Frauen, die uns nachts begegnen

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Wenn es Nach wird in Paris


Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
***
Originaltitel
The Flesh Is Weak
Kategorie
Film Noir
Land
UK
Erscheinungsjahr
1957
Darsteller

John Derek, Milly Vitale, William Franklyn, Martin Benson Freda Jackson

Regie
Don Chaffey
Farbe
s/w
Laufzeit
88 min
Bildformat
Vollbild

 


 

The Flesh Is Weak-Poster-web2.jpgThe Flesh Is Weak-Poster-web1.jpgThe Flesh Is Weak-Poster-web5.jpgThe Flesh Is Weak-Poster-web4.jpg

 

London: Per Zug erreicht die 21jährige Marissa Cooper (Milly Vitale) eines Abends die Metropole London und findet im Hostel For Young Women der Dorset Foundation ihre erste Unterkunft. Als sie tagsüber neugierig die Stadt durchstreift, wird ein gewisser Henry (Harold Lang) auf sie aufmerksam und folgt ihr. Kurz darauf lernt Marissa an der Theke eines Cafés, wo sie in einer Tageszeitzung Stellenanzeigen studiert, die freundliche Gracie (Joy Webster) kennen. Sie lädt Marissa ein, sich zu ihr an den Tisch zu setzen, wo sie auch gleich deren Freund kennen lernt - Henry. Die beiden verwickeln Martissa in ein Gespräch über Jobangebote. Henry erweist sich als ein Mann unzähliger Kontakte in der Unterhaltungsbranche. Als sie erfahren, dass Marissa erst seit einer Woche in London lebt, fragt Henry, ob sie sich nicht hinter dem Piccadilly Circus mal in dem Club The Golden Bucket vorstellen möge. Als Hostess betreue sie dort ein hochklassiges Publikum der gehobenen Gesellschaft, darunter sogar Filmstars… Als Marissa abends dort eintrifft, wird sie von der Geschäftsführerin Doris Newman (Patricia Plunkett) in Empfang genommen, die ihr ein entsprechendes Abendkleid zukommen lässt. Nachdem ihre erste Bekannschaft das Lokal wieder verlassen hat, nähert sich ihr der hässliche und zudringliche Mr. Saradine (Denis Shaw). Unter dem Vorwand mit ihr tanzen zu wollen, zerrt er die junge Frau in eine dunkle Ecke und versucht sie zu küssen. Plötzlich reißt Tony Giani (John Derek) Saradine von Marissa zurück und schlägt ihn zu Boden…

 

Im England der 50er Jahre waren US-amerikanische Filmstars insbesondere in B-Produktionen keine Seltenheit. Solche hatte ihre Karriere großteils in den 30er oder 40er Jahren begonnen, aber im Zuge der erzkonservativen McCarthy-Ära und der Krise vieler Filmstudios in Hollywood, die der Konkurrenz des Fernsehens ausgesetzt waren, hatte ihnen der Sprung in die 50er Jahre nicht recht glücken wollen. Unter anderem Lizabeth Scott, Lloyd Bridges, George Raft, Barbara Payton, Herbert Marshall, Cesar Romero, Arlene Dahl und Dane Clark traten während jener Jahre in britischen Film Noirs in Hauptrollen auf. John Derek hatte seine Filmkarriere an der Seite Humphrey Bogarts in dessen eigener Produktion Vor verschlossenen Türen (USA 1949) begonnen und war später in Western und Abenteuerfilmen zu sehen. Mitte der 50er Jahre war der keinsfalls schlechte Schauspieler ganz und gar im B-Film angekommen und fand sich in der Hauptrolle von Don Chaffeys Frauen, die uns nachts begegnen. In solcher Low-Budget-Produktion ist John Derek ein auffällig engagierter Akteur und auch seine Filmpartnerin Milly Vitale kann überzeugen. Mit nur geringen Erwartungen ließ ich mich in Anbetracht der Vermarktung dieses Films darauf ein und wurde positiv überrascht. Nicht zuletzt Stephen Dades (Tanz in den Abgrund, UK 1948) expressionistische Kamerarbeit sorgt an den nächtlichen Schauplätzen der Metropole London für eine konsequent bizarre Film-Noir-Optik des heute kaum noch bekannten Werks.

 

Frauen die uns nachts begegnen-lc-web3.jpgFrauen die uns nachts begegnen-lc-web1.jpgFrauen die uns nachts begegnen-lc-web2.jpg

 

“The Flesh is Weak (…) has (…) some very slight claim to be a film noir, or at least a film likely to be of interest to noir fans due to its fairly gritty approach“, schreibt dfordoom für Classic Movie Ramblings und liegt damit richtig. Besonders mexikanische Film Noir folgten ab Ende der 40er Jahre thematisch den Motiven von Frauen, die uns nachts begegnen – ein Mädchen gerät unverschuldet in die Fänge skrupelloser Gangster und wird zur Prostitution gezwungen. Neben dem Portrait des herzlosen, impulsiven Tony Gianis durch John Derek stechen die Darstellungen Martin Bensons als Tonys Brunder Angelo, zugleich Oberhaupt der Bande von Zuhältern, sowie die abgehalfterte, in die Jahre gekommene ex-Prostituierte Trixie in der Verkörperung durch Freda Jackson (No Room At The Inn, UK 1948) heraus. Nur mit dem “gritty approach“ ist es bei Erreichen des Finales plötzlich vorbei. In den letzten 10 Minuten verplätschert der Film spannungsarm und inkonsequent, so als sei weder den Drehbuchautoren noch dem Regfisseur eingefallen, wie man die bis dato zupackende Geschichte zu einem gebührenden Abschluss führen könne. 1976 heiratete der 50jährige John Derek, der schon Mitte der 60er Jahre die Schauspielerei an den Nagel gehängt hatte, die 30 Jahre jüngere Kathleen Collins, die in der Folge als Bo Derek Filmgeschichte schrieb. Als Autor, Kameramann und Regisseur in einer Person ließ sich John Derek dazu hinreißen, mit seiner Ehefrau als Sex-Idol in der Hauptrolle einige der schlechtesten Filme der 80er Jahre ins Kino zu bringen - ein peinliches Erbe, das seinem Ruf bis heute anhaftet.

 

Eine englische DVD-Edition (2009) der Odeon Entertainment bringt den Film ungekürzt und im Originalformat, bild- und tontechnisch sauber restauriert mit dem original englischen Ton ohne Unteritel, dazu mit einem 4seitigen Booklet, das einen informativen Filmessay von Simon Sheridan beinhaltet, obendrein noch den original Kinotrailer als Extra.

 


Film Noir | 1957 | UK | Don Chaffey | Harold Lang | John Derek | Martin Benson | William Franklyn | Freda Jackson | Patricia Plunkett

Gespeichert von Maggie Breitmeier (nicht überprüft) am 16. Dezember 2018 - 12:00

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Auch ich bin zufällig über den Film gestolpert, da mir John Derek schon in "Scandal Sheet","The Family Secret" und in dem oben erwähnten "Knock on any Door" sehr gut gefallen hat, kam ich auch an „The Flesh is Weak“ nicht vorbei und wurde nicht enttäuscht. John Derek spielt den Anfangs so charmanten und später nur noch widerlichen Tony enorm überzeugend. Schade, dass man diesen Schauspieler so unterschätzt hat.

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