Werk wirbt um Einsicht in die teils von Traumata belastete psychische Disposition von Kriminellen und folgt Erkenntnissen, die nach der Behandlung von Kriegsheimkehrern eine erhöhte Medienaufmerksamkeit genossen. Im Film Noir war das seinerzeit ein Schlüsselthema, so etwa in Joseph L. Mankiewizc‘ Somewhere In The Night (USA 1946) oder in Anthony Kimmins‘ Tödliches Geheimnis (UK 1947) - beides um Längen bessere Filme.
“Now, if we only could find out what those symbols stand for, we would know what the dream means, and you’d never dream it again as long as you live.” Obgleich die Schaupieler Cobb und Holden untadelig agieren, ist das Verhältnis ihrer Rollencharaktere Al Walker und Dr. Andrew Collins in solcher Situation einer Geiselnahme aufgrund der Flucht vor der Polizei schlicht grotesk. Sowohl in Fergus McDonells Die Stimme des Gewissens (UK 1948) als auch in John Hustons Gangster in Key Largo / Hafen des Lasters (USA 1948) und obwohl in letzterem die psychische Disposition des Gangsters zwar dargestellt, aber quasi nicht „genutzt“ wird, ist solches Verhältnis präziser und glaubwürdiger gefasst als hier. Wenn Polizeipsychiater Collins seine Erzählung wie ein Lehrstück im Hörsaal beschließt, hat der Zuschauer das Gefühl, einer pseudodokumentarischen Kapriole der Volkserziehung beigewohnt zu haben, wie sie zu Beginn des kalten Krieges in den späten 40er Jahren keinesfalls selten war. In den USA hat man für alle mit dem erhobenen Zeigefinger verfassten Drehbücher den Begriff “heavy handed“ entwickelt, und das ist, milde geurteilt, was The Dark Past kennzeichnet. Trotz einer gelungenen Traumsequenz und einer ebensolchen Rückblende in Al Walkers Kindheit lässt die Farce einer Psychotherapie den Film am Ende als B-Produktion unterm Durchschnitt erscheinen. Das ist bedauerlich, denn hier wurde einiges an Potential verspielt.
Meines Wissens ist The Dark Past nur in Spanien als Cerco de odio jemals als DVD-Edition (2011) der lokalen Sony Pictures Home Entertainment erschienen und zwar mit dem Film ungekürzt im Originalformat, bild- und tontechnisch solide (aber offenbar nicht zwecks DVD-Veröffentlichung restauriert), dazu den original englischen Ton oder eine spanische Tonspur, optional portugiesische Untertitel und schließlich eine Bildergalerie als Extra.