Neo Noir
| USA
| 1986
| David Lynch
| Brad Dourif
| Dennis Hopper
| Jack Nance
| Isabella Rossellini
| Laura Dern
Bewertung
***
Originaltitel
Blue Velvet
Kategorie
Neo Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1986
Darsteller
Kyle MacLachlan, Isabella Rossellini, Dennis Hopper, Laura Dern, Dean Stockwell
Regie
David Lynch
Farbe
Farbe
Laufzeit
116 min
Bildformat
Widescreen
© Concorde Home Entertainment GmbH © MGM Home Entertainment Inc.
Der Student Jeffrey Beaumont (Kyle MacLachlan) stammt aus der US-amerikanischen Kleinstadt Lumberton, in die er während seiner Semesterferien auch regelmäßig zurückzukehren pflegt. Hier scheint die Welt rundum in Ordnung zu sein. Gepflegte Vorgärten, artige Schulkinder und den Rasen mähende Väter beherrschen die Szenerie. Aber plötzlich entdeckt Beaumont auf einer Wiese ein abgetrenntes, menschliches Ohr. Zusammen mit Sandy (Laura Dern), der Tochter eines Polizisten, beginnt er, diesem so grausigen wie rätselhaften Fund nachzuspüren. Bei seinen Ermittlungen trifft er bald auf die Nachtclubsängerin Dorothy (Isabella Rossellini) und einen gewissen Frank (Dennis Hopper). Und eher er sich versieht, taucht Jeffrey in eine ihm bis dato unbekannte Welt - in einen Strudel monströser Leidenschaft und Gewalttaten…
Als der Film 1986 in die Kinos kam, galt er einer international wachsenden Fangemeinde als ein weiteres, einzigartiges Kultwerk des Außenseiters David Lynch. Dessen nächste Produktionen machten deutlich, dass der an Film-Noir-Zitaten reiche Blue Velvet zur Blaupause für vieles Kommende wurde. Die Suche nach einer Welt hinter der Welt, nach den Schattenseiten hinter jener bürgerlichen Kulissenschieberei – das ist ein Film-Noir-Thema per se. In der klassischen Periode rührten Joseph L. Lewis’ Gefährliche Leidenschaft (USA 1950), Ida Lupinos The Hitch-Hiker (USA 1953) und später J. Lee Thompsons Ein Köder für die Bestie (USA 1962) an den Einbruch des Abgründigen ins scheinbare Idyll des US-amerikanischen Alltags.
Gemäß der Zeit seiner Entstehung stellt David Lynchs Neo Noir in den Mittachtzigern die Gegenwelt der Obsessionen dem bürgerlichen Dasein nicht als dessen entartete, verbotene Variante gegenüber. Die Überzeichnung seiner Rollencharaktere als "sick" und pathologisch-komplex ergibt sich der Faszination solcher Andersartigkeit, indem sie diese als unverrückbaren Bestandteil der bürgerlichen Gesellschaft annimmt. Doch leider ist Blue Velvet wie viele Filme David Lynchs derart im Zeitgeist und in der Popkultur (jener Achtziger eben) verhaftet, dass manches davon heute nicht mehr überzeugend anmutet – so etwa auch das Schauspiel Isabella Rossellinis. Zudem erweisen sich das recht konventionelle Ende und die offensichtlichen Stilzitate auf lange Sicht eher als Mängel. Alles in allem ist der Film trotz seines schon frühzeitig von der David-Lynch-Gemeinde ausgerufenen Prädikats Kultfilm damit kein Muss. Er ist andererseits für diejenigen Cineasten, die sich für sehr exemplarische und versiert zitatenreiche Neo-Noir-Filme begeistern können, auch kein Ärgernis, da er trotz klischeehaft abgegriffener Momente seine Sache konsequent zu Ende bringt. Allemal sind Lost Highway (FRA/USA 1997) und vor allem Mulholland Drive - Straße der Finsternis (FRA/USA 2001) die deutlich besseren Neo Noirs von David Lynch.
Die deutschen BD- und DVD-Editionen (ab 2002) der MGM Home Entertainment GmbH sind durchweg gut, sowohl in der bildtechnischen Qualität als auch in der Ausstattung - englischer und deutscher Ton, beide Sprachen als Untertitel, original Bildseitenformat und ungekürzte 116 Minuten Laufzeit plus Extras.