Patrick Wilson, Jessica Biel, Haley Bennett, Vincent Kartheiser, Eddie Marsan
New York in der Vorweihnachtszeit des Jahres 1960: Buchhändler Marty Kimmel (Eddie Marsan) geht eines Abends ins Kino und grüßt kurz auch seinen Gehilfen und zugleich Angestellten in einem Imbisslokal, den 17jährigen Tony Ricco (Radek Lord). Der bemerkt allerdings nicht, dass Kimmel das Kino wieder verlässt. Indessen es bereits heftig schneit, steigt Kimmel in seinen gegenüber des Filmtheaters geparkten Wagen und fährt davon… Der Architekt und Hobbyautor von Kriminalgeschichten, Walter Stackhouse (Patrick Wilson), verlässt am folgenden Tag in Eile ein Bürogebäude und fährt zur Grand Central Station, indessen im Autoradio zu hören ist, dass in der Nähe von Harry’s Rainbow Grill entlang der Überlandbusroute eine Frauenleiche gefunden wurde - auf brutale Weise erstochen. In der Bahnhofshalle wartet Clara Stackhouse (Jessica Biel), eine erfolgreiche Immobilienmaklerin, bereits ungeduldig auf ihren verspäteten Ehemann. Für Walters Kurzgeschichte, die im Mystery Magazine abgedruckt wurde, hat sie nur Spott übrig, er solle sich lieber auf seinen Beruf konzentrieren. Clara muss zu ihrer kranken Mutter fahren, doch sie bevorzugt die Fahrt mit dem Bus, statt sich von Walter kutschieren zu lassen, so hat sie Zeit zum Nachdenken. Walter ermahnt sie, ihre Weihnachtsfeier zu überdenken, und sie herrscht ihn an, auf keinen Fall seinen Partner Jon Carr (Jon Osbeck) einzuladen, bevor sie genervt in den Bus einsteigt…
Gibt es einen Grund, die Verfilmung eines Romans von Patricia Highsmith, in dem Fall The Blunderer (EA 1960), in die Zeit seiner Entstehung zu versetzen? Seinerzeit verfilmte Calude Autant-Lara das Buch als Der Mörder (FRA/GER/ITA 1963) mit Maurice Ronet, Gert Fröbe und Marina Vlady in den Hauptrollen, somit ist Andy Goddards Adaption auch ein Remake. Nun ist der Retro Noir längst eine Untersparte des Nero Noirs. Von Roman Polanskis Chinatown (USA 1974) über Curtis Hansons L.A. Confidential (USA 1997) führt der Weg zu A Kind Of Murder. Eine unabhängige Produktion mit kompetenten Darstellern und einem engagierten Regisseur und guten Kameramann, die einer verschachtelten und psychologisch komplexen Geschichte wie dieser von Patricia Highsmith folgt, beinhaltet bestenfalls das Potential für eine Überraschung. Aber die bleibt aus, denn Andy Goddards Film ist kein solcher Fall, schöpft er doch sein Potential nicht aus. Zum ersten ist der von Patrick Wilson verkörperte Walter Stackhouse ein solcher Biedermann und Musterbürger, dass der Zuschauer Mühe hat, in ihm eine gewachsene Persönlichkeit und einen erfolgreichen Geschäftsmann zu sehen - schließlich ist er mehr als nur wohlhabend. Zum zweiten geht seine Chemie mit Ellie Briess (Haley Bennett), Jazzsängerin in Kreisen der Beatniks des New Yorker Stadtviertels Greenwich Village, gegen Null. Schon die Art, wie sie sich auf der Weihnachtsfeier des Ehepaars Stackhouse an den ihr bis dato unbekannten Gastgeber heranmacht, - „So this is the good life.“ lautet ihr erster Satz. - ist derart vordergründig inszeniert, dass der Zuschauer sofort weiß, worauf es hinauslaufen muss. Auch wird das Entstehen ihrer Liebe nur in einer sekundenschnellen Rückblende gezeigt, die zwar Walters Glaubwürdigkeit erschüttert und ihn als Lügner enttarnt, allerdings nichts dazu beiträgt, die Beziehung der beiden Rollencharaktere zu erden. Obgleich wir verstehen können, was ihn an ihr fasziniert, bleibt seine Anziehung auf sie im Dunkeln. Dass zudem auch Jessica Biel als Ehefrau Clara nicht voll überzeugt, lässt das zentrale Szenario in eine Schieflage geraten.
Damit gehört der Film vor allem Eddie Marsan als Buchhändler Kimmel und Vincent Kartheiser als Detective Lawrence Corby. Und tatsächlich ist deren Duell das Beste an diesem Werk. Ohnehin spielt Marsan in jeder einzelnen Szene mit ihm das Ensemble an die Wand. Er allein gibt im letzten Drittel des Films der Geschichte jenes Gewicht, das von Anbeginn in ihr steckt, denn der Highsmith-Roman hat Substanz, doch wird ein Gutteil davon auf der Leinwand nicht sichtbar. Aber Goddard macht auch nicht alles falsch. Er serviert einen pointiert inszenierten Einstieg und bringt seinen Protagonisten, sobald der sich in Notlügen verstrickt, auch in Bedrängnis, was dem Spannungsaufbau zugutekommt. A Kind Of Murder funktioniert als oberflächlicher, etwas altbackener Thriller recht gut. Man erkennt gerade in der zweiten Hälfte thematisch und formal die Einflüsse des klassischen Film Noirs – keiner der Charaktere des Films, ob männlich oder weiblich, ist zu guter Letzt ein Sympathieträger. Dennoch weiß der erfahrene Filmfreund schnell, dass hier mal wieder eine hochwertige Vorlage fürs Kino unter Wert nachgestrickt wird, so dass weit vor dem allzu abrupten Ende die Sache längst im Mittelmaß versackt ist.
Sehr gute BD- und DVD-Editionen (2017) von Wild Bunch in Kooperation mit der Universum Film GmbH, München, mit dem Film ungekürzt im Originalformat, bild- und tontechnisch hervorragend, dazu den original englischen Ton und eine deutsche Synchronisation, optional deutsche Untertitel, den original Kinotrailer und drei Featurettes als Extras: Der 60er Jahre Look des Films, Die Charaktere von A Kind Of Murder und Ein psychologischer Thriller – Andy Goddard.