Ladislav Chudík, Zdena Gruberová, Ivan Mistrík, Viliam Polónyi, Mikulás Huba
Die slowenische Stadt Bratislava zu Zeiten der Tschechoslowakei: An einem Morgen im Herbst verabschiedet sich Igor Holeš (Mikulás Huba) von seiner Ehefrau Oľga (Viera Strnisková), denn einmal mehr steht ihm eine Geschäftsreise bevor. Die ständige Abwesenheit sei auch für ihn schwierig, gibt er ihr zu verstehen. Zugleich ist sein Verhalten so distanziert, dass seine Oľga Holešová sich ihm kaum zu nähern wagt. Holeš verwahrt ein Bündel Bargeld in einer Schublade des Wohnzimmers und die beiden befinden sich im Besitz einiger teurer Gemälde. Oľga verlässt vor Igor das Haus und begibt sich auf den Weg zur Arbeit. Auf der Straße dreht sie sich unterm Regenschirm nochmals um, während er aus dem Fenster blickt, um sich zu vergewissern, dass sie wirklich fort ist. Da klingelt das Telefon, Igors Geliebte lässt sich vernehmen und sie verabreden sich… Karol Fiala (Ivan Mistrík) arbeitet als Zahlmeister in einer Fabrik, und am heutigen Zahltag herrscht in seinem Büro große Aufregung, da Karol die Auszahlung der Löhne in Bargeld zu verschieben scheint. Empörte Arbeiter stürmen in sein Büro, als der Vorarbeiter Pätoprstý (František Zvarík) die Leute beruhigt und Fiala anweist, die Zahlung wie geplant durchzuführen. Letzterer protestiert anfangs, fügt sich dann jedoch. Während das Büro von Menschen regelrecht geflutet scheint, türmen sich auf Karol Fialas Schreibtisch Bündel von Banknoten. Zwei davon legt er in den Safe zu seiner Linken zurück, vergisst in der Hektik jedoch ihn zu schließen…
Dieser erste Spielfilm um das Ermittlerduo des Polizei-Kapitäns Jacubek (Ladislav Chudik) und seines Leutnants Michalko (Viliam Polónyi) ist so etwas wie die slowenische Antwort auf die mit Rudolf Hrušínský als Major Kalaš und Radoslav Brzobohatý als dessen Kollege Nadporucik Varga besetzten Thriller um zwei Beamte der Polizei in der Hauptstadt Prag. Beide Reihen brachten es bis 1970 auf jeweils drei Spielfilme; beide zeichneten sich durch eine tendenziell düstere Atmosphäre aus, darin tödliche Geheimnisse, eine je dunkle Vergangenheit oder ein unverzeihlicher Fehler manche Rollencharaktere erst in die Krise und von dort zum Äußersten trieben. So nimmt es nicht wunder, dass Der Tod kommt im Regen ebenso wie Petr Schulhoffs Angst (CSK 1964) 2018 auf dem Noir Film Festival in Křivoklát, Tschechien, im Rahmen einer Retrospektive tschechoslowakischer Filmklassiker zu sehen war, die allesamt mehr oder minder Elemente des internationalen Film Noirs aufweisen und insofern dazugerechnet werden sollten. Andrej Lettrich legt seinem Publikum falsche Fährten ins Leben von Charakteren, die weitaus komplexer miteinander verknüpft sind, als man zuerst ahnen kann, und die allesamt etwas zu verbergen haben. Die Tragik des Falls wurzelt tief in der Unaufrichtigkeit der Beteiligten, die Jacubek und Michalko ebenso wie das Kinopubluikum erst über die Dauer der Handlung zu ermessen lernen. Mit seinem Erzähler aus dem Off zu Beginn und regengetränkten Straßen Bratislavas bei Nacht ist dieser Post Noir aus der Tschechoslowakei tatsächlich eine auch für westliche Cineasten spannende Erweiterung des Kanons.
Tschechoslowakische Filmklassiker gehören so wie polnische bis heute nicht zur Filmkultur eines Publikums in Westeuropa. Mancher mag Schauspieler wie Ladislav Chudík, Rudolf Hrušínský oder Vladimír Mensík aus den Kinderfilmen seiner Jugend kennen, für das ein Filmland Tschechoslowakei in den 60er und 70er Jahren populär war. Aber auch dessen Kriminalfilme mit Hang zum Film Noir, häufig an Protagonisten und deren aussichtslose Situation geknüpft, sind hochwertig und hätten eine umfassende Wiederentdeckung und Neubewertung verdient. Klassiker in Schwarzweiß wie Angst (CSK 1964), Der Tod kommt im Regen oder Juwelenräuber werden gejagt (CSK 1967) liefen seinerzeit in den Kinos der DDR und liegen damit auch in Fassungen mit einer deutschen Synchronisation vor. In der Tschechischen Republik sind in den letzten Jahren viele solcher Werke restauriert worden, wershalb sie nun auf Filmfestivals oder gar als DVD-Editionen (meist jedoch ohne englische Untertitel) wieder verfügbar sind. Der Tod kommt im Regen ist kein Meisterstück und bietet doch einen guten Einstieg in eine Filmtradition, die mit Blick auf den Film Noir zwar Parallelen zu europäischen und zu US-amerikanischen Produktionen aufweist, in vieler Hinsicht jedoch durch ihre Eigenheiten besticht.
Unter dem Originaltitel Smrt prichádza v dazdi gibt es via Ritka Video S.R.O eine tschechische DVD-Edition (2009) ungekürzt und im Originalformat, bild- und tontechnisch jeweils gut restauriert, mit dem original slowenischen Tonspir inklusive tschechischer Untertitel, das Ganze jedoch ohne Extras und ohne englische Untertitel, in Deutschland zudem nicht erhältlich.