Margaret Lockwood, Ian Hunter, Anne Crawford, Barry K. Barnes, Beatrice Varley
Der Kunstmaler Ben Chaney (Barry K. Barnes) erinnert sich in Anbetracht ihres Portraits an Bedelia Carrington (Margaret Lockwood), an eine Frau, der viele Männer verfielen und deren Blüte so verführerisch wie eine giftige Blume war… In Monte Carlo lernte er sie kennen, wo er den ihm bekannten Juwelier Martin (Henry de Bray) aufsuchte, der Bedelia wegen eines Angebots eigeladen hatte, das Chaney ihn gebeten hatte ihr zu unterbreiten, Gegenstand des Interesses war ein Ring mit einer schwarzen Perle. Während Ben Chaney von Martins Büro aus die Ankunft der auf einer Hochzeitsreise befindlichen Dame beobachtete, bot Martin ihr an, für den exquisiten Perlenring 100.000 französische Franc zu bezahlen. Mrs. Carrington nahm dies zwar zur Kenntnis, lehnte jedoch ab und ging. Immerhin erfuhr Chaney von Martin, dass sie einst reich geheiratet hatte, ihr Ehemann jedoch verstorben sei und sie nun mit einem zweiten Mann eine Liebesheirat vollzogen habe. Das Paar sei im Hotel Imperial zu Gast, der wohl teuersten Adresse vor Ort… Tatsächlich erfreut sich der reiche britische Archtitekt Charles Carrington (Ian Hunter) zwischen allerlei Geschäftskorrespondenz seiner just zwei Monate alten Ehe mit der bezaubernden Bedelia. Als er sie heute fotografieren will, reagiert sie allerdings brüsk und behauptet, eine Fotografie von ihr sei für sie wie für andere Menschen der Besuch beim Zahnarzt. Indessen beschließt der Maler Ben Chaney, seiner Pension Lebewohl zu sagen und sich ebenfalls im mondänen Hotel Imperial einzumieten...
”When a handsome man like that comes to a town like this, it’s a girl’s duty to know all the facts.” Dass die hübsche und patente Architektin Ellen (Anne Crawford) nur wenig über den Künstler Ben Chaney in Erfahrung bringt, lässt nach 35 Minuten auch den Zuschauer ahnen, dass hier nicht alles mit rechten Dingen zugehen kann… Mit seinem Erzähler aus dem Off, einer ausgedehnten Rückblende und mehreren falschen Identitäten in einem Katz-und-Maus-Spiel voller falscher Fährten beweist Vera Caspary, die Autorin der gleichnamigen Romanvorlage (EA 1945), ihre souveräne Handschrift im Metier der Kriminalliteratur. Dem Film-Noir-Freund ist die US-Amerikanerin Vera Caspary vor allem durch ihre ebenfalls nur mit dem Vornamen betitelten Roman Laura (EA 1943) vertraut, der zwei Jahre vorher zu einem wegweisenden US-amerikanischen Film Noir wurde, als Otto Preminger ihn mit Dana Andrews und Gene Tierney in den Hauptrollen verfilmte. Umso mehr überrascht mich, dass Bedelia fast völlig in Vergessenheit geriet, denn dieses englische Melodram mit seiner ausgeprägt dunklen Film-Noir-Tönung steht Premingers Hollywood-Klassiker im Grunde kaum nach. Zu einem exzellenten Drehbuch, an dem Caspary selbst mitwirkte, gesellen sich mit Margaret Lockwood und Ian Hunter in Hauptrollen zwei erstklassige Darsteller ihrer Zeit. Auch die Beteiligten hinter der Kamera beweisen die dafür notwendige Klasse. Co-Autor und Produzent Isadore Goldsmith heiratete Vera Caspary kurze Zeit später sogar. Aufgrund Casparys Zugehörigkeit zur kommunistischen Partei hatte in den USA trotz des Erfolgs von Laura (USA 1944) kein Filmstudio ihren Roman Bedelia verfilmen wollen, und so wurde ein englischer Film daraus.
”Laura is often identified as one of the all-time great noir films, but (…) in many ways Bedelia is the better, more complex, and subversive film”, fast Guy Savage für Film Noir Of The Week zusammen, und rückt damit die fantastische Charakterzeichnung der Bedelia Carrington, jener schon mit dem Filmtitel im Zentrum stehenden Figur dieses Dramas, ins Licht der Aufmerksamkeit. Als die deutlich jüngere Frau eines erfolgreichen Mannes zeigt Bedelia früh einen Hang zu Lügen, zur Täuschung und zur Berechnung, bevor wir ahnen dürfen, dass die dahinter liegenden Geheimnisse auf weit Schlimmeres deuten werden… Mrs Carrington ist eben nicht einfach böse, auch wenn uns fürs “Böse“ in ihr womöglich Erklärungen geliefert werden. Nein, Bedelia ist ganz und gar die Person, die sie vorgibt zu sein, und damit ist nichts an ihr “gespielt“, zugleich ihre Identität im Sinne der Gesetzeslage natürlich vollends ein Betrug. Und letzteres ist selbstredend nicht das Verbrechen, auf das es in diesem Film Noir hinausläuft… Es sind zwei Werke, an die mich Bedelia erinnert. Das eine ist John Brahms zu Unrecht vergessener Guest In The House / Satan In Skirts (USA 1944), das andere Bob Rafelsons Die schwarze Witwe (USA 1987), der offensichtlich von Lance Comforts Bedelia inspiriert wurde. Steht der erste Film für eine sukzessive Enttarnung der Pathologie einer Femme fatale, wie sie auch in Todsünde (USA 1945) zu finden ist, so ist Rafelsons Neo Noir ganz nahe am Charakter der Mrs. Bedelia Carrington, wenn Theresa Russell in eine Ehe und in eine Frauenfigur nach der anderen schlüpft. Bedelia lief im Jahr 1948 auch in deutschen Kinosälen und sollte wiederentdeckt werden. Bis dato ist der Film für Freunde englischer Filmklassik noch ein Geheimtipp.
Es gibt eine englische DVD Edition (2018) der Screenbound Pictures mit dem Film bild- und tontechnisch einwandfrei, ungekürzt im Originalformat, dazu die original englische Tonspur ohne Untertitel und ohne Extras.