Post Noir
| International
| 1960
| Akira Kurosawa
| Kamatari Fujiwara
| Kôji Mitsui
| Kyû Sazanka
| Seiji Miyaguchi
| Takashi Shimura
| Tatsuya Mihashi
| Toshirô Mifune
| Kin Sugai
| Kyôko Kagawa
Bewertung
*****
Originaltitel
Warui yatsu hodo yoku nemuru
Kategorie
Post Noir
Land
JPN
Erscheinungsjahr
1960
Darsteller
Toshirô Mifune, Masayuki Mori, Kyôko Kagawa, Tatsuya Mihashi, Takashi Shimura
Regie
Akira Kurosawa
Farbe
s/w
Laufzeit
145 min
Bildformat
Widescreen
Tokio, Japan: In einem öffentlichen Gebäude findet in pompös festlichem Rahmen eine Hochzeit statt. Die gehbehinderte Yoshiko Iwabuchi (Kyôko Kagawa), Tochter von Iwabuchi (Masayuki Mori), Vizepräsident einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft zur Erschließung ungenutzter Bauflächen, heiratet dessen Privatsekretär Kôichi Nishi (Tôshiro Mifune). Auch Journalisten der Tagespresse sind anwesend, denn aktuell sind einige Anwesende in einen Korruptionsskandal verwickelt, der zu mehreren Festnahmen führte. Da erscheint ein Polizeioffizier (Susumu Fujita) und lässt auch Wada (Kamatari Fujiwara), einen leitenden Beamten in der Zusammenarbeit mit dem Baukonzern Diaryu, kurzerhand verhaften. Die Stimmung ist gedrückt, denn neben Vizepräsident Iwabuchi waren der fürs Vertragswesen zuständige Shirai (Kô Nishimura) und der hohe Verwaltungsbeamte Moriyama (Takashi Shimura) vor fünf Jahren an einem Bauskandal beteiligt, bei dem der Selbstmord des stellvertretenden Amtschefs Furuya für Schlagzeilen gesorgt hatte. Dessen Suizid hatte die Untersuchung der Polizei zum Erliegen gebracht, bevor man ranghöheren Personen etwas hätte nachweisen können. Einer der Reporter (Kôji Mitsui) rekapituliert die Zusammenhänge für seine anwesenden Kollegen. Doch weiß auch er wenig über den Bräutigam Kôichi Nishi, den er als Freund von Yoshikos Bruder, des trinkfesten Playboys Tatsuo Iwabuchi (Tatsuya Mihashi) identifizieren kann, mehr aber nicht. Dass Nishi dessen Schwester heiratet, halten die Anwesenden für einen seinerseits grausam kalten Schritt auf der Karriereleiter...
Ein Mann arbeitet sich unterm Deckmantel einer falschen Identität in Jahren nach oben, um den Tod seines Vaters zu rächen. Schon sind wir auf dem Terrain des Film Noirs, das durch Akira Kurosawa auch formal mit exzellenten Referenzen bedient wird. Des Protagonisten falsche Identität, seine Entfremdung von der gesellschaftlichen Norm, ein Geheimnis in der Vergangenheit aller Beteiligten und schließlich die Liebe zu einer Frau als Zünglein an der Waage, das den Plan aus der Bahn geraten lässt und zu tragischen Konsequenzen führt! Wer andererseits einen Hinweis auf William Shakespeares Die Tragödie von Hamlet, Prinz von Dänemark (EA 1603) herausliest, liegt keinesfalls falsch. Akira Kurosawa hat in den über 50 Jahren seiner aktiven Zeit als Autor, Regisseur und Produzent öfter auf den englischen Dramatiker zurückgegriffen und Motive aus dessen Stücken nach Japan versetzt - zumeist in seine weltberühmten, brillant ausgeführten Historienfilme, so etwa in Ran (JPN/FRA 1985), darin sich einiges aus König Lear (EA 1606) findet. Es zeigt zum Anderen, inwieweit gerade die Elemente des Tragischen im Film Noir natürlich aus den Quellen der Theatergeschichte gespeist wurden, die u.a. von jenen einflussreichen Exilanten aus Europa in den Dreißigern und Vierzigern des letzten Jahrhunderts nach Hollywood gebracht wurden. Im Japan des Jahres 1960 wird erneut ein Meisterstück daraus.
Die Bösen schlafen gut ist ein Thriller, der ein hohes Maß an Aufmerksamkeit verlangt. Seine Komplexität in den Verfahrensweisen der Unternehmen und in den Beziehungen seiner Rollencharaktere erlaubt kein rasantes Tempo, doch halten die Autoren und Regisseur Kurosawa die Spannung (scheinbar) mühelos. Hier geschieht auf mehreren Ebenen ungemein viel gleichzeitig, so dass die fast 2 ½ Stunden Spielzeit im Nu verfliegen. “Despite its melodramatic bent and film noir roots - heightened by Masaru Sato's wonderful score, which alternates the darkness of certain moments with almost carnivalesque music - The Bad Sleep Well is both well written and superbly paced”, schrieb Dan Schneider für den Alternative Film Guide, was heißen soll, das viele klassische Film Noirs über solche Qualitäten nicht verfügen. Das ist in Anbetracht der Flut überbewerteter B-Filme nicht von der Hand zu weisen, lässt andererseits aber den Schluss zu, der Film Noir sei eine per se minderwertige Nische gewesen. Außerhalb der USA hatten ihn nicht zuletzt Akira Kurosawa, Carol Reed und Henri-Georges Clouzot, in Hollywood selbst Billy Wilder, Fritz Lang, Orson Welles, Robert Siodmak und John Huston aus der Taufe gehoben. Mit Die Bösen schlafen gut fand Kurosawa in beispielhafter Weise zum Film-Noir-Kino zurück. Dass dieses Meisterwerk weniger als seine historischen Epen bekannt wurde, verwundert nicht. Der Film ist dunkel und hart und er bleibt es bis ins Finale, das seiner Zeit deutlich voraus ist. Unbedingt zu empfehlen!
In den USA gibt es eine DVD-Edition der Criterion Collection (2006), die den Film ungekürzt im Originalformat bringt, bildtechnisch topp restauriert und inkl. japanischem Originalton mit englischen Untertiteln, als Extras eine Dokumentation, den Kinotrailer, sowie ein umfangreiches Booklet. Die DVD vom British Film Institute (BFI, 2005) zeigt den Film ungekürzt in exzellenter Qualität, ohne Extras, mit achtseitigem Booklet inklusive Standfotos, einem Artikel von Philip Kemp und einem Kommentar Akira Kurosawas selbst. In Deutschland ist auch dieser Meilenstein japanischer Filmgeschichte bis dato nicht erhältlich.