Tom Conway, Jean Brooks, Isabel Jewell, Kim Hunter, Evelyn Brent
© Warner Bros.
In dem altehrwürdigen Internatsgebäude schellt die Pausenglocke und die jungen Frauen strömen die Treppe hinunter, bloß Mary Gibson (Kim Hunter) geht aufwärts zum Büro der Direktion. Die gutmütige Mrs. Swift (Edythe Elliott) ist ihrer Schülerin wohlgesonnen, doch seit 6 Monaten hat Marys Schwester Jacqueline (Jean Brooks) bereits keine Schulgebühr mehr gezahlt. Sie ist die einzige Verwandte, die Mary Gibson noch hat, aber laut Mrs. Swift scheint Jacqueline in New York, wo sie lebt, zurzeit nicht auffindbar. Die Direktorin bietet ihr im Beisein der Lehrerin Mildred Gilchrist (Eve March) an, als Hilfslehrerin zu bleiben, doch Mary will sich auf die Suche nach ihrer Schwester begeben… In New York sucht Mary Esther Redi auf, (Mary Newton), Jacquelines Partnerin in deren Kosmetikfirma La Sagesse Comestics Inc., welche die junge Frau darüber informiert, dass Jacqueline ihr schon vor 8 Monaten ihre Geschäftsanteile verkauft habe. Privat sei man separate Wege gegangen, sie habe keinen Kontakt mehr zu Jacqueline. Zufällig trifft Mary auch Frances Fallon (Isabel Jewell), eine frühere Freundin, die dort arbeitet.Letztere ist erstaunt, dass Jacqueline nichts von sich habe hören lassen, da ihr die Schwester doch so wichtig gerwesen sei. Erst vor einer Woche, erklärt Frances, habe sie selbst Jacqueline im Dante gesehen, einem italienischenRestaurant auf der Perry Street. Und da Mary Gibson keinerlei Anhaltspunkte als diesen einen hat, begibt sie sich gleich dorthin, wo sie auf der Suche nach den Inhabern in die Küche tritt…
“We are happy, Mrs. Romari. You have everything, and I have nothing to lose.” Der als Vladimir Leventon in Russland geborene und später in Hollywood als Val Lewton bekannte Produzent und Autor hinterließ mehrere Spuren in der B-Film-Historie der 40er Jahre. Zwischen 1942 und 1946 inszenierte er für das Studio RKO Radio Pictures im Ganzen elf Thriller, die zumeist dem Genre des Horrorfilms zuzurechnen sind, beizeiten den Film Noir aber mehr als nur streifen. Neben dem von Jacques Tourneur meisterhaft in Szene gesetzten Klassiker Katzenmenschen (USA 1942) sticht diesbezüglich vor allem The Seventh Victim hervor. Als eine Detektivgeschichte mit Gruselflair, das zwar einen Satanistenkult in den Mitteplupunklt rückt, das Übersinnliche aber konsequent ausklammert, lebt der Film von der vorzüglichen Kameraarbeit Nicholas Musuracas, Jener prägte von Stranger On The Third Floor (USA 1940) bis zu Großstadthyänen (USA 1961) den Film Noir der USA maßgeblich mit. Die B-Filme Val Lewtons sind nicht wegen ihrer zumeist eher simplen Kriminal- und Gruselgeschichten so besonders. Es sind deren merkwürdige Details, die oft beklemmende Atmosphäre und solche mehr als nur schrägen Charaktere, die noch den heutigen Zuschauer zu der Einschätzung bringen, das ihnen etwas für das sonst konservative US-amerikanische “Wartime Hollywood“ Untypisches innewohnt. In The Seventh Victim verzeichnet die Beziehung zwischen Jacqueline Gibson und Frances Fallon eine eindeutig lesbische Note. Zudem ist das Filmende derart wider den Zeitgeist, dass sogar der erfahrene Cineast die Augenbrauen hochzieht. Lewton selbst hat sich seinerzeizeit eindeutig zu The Seventh Victim als einem Film mit einer Botschaft bekannt, die da lauten soll: “Death is good.“
”The Seventh Victim is almost never classified as a film noir when it’s a fine example of the film style”, schreibt Steve-O für Film Noir of the Week. Solches Schicksal teilt er mit vielen Filmen der Zeit, die erst im neuen Jahrtausend, im Zeitalter der Digitalisierung jenes filmischen Erbes, in das Licht einer breiter gestreuten Aufmerksamkeit rücken. Beim ersten Mal hat mich der Film nicht sonderlich beeindruckt. Zusehr war ich auf die Geschichte fokussiert, was ja nie ein Fehler ist. Doch The Seventh Victim verlangt jene besondere Aufmerksamkeit für die Interaktion einer Vielzahl von Charakteren, die nahezu alle aus dem handelsüblichen Schema der Drehbuchschmiede im damaligen Hollywood herausfallen. Das Werk ist weit weniger harmlos als andere Film Noirs der Spätvierziger und seiner Zeit eindeutig voraus. Kim Hunter sollte mit der Rolle der Stella in Endstation Sehnsucht (USA 1951) unvergesslich bleiben. Regisseur Mark Robson schuf mit Zwischen Frauen und Seilen (USA 1949) ein Meisterwerk des Film Noir und verhalf Kirk Douglas zum Durchbruch. Val Lewton wollte ins Fach A-Produktionen wechseln, doch seine drei zwischen 1949 und 1951 produzierten Filme floppten. Bereits 1951 starb der 46jährige. In dem von Autor und Regisseur Kent Jones inszenierten Dokumentarfilm Val Lewton: The Man In The Shadows (USA 2007) führt dessen Bewunderer Martin Scorsese durch Lewtons Leben und Werk.
Erstklassige DVD-Edition (2005) der französchen Editions Montparnasse in deren Collection RKO, die den Film ungekürzt im Originalformat bietet, bild- und tontechnisch exquisit restauriert, optional mit französischen Untertiteln, sowie mit einer dreiminütigen Einführung durch Serge Bromberg (auf Französisch) als Extra. Eine englische DVD (2010) stammt von Odeon Entertainment Ltd. und auch eine italienische DVD-Ausgabe (2010) als La settima vittima bringt den Film ebenfalls in der schon erwähnten, restaurierten Fassung.
Bestandteil der Val Lewton Horrorfilm-Box (9 Filme)
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Filmhistorisch wird 'The Seventh Victim' gemeinhin eher dem Gruselfilmgenre der 40er Jahre zugeordnet; gewisse Noir-Elemente sind freilich ebenfalls vorhanden.
Ich empfehle den Streifen als Bestandteil der in Amerika erschienenen 'Val Lewton Horror Collection' (Regionalcode 1). Darin finden sich noch einige andere Klassiker und Semiklassiker, welche der früh verstorbene Produzent Lewton mit verschiedenen renommierten Regisseuren (u.a. Robert Wise & Jacques Tourneur) vor mehr als 60 Jahren in die Kinos gebracht hat.
Siehe:
http://www.stephenjoneseditor.com/dvd2005-vallewtoncollection01.htm
http://www.slantmagazine.com/dvd/review/the-val-lewton-horror-collection