Jean Simmons, David Farrar, James Donald, Herbert Lom, Madeleine Lebeau
London: Vom Boulevard hastet die hübsche Judith Moray (Jean Simmons) in die U-Bahn-Station, wo sie völlig unerwartet ihre einstige Liebe William Glennan (David Farrar), ehemals Wing Commander der Englischen Königlichen Luftwaffe, wiedersieht. Sofort wendet sich die Frau um und rennt in entgegengesetzter Richtung auf einen Bahnsteig. Doch Bill Glennan folgt ihr und begleitet sie gar in den Wagon, wo er sich trotz ihrer kühlen Reaktion mit ihr verabredet, Demzufolge wird er abends mit Judith in einem Club in Chelsea etwas trinken. Sie, halb so alt wie Glennan, kennt Bill aus der Endphase des Weltkriegs, als sich die Jugendliche in ihn verliebt und von ihm abgelehnt gefühlt hatte. Am Abend kommt Dr. Alan Kearn (James Donald) in den Palette Club und findet Judith, die er zu heiraten hofft, im Gespräch mit Glennan an der Bar. Alan und Judith gehen zu ihrem reservierten Tisch. Bill Glennan setzt sich ganz in der Nähe nieder und lässt dem Paar vom Kellner (Sam Kydd) eine Flasche Champagner bringen, indessen er die beiden unverfroren beobachtet. Judith ist davon nicht angetan und lässt erst durch Alan die Flasche zurückschicken, schließlich bittet sie ihn mit ihr das Lokal zu verlassen… Während sie an der Themse entlang gehen, entschuldigt sich Judith bei Alan für ihr Betragen, zugleich erzählt sie ihm von ihrer Vergangenheit mit Bill Glennan. Da jener morgen nach Paris reise, werde sie ihn nicht wiedersehen, erklärt sie Alan, doch in dem Punkt irrt sie sich gewaltig…
“You don’t place much value on that second… romance of yours, do you?” – “You’d be afraid, if you knew, how much I do.” Der Film hat viel zu bieten, vor allem glaubwürdige Rollencharaktere, verkörpert von exzellenten Darstellern, unter denen David Farrar und Jean Simmons klar herausragen. Die Art und Weise, wie sich der eiskalt berechnende, durch und durch amoralische Bill Glennan erneut die Gunst Judith Morays erschleicht, nachdem er sie Jahre zuvor enttäuschte, ist bemerkenswert. Couragiert ist die Charakterzeichnung eines Weltkriegsoffiziers als Mann ohne ethisch-moralische Wurzeln, knallhart gegenüber all seinen Frauen und kriminell. Der gescheiterte und desperate Kriegsheimkehrer ist sonst ein für Hollywood typischer Rollencharakter, in Ed Dmytryks Kreuzverhör (USA 1947) oder auch in Fred Zinnemans Act Of Violence (USA 1948) ähnlich angelegt. Die Kameraarbeit Douglas Slocombes (Der Diener, UK 1963) ist exzellent, auch Basil Deardens Regie überzeugt und die Nebendarsteller erweisen sich als ein zeittypisch hochwertiges Ensemble. Doch das Ende, welches die unschuldig Schuldigen in eine unbelastete Zukunft entlässt, ist wenig glaubwürdig, da es im Rekurs auf den Handlungsverlauf eine Koinzidenz voraussetzt, die man kaum hinzunehmen gewillt ist. Zudem ist sie in einem US-amerikanischen Film nach einem Roman Cornell Woolrichs in auffällig ähnlicher Weise enthalten.
Im Februar 1950 hatte in den USA Mitchell Leisens Film Noir Entgleist seine Premiere, mit Barbara Stanwyck in der Hauptrolle und mit John Lund als Ehemann und als Stiefvater eines Kindes, das sie dem ruchlosen Stephen Morley (Lyle Bettger) zu verdanken hatte, nicht des Ehemanns leiblichem Bruder, wie jener anfangs denken muss. Dort gibt es ein Szenario der Erpressung, das die Frau selbst zu lösen hofft und das in seiner Entwicklung so verläuft wie dasjenige in Frau im Netz / Goldener Käfig, der seine Prämiere im September 1950 hatte. Statt eines Zugunglücks beinhaltet der englische Film einen Flugzeugabsturz, obgleich dessen Funktion für den Handlungsverlauf eine andere ist. Basil Deardens Film basiert auf einer Erzählung des Autorenduos Paul L. Stein und Jack Wittingham, letzterer schrieb auch das Drehbuch. Cornell Woolrichs Roman I Maried A Dead Man, die Vorlage für Leisens Entgleist, erschien erstmals 1948. Die Ähnlichkeiten zu Motiven und vor allem zum Finale von Frau im Netz / Goldener Käfig sind augenfällig. Dennoch ist aus den eingangs genannten Gründen für den Film-Noir-Connaisseur Basil Deardens Werk nicht als schlecht einzustufen – von einem namhaften Regisseur, dem im Folgejahr mit Unterwelt (UK 1951) ein großer, bis heute kaum gewürdigter Klassiker des europäischen Film Noirs glückte.
In der englischen 2DVD-Edition (2013) The Ealing Studios Rarities Collection - Volume 3 von Network / Studiocanal ist auch Cage Of Gold (= Originaltitel) beinhaltet, ungekürzt ohne Untertitel und ohne Extras, aber bild- und tontechnisch einwandfrei und mit Rücksicht auf vier Filme auf zwei DVDs zu einem günstigen Preis.