Impulse – Von gefährlichen Gefühlen getrieben

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Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
***
Originaltitel
Impulse
Kategorie
Neo Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1990
Darsteller

Theresa Russell, Jeff Fahey, George Dzundza, Alan Rosenberg, Nicholas Mele

Regie
Sondra Locke
Farbe
Farbe
Laufzeit
109 min
Bildformat
Widescreen

 


 

 

Los Angeles, California: In der Dunkelheit des Abends steht eine Prostituierte (Theresa Russell) in einer heruntergekommenen Gegend an einer Straßenkreuzung: ringsum billige Motels und Imbisslokale. Mehrere Automobile fahren vorüber, eins hält an, die Frau lehnt sich zum Seitenfenster hinein, doch man wird sich nicht handelseinig, und der Pick-Up fährt weiter. Kurz darauf hält ein Mann (David L. Crowley) in mittleren Jahren, der 50 US-Dollar ausgeben will. Die Prostituierte erklärt ihm, dass sie im Motel ein Zimmer habe und lädt ihn ein im Innenhof zu parken. Der Kerl stellt den Wagen ab und steigt aus, doch während sie zum Aufgang gehen, packt er ihr ans Gesäß. Die Frau wehrt sich dagegen, da er sie für ihre Dienste noch nicht entlohnt habe. Der Mann lässt nicht locker, es kommt zu Handgreiflichkeiten, als plötzlich die Tür des Apartments 28 von innen aufgestoßen wird und zwei uniformierte Polizisten (Jerry Martinez, Peder Melhuse) hinausstürmen und den Mann festnehmen. Die als vermeintliche Prostituierte in den Glanz von Kunstleder gekleidete Frau ist die Polizistin Lottie Mason, die als verdeckte Ermittlerin arbeitet und sich erneut an die Kreuzung stellt… Im nächtlichen New York fährt Gangster Anthony Peron (Shawn Elliott) mit einem Fahrer in einem Lincoln Town Car zum Treffen mit kolumbianischen Drogenhändlern (Sorin Serene Pricopie, Thomas Rosales jr.), das auf einem Industriegelände in Brooklyn, in unmittelbarer der Nähe der Verrazzano-Narrows-Bridge stattfinden soll...

 

“I feel like a goddamn mushroom. Kept in the dark and fed bullshit.” Desillusionierte, verhärmte Bewohner einer Metropole, deren Lebensraum immer Los Angeles war und ist, welche sich coole Sprüche um die Ohren hauen und für die es einen Feierabend und ein bürgerliches Leben niemals gab oder nicht mehr gibt: Sondras Lockes Neo Noir fügt sich mit ihren im Neonlicht von Los Angeles angesiedelten Drehorten und mit dem kalten Luxus öffentlicher Räume in einem vom US-Dollar dominierten Leben am Pazifik nahtlos zu anderen in der Zeit entstandenen Produktionen. John Dahls Kill Me Again / Töten Sie mich (USA 1989), Curt Hansons Todfreunde – Bad Influence (USA 1990) Mike Figgis‘ Internal Affairs (USA/CAN 1990) oder Stephen Frears‘ Grifters (USA/CAN 1990) zeichnen ein ähnliches Bild der USA und zelebrierten die Rückkehr des Neo Noirs in die internationalen Lichtspieltheater. Wer die Ära und jene von der alten Schule des Filmschaffens geprägte Dramaturgie mit ihrem daraus resultierenden “Look“ mag, wird Impulse – Von gefährlichen Gefühlen getrieben als unterhaltsam bewerten. Das tue ich übrigens auch. Es ist kein Film, über den man sich ärgern oder empören müsste. Jenseits der genannten Stilmittel bietet Lockes zweite Regiearbeit aber nichts, was man nicht andernorts schon gesehen hätte und dort womöglich besser. Es ist das Drehbuch aus der Feder Leigh Chapmans und John De Marcos, das sich erst um ihre Protagonistin, die von psychischen Problemen geplagte Polizistin Lottie Mason bemüht, dann jedoch an der Oberfläche bleibt und nach dem ersten Drittel sich im Allerlei einer wirren Kriminalhandlung verliert. Auch Sondra Lockes Inszenierung bleibt blass und streift die Narben und Verletzungen in Lotties Innerem weder überzeugend noch besonders ausdauernd. 

 

“Russell’s decent, nothing more. There’s a lot of focus on her hair”, schreibt Andrew Wickliffe in seiner Besprechung für The Stop Button und spricht mir aus der Seele. Noch heute gibt es (vor allem in den USA) viele Stimmen, die einem weismachen wollen, die Produktion sei trotz des mittelprächtigen Skripts allein aufgrund der herausragenden Leistung von Schauspielerin Theresa Russell unbedingt sehenswert. Ich halte das, wie auch Wickliffe, für Unsinn. Russell macht ihre Sache ordentlich, agiert aber wie das gesamte Ensemble auf einer Skala von solide bis ziemlich gut. Michel Colombiers Soundtrack fügt sich schön ein; die Popsongs von Kim Carnes, Steve Stone, Bonnie Raitt oder Jasmin klingen so schrecklich banal wie altbacken. Störend ist auch die zunehmende Nutzung von Koinzidenzen, von denen eine besonders hanebüchen ist und den Film in seiner zweiten Hälfte endgültig abrutschen lässt. Hin und wieder blitzt Potential auf - in einer Produktion, die sich bewusst für eine weibliche Hauptrolle entschied und trotz einer talentierten Darstellerin, die Theresa Russell allemal war, wenig bis nichts daraus machte, so dass sie an der Kinokasse floppte. Weder die Autoren noch Sondra Locke und auch nicht Jeff Fahey und Theresa Russell konnten in den 90er Jahren oder später nochmals richtig punkten. Fazit: Ein Neo Noir an der Schwelle der 90er, den man sich trotz seines Unterhaltungswerts im Grunde sparen kann. Für das schonungslose Bild eines Lebens in der Metropole Los Angeles als artifiziell, empathielos und kaputt gibt es allemal drei Sterne. 

 

Einzig und allein in den USA gibt es in der Warner Archive Collection eine gute DVD-R (2012, weltweit abspielbar) mit dem Film ungekürzt und im Originalformat, bild- und tontechnisch sauber restauriert, dazu den englischen Originalton ohne Untertitel und das Ganze wie immer in der Reihe auch ohne Extras.

 


 

Neo Noir | 1990 | USA | Sondra Locke | Jeff Fahey | Theresa Russell

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