Film Noir
| France
| 1953
| Peter Cheyney
| Bernard Borderie
| Eddie Constantine
| Howard Vernon
| Maurice Ronet
| Raymond Meunier
Bewertung
***
Originaltitel
La môme vert-de-gris
Kategorie
Film Noir
Land
FRA
Erscheinungsjahr
1953
Darsteller
Eddie Constantine, Dominique Wilms, Howard Vernon, Darío Moreno, Maurice Ronet
Regie
Bernard Borderie
Farbe
s/w
Laufzeit
96 min
Bildformat
Vollbild
Casablanca in Marokko: So einige der ruhelosen Seelen der Stadt, Europäer oder Einheimische, treffen sich nach Mitternacht im Le Naufrage, - auf Deutsch Schiffbruch - dem Nachtclub Joe Madrigals (Dario Moreno). Zu den Klängen von Barjazz begutachtet man Striptänzerinnen, trinkt und raucht. Nur in der Garderobe von Carlotta de la Rue (Dominique Wilms) ist ein Streit entbrannt, bei dem Mickey (Maurice Ronet) sich echauffiert, dass er bloß 10 Prozent eines Profits erhalten solle, nachdem er den Kontakt zu Willie (Jean-Marie Robain) hergestellt habe, wofür er 15 Prozent erwarte, da er sonst für den Ausstieg Willies sorge. Da zersplittert eine leere Flasche auf seinem Kopf und er geht zu Boden. Indessen hört nicht mal der Journalist G.D.B. (Jean-Marc Tennberg), der angetrunken über den Korridor torkelt, wie jemand die Glasscheibe der Garderobentür mutwillig einschlägt. Als kurz darauf der Inspektor (Gaston Modot) den Abtransport des Schwerverletzten begutachtet, erklärt ihm Joe Madrigal, wie es zu dem Zwischenfall gekommen sei – der betrunkene Mickey sei in die Glastrür gefallen. Als jener in der Ambulanz auf dem Weg zum Hospital von einer Maybury und zwei Millionen US-Dollar in Kisten zu fantasieren beginnt, schöpft der Inspektor Verdacht. Im Krankenhaus stirbt Mickey, so dass man anderweitig Informationen einholen muss, nicht zuletzt beim FBI in Washington. Dessen Direktor (Don Ziegler) ist aufs Höchste alarmiert. Er hat Mickeys Gefasel sofort als streng geheimes Wissen identifiziert. So schickt er seinen Agenten Lemmy Caution (Eddie Constantin) inkognito nach Casablanca…
“French noir of the 1950’s, as did British film noir, showed a greater American influence, often via Série Noire. A popular series of gangster thrillers featured the American actor Eddie Constantin as “Lemmy Caution”, (…) including “La môme vert de gris” (Poison Ivy, 1953)”, schreibt Andrew Spicer in seinem Buch Historical Dictionary of Film Noir (2010). Bis auf Jean-Luc Godards zwölf Jahre später ebenfalls mit dem US-Amerikaner Eddie Constantine und mit dem Engländer Howard Vernon besetzten französischen Klassiker Lemmy Caution gegen Alpha 60 (FRA/ITA 1965) ist dieser erste Film der genannten Serie zugleich der einzige, der dem Film Noir überhaupt nahekommt. Im Nu sollte die Agentenreihe mit Eddie Constantin (meist unter der Regie Bernard Borderies) in Banalität und Klamauk versinken, mit deutschen Titeln wie Rote Lippen - Blaue Bohnen (FRA 1955), die den Inhalt zutreffend wiedergeben. Natürlich ist auch Im Banne des blonden Satans ein dämlicher Name für einen Film nach dem Roman Poison Ivy (EA 1937) des Engländers Peter Cheyney, der in Frankreich 1949 in Marcel Duhamels legendärer Série Noire als La môme vert-de-gris erschien und dessen gleichnamige Verfilmung auf Deutsch z.B. Die grau-grüne Dame hätte heißen können. Dass der Roman 1954 in Deutschland, auf dem Umschlag Bilder der Verfilmung Borderies, als Hiebe auf den ersten Blick erschien, schlägt dem Fass den Boden aus… Dennoch ist der Film, vom albernen Machismo des Agenten Lemmy Caution abgesehen, als Thriller zu verstehen, der mit einem Erzähler aus dem Off anhebt, der die Nacht in Casablanca und deren Bewohner als Getriebene vorstellt. Zudem verspricht der deutsche Titel, dass hier eine Femme fatale des Film-Noir-Universums eine Rolle spielt, die den Protagonisten in ihren „Bann“ schlägt, und so ist es tatsächlich.
”Poison Ivy is clearly inspired by American film noir (…) It features a classic film noir femme fatale in the person of the glamorous night-club singer Carlotta de la Rue”, schreibt dfordoom für Cult Movies Reviews. Allemal ist der Auftakt vielversprechend, mit dem Schauplatz Casablanca, das real und keine Studiokulisse ist, sowie der durchaus guten Kameraarbeit Jacques Lemares, der Jean Renoirs Die Spielregel (FRA 1939) auf Zelluloid bannte. Aber die Inszenierung Eddie Constantines als Agent Lemmy Caution, Hansdampf in allen Gassen, und dessen dickfellige Selbstgerechtigkeit als ein James Bond im Westentaschenformat – all das ist nicht bloß störend sondern heutigentags einzig lachhaft. Hier helfen die soliden Darsteller in Nebenrollen, die undurchsichtige Femme fatale und die zahlreichen Wendungen der Geschichte nicht viel. Im Banne des blonden Satans ist von jenen Pseudo-Film-Noirs der Prä-McCarthy-Ära beeinflusst, darin Edgar J. Hoover als heimlicher Mitfinanzier das heldenhafte Tun der US-amerikanischen Bundesbehörde glorifizierte, etwa Geheimagent T (USA 1947) oder Straße ohne Namen (USA 1948). Wie die James-Bond-Reihe der Sechziger zeigt der Film seinen Undercover-Agenten als einsamen Helden, dem im Auftrag des Vaterlands jedes Mittel Recht und dem alles erlaubt ist. Kein Zufall also, dass sich Jean-Luc Godard Mitte der Sechziger Lemmy Caution aussuchte, um im Rahmen von dessen stereotypem Rollenverhalten eine finstere Dystopie zu entwerfen.
Bildtechnisch sehr gute DVD-Ausgabe (2005) der Universum Film GmbH, die im Rahmen der 3DVD-Box Eddie Constantine Collection No. 1 – Lemmy Caution erschien, die noch zwei spätere Titel der Serie beinhaltet. Ungekürzte Spielzeit im Originalformat, Tonspuren und Untertitel wahlweise auf Deutsch oder Französisch.