Andrew Garfield, Riley Keough, Topher Grace, Jimmi Simpson, Callie Hernandez
Los Angeles, Kalifornien: Der antriebs- und arbeitslose Berufsjugendliche Sam (Andrew Garfield), 33 Jahre alt, der bevorzugt junge Frauen anstarrt, schlurft von einem Besuch im Hipster-Café durch den Echo Park im Stadtteil Silver Lake nach Hause. In einer Hand hält er ein Exemplar des Werbeblättchens L.A. Weekly mit einem Foto der Pop-Band Jesus and The Brides of Dracula und in der anderen einen Plastikbecher, als ein Eichhörnchen aus der Höhe eines Baums vor ihm aufs Pflaster knallt und ihm im Sterben einen letzten Blick zuwirft. An der Tür seines Apartments findet er eine Notiz seines Vermieters (Rex Linn), die ihm mitteilt, dass aufgrund des Mietrückstands seine Wohnung in fünf Tagen geräumt würde. Auf dem Balkon mit Blick in den Innenhof und aufs Swimming Pool nimmt Sam sein Fernglas zur Hand und beobachtet eine barbusige Nachbarin (Wendy Vanden Heuvel) bei der Konversation mit ihren Ziervögeln, indessen seine Mutter (Deborah Geffner) anruft, die sich nach Sams Befinden erkundigt und ihn darauf hinweist, dass heute Abend 7th Heaven (USA 1927) mit Janet Gaynor bei Turner Classic Movies gezeigt werde. Doch Sam, der seiner Mutter vorspielt, just am Arbeitsort zu sein, hat keinen Kabelanschluss und beendet das Gespräch. In diesem Augenblick stolziert seine neue Nachbarin Sarah (Riley Keough) mit Schoßhund und einem Ghettoblaster zum Swimming Pool, wo sie sich im weißen Bikini und mit einem ausladendem Strohhut auf einem der Liegestühle ausstreckt…
Der Autor und Regisseur David Robert Mitchell möchte gern so ästhetisch und originell sein wie David Lynch mit Mulholland Drive - Straße der Finsternis (FRA/USA 2001) und so intelligent grotesk wie Paul Thomas Anderson mit Inherent Vice - Natürliche Mängel (USA 2014). Aber sein Versuch den Thomas-Psynchon-Stil von Andersons Roman-Verfilmung zu kopieren, indessen sein Hauptdarsteller Andrew Garfield das Schauspiel Anthony Perkins‘ imitiert, gerät zur Farce und zur Selbstparodie. Woran der Film besonders erinnert, ist Shane Blacks grauenhaft banale Neo-Noir-Komödie The Nice Guys (USA 2016), nur dass letztere zwar ebenso versuchte mehr zu sein, jedoch nicht, indem sie sich hinter irrlichternem Pseudo-Tiefsinn verbarg. Andrew Garfield war zum Zeitpunkt des Drehs 34, Riley Keough war 28, aber der Zuschauer bekommt von Darstellern dieses Alters ein Teenager-Drama geboten, deren Protagonisten im Vergleich zu Vorbildern in David Lynchs Mulholland Drive - Straße der Finsternis oder in Blue Velvet (USA 1986) wie Schüler der gymnasialen Mittelstufe wirken. Es ist, was mich an Under The Silver Lake am meisten stört, dass seine Los-Angeles-Coolness nur die infantile Inszenierung einer angelesenen und abgeschauten “Coolness“ ist, die Mitchell mithilfe von Hollywood-Stars in Szene setzt, denen dafür die Glaubwürdigkeit fehlt. Das Verblüffende an Andersons Inherent Vice - Natürliche Mängel war unter anderem, dass Joaquin Phoenix, Josh Brolin, Owen Wilson und Katherine Waterston ohne doppelten Boden in den Irrsinn des Thomas-Pynchon-Kosmos‘ sprangen und keine Zweifel daran aufkommen ließen, dass sie zur richtigen Zeit am richtigen Ort seien. In Under The Silver Lake vermisse ich neben einer Geschichte von Relevanz ein nur annähernd überzeugendes Schauspiel.
“Under the Silver Lake is ultimately unsatisfying. The mind-blowingly dumb ending doesn’t work on any level“, fasst James Berardinelli für ReelViews zusammen und lässt dabei noch das ganz und gar auf Objekt und Fetisch reduzierte Frauenbild außen vor, lauter nicht mehr ganz junge Cheerleader und Möchtegern-Models und trotz aller Bemühungen nicht witzig. Die Menschen in diesem Neo Noir markieren voreinander stets und ständig lässige Weltverachtung, offenbaren indessen vor allem, wie verkrampft narzistisch und egomanisch sie sind. Mit dem Slacker Sam im Mittelpunkt der Handlung erinnert Under The Silver Lake auch an Filme der 90er Jahre - von Richard Linklaters Rumtreiber (USA 1990) bis zu Joel and Ethan Coens The Big Lebowski (USA 1998) - und wirkt allem Zeitgeist zum Trotz anachronistisch. Erstaunlich bleibt, dass die US-amerikanische Filmkritik wie durch Pawlowschen Reflex seit Jahrzehnten auf Werke solcher Machart anspringt und sofort mit der Nase am Boden die Spurensuche aufnimmt, um hinter das vermeintlich vielschichtige Bilderrätsel zu blicken. Das längst völlig ausgewrungene Wort “Kult“ erscheint dort immer noch als augenzwinkender Hiweis auf eine Überlegenheit gegenüber jener Welt der “Normalos“, an denen ein hyper-schlauer David Robert Mitchell sein Publikum Anteil nehmen lässt. Tatsächlich ist diese Nicht-Story inwandig aber nur eins, nämlich hohl.
Die deutschen BD- und DVD-Editionen (2019) der Weltkino Filmverheih GmbH im Vertrieb der Universum Film GmbH beinhalten das Werk ungekürzt und im Originalformat, bild- und tontechnisch einwandfrei und das Ganze mit der original englischen Tonspur und mit optional deutschen Untertiteln sowie auch mit einer deutschen Synchronisation. Als Extra gibt es lediglich den Kinotrailer.