Stuart Whitman, Janet Leigh, Eleanor Parker, Barry Sullivan, Lloyd Nolan
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© Warner Bros.
Los Angeles, Kalifornien: Fernsehmoderator Stephen Rojack (Stuart Whitman) widmet auch die neuste Ausgabe seiner Talkshow dem Feldzug gegen den Mafiosi Eddie Ganucci (Joe De Santis). Mit Gästen im Studio und solchen am Telefon erörtert er die Frage, wie die US-Justiz mit dem Gangster umzugehen habe. Indessen liegt seine Frau Deborah (Eleanor Parker), steinreiche Tochter des Industriellen Barney Kelly (Lloyd Nolan), mit ihrem Liebhaber Fred in seidenen Laken ihres Penthouses im Kelly Tower, trinkt Whiskey und kommentiert die Show. Aus einer Laune ruft sie die im Fernsehen angegebene Telefonnummer an und wird tatsächlich zu ihrem Gatten durchgestellt. Der ist betroffen ihre Stimme zu hören und überspielt die Situation vor laufender Kamera dennoch souverän. Deborah ist just aus Europa zurückgekehrt, das Paar lebt getrennt. Auf dem Weg nach Hause trifft Rojack seinen Partner und Manager der TV-Produktion, Arthur Kabot (Murray Hamilton). Jener kennt den Rosenkrieg der Rojacks und rät seinem Moderator dringend ab, heute Abend noch seine Frau zu besuchen. Doch Rojack lässt sich im Taxi zum Kelly Tower bringen, fährt per Lift zum Penthouse und wird von der hübschen und aufreizenden Hausangestellten Ruta (Susan Denberg) empfangen. Deborah ist angetrunken und verhöhnt ihren Ehemann Stephen, jenen hoch dekorierten Kriegsveteranen aus einfachen Verhältnissen. Als er beschließt zu gehen, lockt Ruta ihn in ihre Einliegerwohnung und versucht ihn zu verführen, was ihr fast gelingt. In der Tür stellt Stephen Rojack fest, dass seine Brieftasche noch in Deborahs Schlafzimmer liegt, und er kehrt um…
“I want a divorce.” - “From the daughter of the eighth richest man in the whole U.S.? Bitch I am but rich I am.” Die US-Amerikaner hassen diesen Film bis heute. Der Schauspieler Robert Gist spielte unter Raoul Walsh in einer Nebenrolle in der Verfilmung von Die Nackten und die Toten (USA 1958), dem Debütroman (EA 1948) des Schriftstellers Norman Mailer. Zu Beginn der 60er wechselte Robert Gist zur Regie fürs Fernsehen. 1965 erschien der vierte Roman Mailers, An American Dream, - deutscher Titel ist Der Alptraum - und Robert Gist beschloss, ihn als zweite Adaption eines Buches Mailers ins Kino zu bringen. Der Film floppte auf ganzer Linie, vom Publikum verschmäht, von der Kritik verrissen, und Gist inszenierte für weitere vier Jahre TV-Serien, bevor er um 1971 von der Bildfläche verschwand. Tatsächlich ist Mord aus zweiter Hand ein zwiespältiger Film, der in Kooperation mit Warner Bros. als Studio und mit TV-Autor Mann Rubin als Verfasser des Drehbuchs den Roman Mailers an vielen Stellen verwässert und versucht, ihn für ein Mainstream-Publikum kompatibel erscheinen zu lassen. Zugleich ist das Werk ein bemerkenswerter Hybrid aus stets in den 50er Jahren verhafteten, ehernen Richtlinien für eine zwar spannende und doch harmlose Kinounterhaltung sowie dem Bestreben der Sechziger, im Fahrwasser europäischen Arthouse-Kinos frank und frei eine andere Gangart einzuschlagen, wie sie auch in Romanen Norman Mailers zum Tragen kam. Solche Unentschlossenheit wird dem Film zur Krux. Dennoch ist er nach meiner Meinung im doppelten Sinn “painful to watch“, insofern die Charakterzeichnungen und das Bemühen um eine im Rückgriff auf den Film Noir der Spätvierziger anderen Ton auch positiv durchschlagen. Mord aus zweiter Hand ist wie Das teuflische Spiel (USA 1965) - ebenfalls eine William Conrad Production - oder auch Gesicht ohne Namen (USA 1966) ein Film, der verunsichert, befremdet und streckenweise fasziniert.
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“One thing you can say about An American Dream, however, is that it is a true film noir”, resümert Jeff Stafford in seinem Film Article für Turner Classic Movies (TCM) und das ist zu 100% korrekt. Ich musste mehrfach an John Boormans Point Blank - Keiner darf überleben (USA 1967) denken, der sich ein Jahr später aus dem Schatten der 50er Jahre befreien konnte und neben Arthur Penns Bonnie und Clyde (USA 1967) die “New Hollywood“ betitelte Ära einleitete, die sich ans europäische Autorenkino anlehnte. Wie Angie Dickinson ist Janet Leigh eine Darstellerin, die kaum jemals leicht und locker daherkommt, ebenso ist der Fenstersturz eine auffällige Parallele zu dem früheren Mord aus zweiter Hand. Und wie das Drehbuch ist hier das Casting nicht völlig misslungen. Die viel gescholtene Janet Leigh macht aus ihrer komplexen Rolle das Beste; auch Barry Sullivan und Lloyd Nolan treten souverän auf. Eleanor Parker ist völlig jenseits von Gut und Böse, aber genau dort gehört ihre Deborah auch hin. Leider ist Stuart Whitman in der zentralen Rolle Stephen Rojacks ähnlich überfordert wie James Garner mit der seinen in Gesicht ohne Namen (USA 1966). Und obgleich in beiden Fällen das Element der Verunsicherung für die Rollencharaktere wichtig ist, zeigt Whitman an mehreren Stellen gravierende Schwächen. So ist de facto bedauerlich, dass hier nicht John Frankenheimer - wie ein US-Kritiker pointiert analysierte - auf dem Regiestuhl saß. Dennoch musste ich mir diese extreme Tour de force bis zum konsequenten Finale ansehen und bedaure es nicht.
Es gibt weltweit nur eine US-amerikanische DVD-Edition (2010) der Warner Bros. Entertainment Inc. und zwar in deren Warner Archive Collection, d.h. mit dem Film ungekürzt und im Originalformat, die englischeTonspur ohne Untertitel, bild- und tontechnisch sehr gut (nicht brillant), allerdings ohne Extras.