William Franklyn, Moira Redmond, Bruno Barnabe, Leonard Sachs, Nigel Green
In Wapping, einem heruntergekommenen Stadtteil im Osten Londons, findet der Teenager Jimmy Drake (Peter Hempson) in der Dunkelheit eines Septemberabends direkt am Themse-Ufer den zusammengeschlagenen Geschäftsmann Richard Logan (William Franklyn). Erst glaubt er, der dort im Trenchcoat liegende Mann sei tot. Doch als Logan zu sich kommt, geht Jimmy eine in die Kaimauer eingefasste Treppe hinab und spricht ihn an. Er solle seine Geldbörse prüfen, rät er ihm, denn das sei eine miese Gegend, und schließlich sei er überfallen worden. Aber zu Logans Erstaunen wurde er nicht beraubt, und er äußert gegenüber Jimmy, dass jener die Diebe womöglich gestört habe. Er lässt sich von Jimmy dessen Adresse geben und begibt sich, stets benommen und mit einer Wunde am Hals, auf den Weg nach Hause… Als er dort eintrifft, zieht er seinen Haustürschlüssel aus der Manteltasche und tritt ein. Er ruft nach seiner Frau Julie (Moira Redmond), die völlig konsterniert aus der Küche ins Wohnzimmer tritt, indessen sich Richard für seine dreistündige Verspätung bei ihr entschuldigt und erwähnt, dass er überfallen worden sei. Sie jedoch erklärt ihm, dass er seit drei Wochen vermisst werde und sowohl die Polizei als auch ein von ihr beauftragter Privatdetektiv namens Carter (Peter Fontaine) nach ihm gefahndet hätten. Richard Logan hält das zuerst für einen Scherz, zumal Julie ihn verdächtigt, eine Geliebte zu haben. Als sie ihm die neuste Ausgabe der Tageszeitung zeigt, erkennt er, dass tatsächlich drei Wochen vergangen sind…
“Where the devil have you been?” – ”You’ve heard of the memory-man. Well, I’m the lost-memory-man.“ Richard Logan, der mit seinem Geschäftspartner Bill Underwood (Humphrey Lestocq) eine Firma für die Konstruktion und Fertigung von Geldschränken unterhält, leidet an einem Gedächtnisverlust. An die letzten drei Wochen seines Lebens hat er keinerlei Erinnerung, und jener Privatdetektiv Carter, der beauftragt war ihn zu suchen, wurde in der Zeit ermordet aufgefunden. Zu allem Überfluss ruft noch eine gewisse Mavis (Jacqueline Jones) bei den Logans an, die den Ahnungslosen am Telefon als ihren Darling anspricht… Amnesie gehört zu den klassischen Elementen einer Erzählung im Film Noir. Damit lässt sich die vermeintliche Sicherheit der Alltagsrealität im Nu aushebeln und ein Protagonist trudelt in Randzonen der eigenen Identität, wo nichts ist, was es zu sein schien. Exakt so ergeht es Richard Logan, der sich gegen die Verdächtigungen seiner Ehefrau zur Wehr setzen und die Ereignisse der letzten 3 Wochen rekonstruieren muss, denn sowohl Mavis als auch die Drahtzieher hinter ihr sind ihm stets auf den Fersen. Lance Comforts Verfilmung von Hugh McCutcheons Roman To Dusty Death (EA 1960, auf Deutsch 1963 als Der Mann, der einen Mord vergaß) ist einigermaßen absurd. Die Handlung ist abwegig und die Inszenierung ist es teils auch. Julie Logan nimmt ihren Ehemann, der nach drei Wochen Abwesenheit vor wenigen Stunden obendrein Opfer eines Überfalls wurde und nun wieder im Wohnzimmer steht, nicht mal in den Arm: sie verdächtigt ihn des Ehebruchs. Obwohl Privatdetektiv Carter, von Julie engagiert, ermordet aufgefunden wurde, erhält Richard Logan keinen Besuch von Scotland Yard. Sein Geschäftspartner Bill Underwood und Logans Sekretärin Mary (Nanette Newman) heißen ihn am Arbeitsplaz willkommen, als sei nicht wirklich etwas passiert und er habe nur einen Kater. Dann lässt sich Richard von Bill die Firmenpistole aushändigen und nimmt die Ermittlungen in seinem Fall selbst in die Hand.
© Renown Pictures Ltd.
Obwohl die Handlungslogik auch im Fortgang der Geschichte wirr und löchrig bleibt, ist der Film unterhaltsam, was sich vor allem zwei der Beteiligten verdankt, Regisseur Lance Comfort (Hafen der Versuchung, UK 1947) und Kameramann Basil Emmott (Die Fahrt in den Abgrund, UK 1957). Comfort war seit 25 Jahren, Emmott seit über 40 Jahren im Filmgeschäft tätig, und beide hatten sie einst an A-Produktionen mitgewirkt. Der Mann, der einen Mord vergaß von Butchers’s Film Service war ein “Quota Quickie“, wie billige B-Filme aufgrund einer gesetzlichen Vorgabe für heimische Poduktionen in Großbritannien genannt wurden, aber die beiden machten das Beste daraus. Fünf Jahre später sollten sie ihr Betätigungsfeld gleichzeitig verlassen. Denn 1966 starb Lance Comfort mit nur 58 Jahren und Basil Emmott setzte sich zur Ruhe. Die in Hauptrollen auftretenden William Franklyn und Moira Redmond wechselten im Lauf der 60er vom B-Film zum Fernsehen. Ihr Der Mann, der einen Mord vergaß ist für den Freund des Brit Noirs kein Muss, er ist aber auch kein Ärgernis.
Es gibt von dem heute obskuren Film, der sogar in der Bundesrepublik Deutschland (1963) und in der DDR (1965) ins Kino kam, eine englische DVD-Edition (2010) der Renown Pictures Ltd. mit dem Werk bild- und tontechnisch solide restauriert, ungekürzt und im Originalformat mit der englischen Tonspur ohne Untertitel und ohne Extras.