Bewertung
***
Originaltitel
Ching yan
Kategorie
Neo Noir
Land
HK
Erscheinungsjahr
2008
Darsteller
Nicholas Tse, Nick Cheung, Zhang Jing-Chu, Pu Miao, Kai Chi Liu
Regie
Dante Lam
Farbe
Farbe + s/w
Laufzeit
105 min
Bildformat
Widescreen
Hongkong: In einem Imbiss treffen sich mehrere Polizeibeamte unterm Kommando von Sergeant Tong Fei (Nicolas Tse). Als sie ein Apartment stürmen und eine Bande Krimineller ausheben, geht manches schief, so dass Tongs Freund und Kollege Sunny (Kai Chi Liu) einen Buchschuss abkriegt, den er unverletzt übersteht, da er eine kugelsichere Weste trägt. Tong lässt seine Wut vor allem an dem notorisch übernächtigten Michael (Jing Hung Kwok) und an Christy (Sherman Chung) aus, während ein Funkspruch sie darauf hinweist, dass der Gangster Cheung Yat-Tung (Philip Keung) aus Polizeigewahrsam entkommen sei. Während Tong und Sunny auf der Straße stehend noch einiges besprechen, sieht Tong zufällig, dass Cheungs Bande direkt vor ihnen den Fluchtwagen wechselt. Sunny und Tong nehmen die Verfolgung auf. Doch Cheung wird misstrauisch, lässt seinen Fahrer halten. Ein Polizeibeamter (Chan Kei-Hop) nähert sich dem Fahrzeug, sieht neben Cheung Yat-Tung einen Verwundeten und Sunny rammt die Gangster von hinten. Eine halsbrecherische Verfolgungsjagd beginnt, die bald in einem schweren Unfall endet. Der Wagen der Polizisten wird durch die Luft geschleudert, Sunny schwer verletzt, indessen sich Tong aus dem Wagen befreien kann. Als die Gangster versuchen zu fliehen, müssen sie wegen eines näher kommenden Polizeiwagens wenden. Tong eröffnet das Feuer auf die Flüchtenden, ihr Fahrer wird getroffen und der Wagen kommt zum Halten. Eine Tragödie nimmt ihren Lauf…
“With its dark characterisation and mise-en-scène, Beast Stalker is in many ways representative of the ways contemporary Hong Kong directors can evoke the world of film noir through stylistic and character traits“, fasst Andy Willis es in seinem Aufsatz zum Hongkong-Kino für den Band East Asian Film Noir (2015) zusammen. Warum auch nicht? Willis ist zwar bestrebt, die Parallelen zu negieren und seine Schubladen mit jeweils Ost und West zu beschriften, doch de facto ist Beast Stalker ein überrschaschend eigenständiger Neo Noir aus Hongkong. Überraschend deshalb, weil Regisseur Dante Lam und sein Co-Autor Wai Lung Ng auf altbewährte Zutaten des Actionfilms aus Fernost zurückgreifen, also erst einmal Genrekino für ein großstädtisches Massenpublikum anbieten. Demgemäß tat ich mich mit den ersten 20, 25 Minuten schwer. Denn obgleich sie rasant und gekonnt inszeniert sind und obgleich es hart und herzlos zugeht, ist bis dahin alles nur Standard. Erst mit Einführung der Rollencharaktere Hung King (Nick Cheung), eines von seiner Vergangenheit gepeinigten Mann fürs Grobe, und Ann Gao (Zhang Jing-Chu), der vom Verlust ihrer Tochter aus der Bahn geworfenen Staatsanwältin, wird die Geschichte facettenreich. Dank clever eingearbeiteter Rückblenden und ohne Hektik in der Inszenierung erfährt der Zuschauer mehr über die drei zentralen Figuren, zu denen sich der inzwischen invalide Sunny hinzu gesellt. An Stelle von Schwarzweißmalerei entwickeln die Figuren Konturen, erweisen sie sich als Platzhalter - mal Mensch und mal Unmensch - von Schicksalwegen im Spannungsfeld zwischen Notwendigkeit und Absurdität. Lange Rede, kurzer Sinn: In ihren guten Momenten funktioniert die Geschichte, ist sie auch mit Blick auf den Dreh- und Angelpunkt der Erpressung arg konstruiert. Erst trifft Tong zufällig auf den flüchtenden Cheung Yat-Tung, dann wird die Staatsanwältin ebenso zufällig in deren Verfolgungsjagd verwickelt.
© Koch Media GmbH
Das exzellente Quartett der Hauptdarsteller, die Kameraarbeit Mano Po Cheungs und Chung-To Tses, die kluge Erwählweise und vor allem die beeindruckenden Schauplätze, harte Urbanität in Reinkultur, gleichen diesen Mangel allemal aus. Wäre nur nicht, leider typisch für Hongkong-Thriller, das Finale derart übertrieben und der Schluss melodramatisch zugespitzt! So dass dieser Neo Noir, der sich nach 20 Minuten gekonnt aus dem Einerlei des Actionfilms befreit hatte, wieder genau dort ankommt, wo ihn die Masse der Zuschauer sicher gerne sieht, im Standard “gehobener“ Unterhaltung. Schade! Trotz der vielschichtigen Figur des Killers Hung King ist Beast Stalker damit eine verpasste Chance, einen starken Akzent zu setzen, der den Hongkong-Film aus selbst gesetzten Schemata heraus katapultierte und einfach mal eine neue Saite anschlägt. Das gelingt Dante Lam im Mittelteil, wo er ein lebenssattes Drama in nachtdunkler Neo-Noir-Manier zu erzählen weiß, doch zuletzt fehlen ihm und vor allem der Produktion als solcher die Courage. Ende gut = alles gut, das ist für eine solche Erzählung schließlich zu wenig, auch wenn ich es nicht bereue, den Film gesehen zu haben.
Erstklassige DVD und auch 2DVD (2010) der Koch Media GmbH mit dem Film ungekürzt im Originalformat, bild- und tontechnisch topp, wahlweise die deutsche und die kantoenische Tonspur, optional deutsche Untertitel, das Ganze bei der 2DVD im Pappschuber, dort auch den Kinotrailer, ein Making Of und ein Behind The Scenes, geschnittene Szenen, mehrere Interviews und einen Audiokommentar als Extras. Vorbildliche Edition!