Sun Honglei, Louis Koo, Huang Yi, Wallace Chung, Gao Yunxiang
In einem Industriegebiet in der chinesischen Region Jiangsu unweit von Jinhai ereignet sich eine Explosion und Drogenhändler Timmy Choi (Louis Koo) hat Mühe seinen Wagen in der Spur zu halten. Er muss sich erbrechen, Schaum tritt ihm aus dem Mund, und sein Gefährt schlingert bedrohlich über die Fahrbahn. Chois Ausflug endet verhängnisvoll, als er mit voller Wucht durch den Glaseingang eines Restaurants fährt und leblos hinterm Steuer zusammenbricht, indessen zu seinen Füßen das Mobiltelefon piept… Mit einem Kleinlaster sind zwei von Chois Männern (Xiao Cong, Xin Gao) auf der Autobahn unterwegs, als sie die Stadtgrenze nach Jinhai passieren, auf den Feldern ringsum Schnee und das Wetter winterlich trübe. Sie werden von den übermüdeten und erschöpften Polizeibeamten Guo Weijun (Wallace Chung) und Chen Shixong (Li Giuangjie) in einem Pkw verfolgt, was sie hingegen nicht bemerken, da sie selbst einigermaßen breit sind. Als Verfolgte und Verfolger an eine Maustelle kommen, werden sie von der Beamtin Yang Xiaobei (Huang Yi) jeweils mit auffälligem Interesse beäugt, bevor sie scheinbar unbehelligt weiterfahren… Ein Reisebus voller omniöser Pasasagiere, allesamt Drogenkuriere mit mehreren Beuteln im Enddarm, nähert sich der Mautstelle. Mit an Bord ist auch der undercover arbeitende Police Captain Zhang (Sun Honglei), als Rauch aus seinem defekten Kühler den Bus in Rauschschwaden hüllt...
“Irgendwo in Drug War schlummert ein richtig guter Film. Möglich, dass das entsprechende Skript in Tos Schublade liegt, mit einem „Abgelehnt"-Stempel der chinesischen Zensurbehörde darauf.“ Besser als Peter Osteried für kino-zeit.de kann man das Auf und Ab, das auch ich während dieses Films empfand, nicht zusammenfassen. Allerdings wundert es mich nicht. Ich hatte auch zuvor nie einen Johnnnie-To-Film gesehen, bei dem es mir anders ergangen wäre. Sosehr ich dessen Gespür für Schauplätze, Inszenierung und Dramaturgie im Einzelnen respektieren und mitunter genießen kann, sosehr enttäuschen mich die Leere und die hinterm Blendwerk seiner vermeintlich bizarren Rollencharaktere verborgene Banalität immer wieder aufs Neue. Dass Johnnie To bei seinem auf dem chinesischen Festland statt in Hongkong gedrehten Drug War Zugeständnisse an die chinesischen Behörden machen musste, ist sicher. Aber nicht nur (wie für Osterried) das Ende sondern bereits das 08/15-Finale ruinieren für mich einen Neo-Noir-Thriller, dessen Spannungsaufbau und deren in einigen Sequenzen für Johnnie To ungewöhnlich leisen Töne in der Zeichnung seiner Rollencharaktere ich bis dahin mit Wertschätzung zur Kenntnis genommen hatte. In den letzten 12 Minuten wird all das zu Schall und Rauch. Bei einer Schießerei auf offener Straße, darin sich Bosse des Drogenkartells und die Ernmittler ihre letzte Auseinandersetzung liefern, bietet sich dem Zuschauer ein Action-Einerlei, das kaum dem Standard eines B-Films der 80er Jahre standhält. Hier zeigen Polizisten und Schurken auch mit mehreren Kugeln im Leib noch sportliche Ausdauer und Wendigkeit, indessen Statisten nach einem Treffer leblos niedersinken. Hier haben Handfeuerwaffen unbegrenzten Munitionsvorrat, solange es darauf ankommt, indessen ihre Magazine plötzlich alle (!) leer sind, wenn es laut Drehbuch eben nötig ist.
© Koch Media GmbH
Ein Thriller, der zuvor so tat, als wolle er seinem Zuschauer die ausgefuchsten und komplexen Methoden der Verbrechensbekämpfung nahebringen, verfällt jenem stupiden Mainstream des Action-Kinos, das heutzutage meist noch für B-Produktionen mit Typen à la Steven Seagal oder Till Schweiger herhalten darf. Warum sich Drug War damit der Lächerlichkeit preisgibt, müsste einen bei einem gestandenen Regisseur wie Johnnie To wundern, wäre diese Erfahrung, wie eingangs erwähnt, nicht zugleich die Wiederholung eines Schemas. Doch während das übersteigerte Pathos in seinen dem Italo-Western Sergio Leones nachempfundenen Rache-Epen à la Exiled (HK 2006) deren schamlose Absurdität mit einem Augenzwinkern krönt, ist der humorlose Schlussakkord in Drug War der Endpunkt eines Scheiterns. Als Neo-Noir-Thriller fährt der Film seine Charaktere und seine Geschichte gegen die Wand; in der Umsetzung erweist sich die Konstruktion als Unterhaltungs-Blase ohne die beizeiten zumindest angedeutete Substanz. Das ist bedauerlich, denn die Drehorte und die Schauspieler, die Kameraarbeit und die Begleitmusik versprachen zu Beginn weit mehr. Ja, hier schlummert ein guter Film, wie Peter Osteried es präzise formuliert. De facto existiert er aber nicht.
Exzellente BD- und DVD-Editionen (2014) der Koch Media GmbH, ungekürzt im Originalformat samt der original kantonesischen Tonspur (unbedingt zu empfehlen) und einer (uninspirierten) deutschen Sychronisation, optional deutsche Untertitel. Eine englische Tonspur, wie auf dem Cover angegeben, gibt es nicht, dafür ist bild- und tontechnisch alles einwandfrei; beinhaltet sind als Extras der Kinotrailer und ein vierminütiges Making of.