Neo Noir
| USA
| 1998
| Danny Cannon
| Anthony LaPaglia
| George Murdock
| Giancarlo Esposito
| Giovanni Ribisi
| Ray Liotta
| Tom Noonan
| Anjelica Huston
| Brittany Murphy
Bewertung
****
Originaltitel
Phoenix
Kategorie
Neo Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1998
Darsteller
Ray Liotta, Anthony LaPaglia, Daniel Baldwin, Giancarlo Esposito, Anjelica Huston
Regie
Danny Cannon
Farbe
Farbe
Laufzeit
103 min
Bildformat
Widescreen
Es ist Nacht in Phoenix. Unaufhörlich prasselt der Regen auf den Asphalt. In einem Industriegebiet braust ein Wagen in einen Kistenstapel. Detective Harry Collins (Ray Liotta) schleppt sich in eine leer stehende Lagerhalle. Er blutet aus einer Wunde in der Bauchgegend. Mit einer blutverschmierten Hundertdollarnote entzündet er sich eine Zigarette und fängt zwei Kakerlaken, die er im Zwielicht der Straßenbeleuchtung ein Rennen laufen lässt. "I lost again“, stöhnt er… Sie waren zu viert - vier Polzisten: Harry Collins, Mike Henshaw (Anthony LaPaglia), James Nutter (Daniel Baldwin) und Fred Shuster (Jeremy Piven). An Tatorten rissen sie über den Leichen von Verbrechern ihre Witze und schlossen Wetten ab. Denn Harry ist ein Spieler und hochgradig wettsüchtig. Er ist abergläubisch und beim Buchmacher Chicago (Tom Noonan) bis über beide Ohren verschuldet. Auch Mike unterhält Kontakte zur Unterwelt, die seinen Lebensstil aufzubessern helfen. Für den Zuhälter Louie (Giancarlo Esposito) treibt er bei Zahlungsunwilligen die Schulden ein und ist damit nicht zimperlich. Doch als bei Harry und Mike so ziemlich alles schief läuft, muss schnell etwas geschehen, das ihnen Kopf und Kragen rettet. Zu allem Überfluss hat Mike ein Verhältnis mit Freds Frau Katie (Kari Wuhrer). Und Harry lernt die alleinstehende Mutter und Bardame Leila (Anjelica Huston) kennen…
„Hartes, kompromissloses Cop-Movie in Noir-Manier“, heißt es bei mediabiz.de und die Einschätzung trifft es. Phoenix – Blutige Stadt ist ein grandioser Neo Noir, der in seiner Inszenierung und in seinen Themenkreisen eine Reihe klassischer Film-Noir-Elemente in eine rasante Tour de force katapultiert. In der Stadt Phoenix schalten durch und durch korrupte Polizisten, deren exzessive Lebensweise ein Stadium erreicht hat, darin die Unterscheidung zwischen Recht und Unrecht unmöglich wird. Beginnend mit Van Heflin in Dem Satan singt man keine Lieder (1951) über Orson Welles in Im Zeichen des Bösen (1958) führte solche Tradition bis zu Harvey Keitel in Bad Lieutenant (1992) , Danny Cannon spinnt sie konsequent weiter. Jene rastlose Gier nach mehr und immer noch mehr Kicks wird durch eine in Harry Collins tief verwurzelte Ethik gebrochen, als seine Begegnung mit Leila zum Spiegel der eigenen Entartung und Tragik wird. Ray Liotta und Anjelica Huston sind in ihren Rollen schlicht hinreißend – zwei fantastische Schauspieler, die solche Charaktere von Grund auf mit Leben füllen. Im Übrigen ist Anjelica Huston die Tochter des legendären John Huston, der 1941 mit Die Spur des Falken / Der Malteser Falke den Film Noir auf sein Gleis setzte.
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Aber Phoenix – Blutige Stadt überzeugt auch sonst. Tief im Film Noir ist schon dessen Skript verwurzelt, das eine heimliche Femme fatale, reihenweise unangenehme Überraschungen und eine Prise tiefschwarzen Humors serviert. Danny Cannon zeigt mit einer ebenso lässigen wie straffen Dramaturgie den Tarantinos unter den Thriller-Regisseuren, wo der Bartel den Most holt. Die Bilderwelten des Kameramanns James L. Carter (One False Move, 1992) und das Auffalten der ineinander verwobenen Erzählstränge sind durchweg erstklassig. Im Finale ist die Sequenz der Abschlüsse, die Harry durchlaufen muss, ein wenig over the top und wirkt leider unglaubwürdig. Dennoch bleibt Phoenix – Blutige Stadt mit einer wunderbaren letzten Einstellung ein Film, den der Film-Noir-Freund sich unbedingt ansehen sollte. Trotz minimaler Einschränkungen ist das ein Neo Noir vom Feinsten. Sogar musikalisch ist manches treffsicher untermalt – Robert Johnsons Terraplane Blues und Ry Cooders I Can’t Win passen sich perfekt ein. Unbegreiflich bleibt nur, weshalb Danny Cannon als Regisseur und Produzent der unsäglichen TV-Polizeiserie CSI und anderweitig banalen Fernsehfutters enden musste.
Bildtechnisch sehr gute Edition von EuroVideo, an der es nichts auszusetzen gibt: Originalformat und ungekürzte Spielzeit, deutscher und englischer Ton, dazu deutsche Untertitel. Die Einstufung FSK 18 ist mit Blick auf die harte Gewalt in anderen Thriller- und Horrorfilmen mit Jugendfreigabe nicht ganz nachvollziehbar und verdankt sich wohl eher der schrankenlosen Amoralität fast aller Charaktere.