Post Noir
| UK
| 1960
| Val Guest
| Donald Pleasance
| John Crawford
| Stanley Baker
| Billie Whitelaw
| Marianne Stone
| Maxine Audley
Bewertung
***
Originaltitel
Hell Is A City
Kategorie
Post Noir
Land
UK
Erscheinungsjahr
1960
Darsteller
Stanley Baker, John Crawford, Donald Pleasance, Billie Whitelaw, Maxine Audley
Regie
Val Guest
Farbe
s/w
Laufzeit
98 min
Bildformat
Widescreen
Schwerverbrecher Don Starling (John Crawford) bricht aus dem Gefängnis aus, wobei er einen Wachmann tötet. Er schart seine frühere Bande um sich und luchst dem Buchmacher Gus Hawkins (Donald Pleasance) in einem spektakulären Raub 4000 englische Pfund ab. Doch kommt bei der Tat ein 19jähriges Mädchen ums Leben und Inspektor Harry Martineau (Stanley Baker) begibt sich auf Starlings Spur. Die beiden kennen sich aus Kindertagen, und der hartgesottene Inspektor ist in den Hinterhöfen und Bars der Unterwelt mehr Zuhause als bei seiner zutiefst frustrierten Frau Julia. So sind Martineau und die Bardame Lucretia "Lucky" Luske (Vanda Godswell) weit eher aus einem Holz und bewegen sich stets am Rande des Flirts. Doch während Martineaus Privatleben zerfällt, liefert ihm der skrupellose Don Starling, seinerseits Liebhaber von Gus Hawkins’ Frau Chloe (Billie Whitelaw), eine rasante Hetzjagd in und um Manchester, die den Inspektor auf unerwartete Fährten lockt…
Ein Post Noir der britischen Hammer Film Productions, der damals durch Horrorproduktionen mit Christopher Lee und Peter Cushing (Dracula, UK 1958) Erfolg beschert war. Auf dem Regiestuhl Routinier Val Guest, der pro Jahr drei bis vier Filme abdrehte. Doch er macht seine Sache, laut eigenen Angaben von Jules Dassins Stadt ohne Maske / Die nackte Stadt (USA 1948) und Die Ratte von Soho (UK 1950) inspiriert, im Grunde gut. Es gibt eindrucksvolle Außenaufnahmen Manchesters und Salfords im Jahr 1959, dunkle Gassen und zwielichtige Kaschemmen – die Wahl der Schauplätze und deren Inszenierung sorgt für brilliant fotografierte Szenen. Auch die Darsteller können überzeugen, allen voran Stanley Baker, der im gleichen Jahr in Joseph Loseys Die Spur führt ins Nichts (1960) ähnlich grimmig und stahlhart zu erleben war. In mancher Hinsicht ist Hetzjagd ein europäischer Film Noir, der die Übergänge zwischen Recht und Unrecht in der Zeichnung von Martineau und Starling ähnlich verwischt wie seinerzeit Fritz Lang mit Heißes Eisen (1953). Allein der Originaltitel Hell Is A City ist derart die Essenz von Noir, dass er den Fan glauben lässt, nicht fehlgehen zu können.
Doch gibt die Geschichte selbst nicht soviel her, als dass die Summe der wunderbar atmosphärischen Einzelszenen zu einem überzeugenden Ganzen fände. Zu sehr sind die Rollencharaktere vom Reißbrett der Kriminalliteratur aufs Zelluloid gebannt – die Frauen, meist hübsch, sind allesamt lüsterne Zicken, die Männer, lauter harte Burschen, brutal und berechnend. So erscheinen die Charaktere auf Dauer zu Stereotypen reduziert, an denen der Zuschauer kein anhaltendes Interesse hat. Es mangelt an Facetten und Ambivalenz, was aufs Konto des Skripts geht und damit auf dasjenige Val Guests, der auch als Autor des Drehbuchs verantwortlich zeichnet. Trotz eines temporeichen Finales bleibt der Eindruck, dass Jules Dassin es eben besser gemacht hätte, und das ist in Anbetracht sichtbaren und hörbaren Bemühens – inkl. des Jazz-Scores vom britischen Komponisten, Bandleader und Musiker Stanley Black - aller beteiligten Talente bedauerlich. Fazit: solider Thriller an bemerkenswerten Schauplätzen und mit erstklassigen Schauspielern, der dem eigenen Anspruch hinterher hinkt.
Die englische DVD-Edition des Cinema Club (2005) präsentiert den Film mit 98 Minuten komplett im originalen Widescreenformat. Bildtechnische Restauration ist topp, doch in Anbetracht des Akzents der Region Manchester dürften die fehlenden Untertitel für manch deutschen Zuschauer eine Herausforderung darstellen.