Eric Portman, Edana Romney, Barbara Mullen, Hugh Sinclair, Bruce Belfrage
In Nord-Wales lebt in einem außerhalb jeglicher Ortschaft gelegenen Bauernhaus Mifanwy Conway (Edana Romney) in einiger Abgeschiedenheit mit ihrem Ehemann und mit ihren drei Kindern. Nachts schläft sie schlecht, wird von Alpträumen geplagt und hat just ein Telegramm erhalten, weshalb sie heute mit dem Zug nach London reisen wird. Im Abteil liest sie erneut das Telegramm, das ihr ein Treffen im Wachsfigurenkabinett von Madame Tussaud vorschägt, genau bei der Figur von Marie Antoinette. Als sie dort eintrifft, fühlt sie sich in dem Gemäuer mit den Schreckensfiguren der Historie als lebensgroße Replikate sichtbar unwohl und wandelt fröstelnd durch die Ausstellung. Schließlich bleibt sie vor der Figur eines Mannes mit Seidenschal, Zylinder und in einem Cape stehen und berichtet ihm, wie sie diesen Blick in seinen Augen, den Ausdruck der größten Langeweile im Angesicht seiner Zeitgenossen bereits vor sieben Jahren in einem Nachtclub habe wahrnehmen können… Im Kreis ihrer Freunde Bing (Hugh Latimer), Brandy (John Penrose), Charles (Christopher Lee) und deren Begleiterinnen Lois (Lois Maxwell) und Babs (Mavis Villiers) lauschte Mifanwy seinerzeit einem Lied der Sängerin Caroline (Joan Maude). Oben auf der Treppe erschien der namhafte Künstler Paul Mangin (Eric Portman) – Kunstkritiker, Connaisseur und Maler, wie Bing sogleich zu berichten wusste – und ließ seinen forschenden Blick durch den Saal schweifen, bis er dem Mifanwy Conways begegnete und ihn festhielt…
“Corridor of Mirrors is a perfect title for a movie about obsession and romantic madness (…) which belongs to a rarified subgenre of swooning, haunted, noirish melodramas“, schreibt US-Autorin Imogen Sara Smith für The Criterion Collection über dieses obskure und ungewöhnliche Werk des britischen Nachkriegskinos. Heute ist es vor allem als Debüt des späteren Erfolgsregisseurs Terence Young (James Bond – Feuerball, UK 1965) und als dasjenige Christopher Lees, des legendären Darsteller Graf Draculas in Adaptionen der Hammer Films, bei Cineasten bekannt. Es ist offensichtlich, dass der Regisseur Stil und Atmosphäre des Kinos im Frankreich der 40er Jahre zu kopieren hoffte, jenen Stil der Schauermärchen und luzider Traumgemälde, wie er für das Schaffen Jean Cocteaus (Die Schöne und das Biest, F 1946) zum Markenzeichen geworden war. So ist es der französische Kameramann André Thomas, der Terence Young zur Seite steht und neben den pompösen Kulissen den größten Eindruck hinterlässt. In der Szene, darin Paul Mangin und Mifanwy Conway ihren ersten Walzer tanzen, beeindruckt er uns mit der Art, wie die Kamera den Gesichtern folgt, indessen der Raum an ihnen vorüberfliegt. Fast ist es, als tanzte man als Zuschauer mit - der Effekt ist erhaben und für einen Film aus den 40er Jahren bemerkenswert. Stilistisch ist der Film beeindruckend und mit kaum einem englischen Film der Nachkriegsjahre zu vergleichen.
Seine Geschichte ist jedoch nur das pathetische Manifest eines ungezügelten Narzissmus, wie er von beiden der im Mittelpunkt stehenden Rollencharaktere tief empfunden und ausgelebt wird. Der ungezügelte Ich-Bezug, der in seinem Gegenüber nur die Projektion zwecks Verstärkung der eigenen Grandezza sieht, ist einerseits der Motor in Richtung der Tragik, die den Film beschließt, und denunziert andererseits die beiden Protagonisten als eitel und albern. Ihre gespreizten Gesten und die bedeutungsschwangere Mimik können nicht die Leere der Persönlichkeiten übertünchen, die sich stets und immerdar im Außen spiegeln müssen, im “Corridor of Mirrors“, ohne den sie nicht zu einer Identität finden. Insbesondere Mifanwy erweist sich in ihrer stilisierten Selbstgefälligkeit als nahezu kindisch und ihrem Stand im Leben kaum gewachsen. Die unstillbare Eitelkeit der Protagonisten enttarnt die gotische Schauerromatik des Films als infantile, postpubertäre Fantasie, die zwar mit Blick auf ihre Kulissen faszinierend wirkt, doch schwer verdaulich ist. Einige der Schnitte, manche der Dialoge und vor allem das Schauspiel Edana Romneys wirken deplatziert und sind von unfreiwilliger Komik. Dass die damals 29jährige Darstellerin selbst am Drehbuch mitwirkte und dass sie im Vorspann via “Introducing Edana Romney“ vorgestellt wird, hat ihre weitere Karriere nicht beflügelt. Im Anschluss hieran hatte sie insgesamt noch vier Auftritte in TV-Serien, dann war ihre Laufbahn beendet. Eric Portman in einer Hauptrolle zu erleben, ist immer ein Genuss. Aber so pointiert wie in Der perfekte Mörder (UK 1947) und vor allem in Aus dem Tagebuch eines Henkers (UK 1948) wirkt er hier nicht – eher wie ein Basil Rathbone als Sherlock Holmes, der ein Glas saurer Milch trank und dem dadurch die Laune abhanden kam. Alles in allem ist Im Banne der Vergangenheit für einen Freund klassischen Kinos nur marginal empfehlenswert und eine eher obskure Randnotiz des Brit Noirs.
Nachdem das Werk über Jahrzehnte nur in miserablen Kopien von Fernsehmitschnitten vorlag, gibt es inzwischen eine bild- und tontechnisch perfekt restaurierte englische DVD-Edition (2014) der Cohen Film Collection LLC. via Simply Media mit dem Film ungekürzt im Originalformat inklusive des englischen Originaltons, allerdings ohne Untertitel und ohne Extras.