Prämien auf den Tod

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Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
****
Originaltitel
Prämien auf den Tod
Kategorie
Film Noir
Land
AUT
Erscheinungsjahr
1950
Darsteller

Siegfried Breuer, Judith Holzmeister, Werner Krauss, Felix Steinboeck, Curd Jürgens

Regie
Curd Jürgens
Farbe
s/w
Laufzeit
83 min
Bildformat
Vollbild

 


 

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© Verlag für Filmschriften Christian Unucka

„Die Stadt hat auch ein Gefängnis, und hier, wo die Tage zu Nächten verschwimmen, sitze ich“, spricht der Erzähler (Siegfried Breuer) aus dem Off, indessen wir Zuschauer über die sonnenbeschienenen Dächer einer Hafenmetropole am Mittelmeer blicken, wo die Schiffe aus Übersee anlegen und die Mittagshitze ihre Bewohner in die Stuben treibt. Er will sich erinnern, der Erzähler, und kommt ins Bild. Sein Name ist Peter Lissen und er ist ein Versicherungsagent der Gesellschaft VITA. Mit einer Adressliste zur Hand rennt er treppauf und treppab durch die Stadt in der Hitze des Hochsommers, klingelt an Dutzenden von Haustüren, wo er entweder abgewiesen wird oder von vornherein niemand öffnet. Lissen ist den Misserfolg nicht nur gewöhnt, er ist von ihm geprägt. So gelangt er zur Residenz der alleinstehenden Evelyn Baggia (Judith Holzmeister), wo ihm die Haushälterin die Pforte öffnet und ihn herablasssend mustert. Sie bedeutet ihm zu warten; Peter Lissen jedoch schleicht in den pompösen Flur und erspäht die hübsche Hausherrin durch einen Spalt im Vorhang. Er belauscht ihr Gespräch über zwei für den heutigen Abend reservierte Karten für eine Opernpremiere, dann erklärt ihm die Haushälterin, die gnädige Frau sei nicht Zuhause und weist ihm die Tür. Als er im Hafen in seiner Stammkneipe ankommt, erkennt die Wirtin Cleo (Gisela Wilke) sofort, dass sein Tag erfolglos verlief. Er habe vom Stiegensteigen, von der Armut und vom eigenen dummen Geschwätz genug, gibt der schlecht gelaunte Lissen zu verstehen…

 

„Jalousien, Wendeltreppen und kalte Büroräume erzeugen eine Atmosphäre der Paranoia und Klaustrophobie. (…) Das Begehren geht mit dem Geld Unheil bringende Allianzen ein“, heißt es in dem Filmessay zu Prämien auf den Tod, der unterm Titel Versicherte Leben, entsicherte Ordnungen im Programm 59 der Reihe Filmhimmel Österreich die Wiederaufführung (03/2007) des Films begleitete. Nun, das ist richtig. Zudem ziehen die ersten 9 bis 10 Minuten, die den durch glutheiße Straßen und Gassen in der Hafenstadt Genua an der Mittelmeerküste hetzenden Versicherungsagenten Peter Lissen als vom Leben zu Erfolglosigkeit und zur Armut Verdammten vorstellen, einen Connaisseur der Filmklassik flugs in den Bann. Schon auf dessen Weg zum Hafeninspektor Muschel (Hermann Thimig) und dessen Ehefrau (Ilse Trenker) ging mir jedoch die aufdringlich beschwingte Musikuntermalung auf die Nerven. Die folgende Szene, bei der Lissen eine Lebensversicherungspolice hölzern penetrant zum Abschluss bringt, hat einen völlig anderen Ton. Die gequält komische Note in der Darstellung der Eheleute wirkt deplatziert, die Sequenz gerät überlang und das Erzähltempo wird heruntergefahren. Anders ausgedrückt: Plötzlich wird es zäh, denn Lissen ist in der Verkörperung durch den talentierten Siegfried Breuer zwar ein Charakterkopf, aber Breuer als romantischer Antiheld, das funktioniert nur zur Hälfte. Zudem sind im Film viele beteiligte Darsteller erstklassig, allen voran der wegen seiner Nähe zum Nationalsozialismus schon seinerzeit umstrittene Werner Krauss. Das lässt sich von der damaligen Ehefrau des Autors, Regisseurs und selbst beteiligten Schauspielers Curd Jürgens, von Judith Holzmeister nicht unbedingt behaupten. Doch ab der 34. Minute, als Lissen in später Nacht erneut allein sich selbst und seinem trostlosen Schicksal begegnet, ist der Tonfall der ersten 10 Minuten zurück – wir sind einmal mehr im Film Noir. Jenseits der Sperrstunde trifft er nach dem x-ten Schnaps der Nacht eine Entscheidung, die sein Leben für immer bestimmen wird.

 

„Zum ersten Mal in meinem Leben bin ich einer Frau begegnet, für die es sich lohnt… sogar ein Verbrechen zu begehen.“ Der Satz würde sich in jedem internationalen Film-Noir-Klassiker als zur rechen Zeit am richtigen Ort behaupten. Im Laufe der 83 Minuten Spielzeit wird deutlich, woher Curd Jürgens, der die zugrundeliegende Erzählung verfasste und am Drehbuch mitschrieb, seine Inspirationen bezog. Wechselweise grüßen von der Leinwand Jack Raymonds Die Ratte (UK 1937), Julien Duviviers Pépé le Moko - Im Dunkel von Algier (FRA 1937), Billy Wilders Frau ohne Gewissen (USA 1944) und Maurice Tourneurs Impasse des deux anges (FRA 1948). Ist der Bezug zum Versicherungsagenten Walter Neff (Fred MacMurray), der aus Liebe zur Femme fatale Phyllis Dietrichson (Barbara Stanwyck) in Billy Wilders inkonischem Film Noir einen Versicherungsschwindel inszeniert, offensichtlich, so ist die Idee, Lissens ersten frei erfundenen Versicherungsnehmer als ein Gespenst mit ihm nach Hause spazieren zu lassen, eine Referenz an Tourneurs Impasse des deux anges, wo die Liebenden von einst als transparent-körperlose Geister ihr Erinnerungsbild auf die Leinwand projezieren. „Ich weiß ja, dass Du ein Geschäft meiner Fantasie bist, aber ich bin nicht verrückt…“ Im Ganzen ist Curd Jürgens‘ inkohärentes Regiedebüt nicht so hochklassig, wie es einzelne Szenen sind, die in tiefer Nacht die Einsamkeit des Peter Lissen bebildern. Dennoch wäre Prämien auf den Tod in einer restaurierten Fassung, wie sie bis dato nicht greifbar ist, eine willkommene Ergänzung des Kanons deutschsprachigen Film Noirs. Ganz knapp vier Sterne, die genaungenommen drei und ein halber sind.

 

Noch bis heute (2022) gibt es weltweit keine BD- oder DVD-Edition des Films, der aktuell zumindest online in einer bild- und tontechnisch unterdurchschnittlichen Fassung mit dem Originalton ohne Untertitel, ungekürzt und im korrekten Bildformat zur Verfügung steht.

 


 

Film Noir | 1950 | International | Curd Jürgens | Curd Jürgens | Siegfried Breuer

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