Hikari Mitsushima, Masaki Okada, Sadao Abe, Tamae Ondô, Kumiko Asô
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Ein Fahrer der Speditionsgesellschaft Sheep Express bringt in der Region Kanto am Vorabend des Black Friday im Auftrag des US-amerikanischen Versandhändlers Daily Fast ein Paket zu einem Herrn Koji Satanoto. Kaum hat der Fahrer seine Lieferung im ersten Stock des heruntergekommenen Apartmenthauses abgegeben und will in seinen Kleinlaster einsteigen, explodiert die Wohnung in einem Feuerball… Mit der Tama Toshi Monorail Line fährt die junge Managerin Elena Funado (Hikari Mitsushima) an diesem ersten Tag zu ihrer neuen Stelle als Leiterin der Packstation von Daily Fast in der Stadt Hino, wo die Haltestelle Hodokubu angesagt wird. Von hier nimmt sie ein Taxi, während mehrere Busse mit Werbelackierung von Daily Fast die 800 Hilfsarbeiterinnen und -arbeiter in die Hallen mit 150.000 Quadratmetern Arbeitsfläche bringen, die am heutigen 24. November, dem Black Friday, benötigt werden, um gleich zu Beginn der Angebotswoche die Vielzahl an Sonderbestellungen überhaupt bewältigen zu können. Vor Ort erwartet sie ihre rechte Hand Kou Nashimoto (Masaki Okada), der seit zwei Jahren als Juniormanager für die japanische Dependance der US-Firma tätig ist. Von ihm erfährt sie, dass die mehrstöckige Zweigstelle über lediglich neun Vollzeitkräfte verfügt und dass alle anderen Mitarbeiter Saisonkräfte sind. Elena Funado war zuvor in Fukuoka als leitende Managerin tätig und hat lediglich 3 Tage zugestanden bekommen, um nach Hino umzuziehen. Kou Nashimoto hält das für die typische Firmenpolitik…
Was zu Beginn geruhsam in seine Spur findet und nach wenig klingt, entpuppt sich zuletzt als ein packender Rachethriller, der eine üppige Palette an Emotionen ausschöpft und all seine Rollencharaktere glaubhaft porträtiert. Als in der ost-japanischen Region Kanto bei Auslieferung unterschiedlicher Black-Friday-Bestellungen durch den Online-Händler Daily Fast einige Pakete explodieren und Tote und Verletzte zu beklagen sind, gerät die Packstation in Hino, woher die Waren stammten, ins Visier polizeilicher Ermittlungen. Allerdings sind die Behörden auf die Hilfe von Elena Funado und Kou Nashimoto angewiesen, die allein über die internen Abläufe Auskunft geben können, nachdem klar wurde, dass es sich hier um einen Inside-Job handeln muss… Aber nicht jeder spielt mit offenen Karten und ist auch nicht, wer er oder sie vorgibt zu sein. Das führt zu Verwirrung und zu Verdächtigungen, die schließlich auf die Spur eines Geheimnisses hindeuten, das Jahre zurückliegt und seinen langen Schatten bis in die Gegenwart wirft. Auch das klingt womöglich nach einem Handlungsverlauf, der so oder ähnlich zu erwarten wäre, aber genau an dem Punkt beweisen das Drehbuch viel Umsicht und die Regie ein gehöriges Maß an Geschick. Anders ausgedrückt: Ayuko Tsukaharas Last Mile, der nach seinem ersten Drittel zunehmend ins Fahrwasser eines Neo Noirs einschwenkt, hat mich mit seinen Kehren und Wendungen wiederholt überrascht. Sowohl die Entwicklung einiger Rollencharaktere als auch das Ausbleiben einer solchen erweist sich vom Ende her betrachtet als stimmig und pointiert. Was nach meiner Einschätzung für viele japanische Filme unterschiedlicher Epochen am ehesten als typisch angesehen werden kann (und sich auch hier findet), sind das tief verwurzelte Misstrauen und die Abneigung gegenüber den USA und ihrem Materialismus als zentraler Doktrin ökonomischen Handelns.
Doch die Produktion delegiert Missstände im Gefüge gesellschaftlichen Miteinanders und eine implizit damit verknüpfte Sozialkritik, die den Film von A bis Z durchsetzt, nicht allein ins Ausland. Vielmehr zeigt der Handlungsverlauf, wie anfällig auch die japanische Gesellschaft für die Lockungen des Erfolgs und des Mammons ist, wie genau das zum Verlust der Empathie führt und schließlich Opfer fordert. Viele der beteiligten Schauspielerinnen und Schauspieler sind einem japanischen Publikum wohl bekannt, demjenigen hierzulande fast gar nicht. So ist ein Genuss zu sehen, wie versiert und engagiert das Ensemble spielt und harmoniert, und auch Regie und Kameraarbeit lassen nichts zu wünschen übrig. Im ostasiatischen Raum war und ist der Film sowohl im Kino zu sehen als auch auf BD und DVD erschienen; in Europa ist er im Prinzip nicht präsent. Während Ende des letzten und zu Beginn des aktuellen Jahrhunderts das Interesse an einem Filmerleben jenseits von Hollywood auch in Deutschland aufrecht gehalten wurde, ist im Zeitalter der Streamingportale an die Stelle solcher Vielfalt ein Einerlei aus Blockbustern und TV-Serien nach Schema F getreten. Wer dennoch Zeit und Muße findet Last Mile aufzustöbern, sollte sich den Film anschauen und sich bestenfalls versichert finden, dass es den Aufwand wert war.
In Japan gibt es sowohl eine BD als auch eine DVD-Edition (codefree, 2025) des Werks, ungekürzt im Originalformat mit der original japanischen Tonspur und mit japanischen Untertiteln. Ob auch englische Untertitel beinhaltet sind, konnte leider nicht eindeutig recherchiert werden.