Stacy Keach, Don Stroud, Lindsay Bloom, Kent Williams, Lauren Hutton
Die Grand Army Plaza am südöstlich gelegenen Eingang des Central Parks in New York: Ein Pantomime (Don Lewis) mit einem weiß geschminkten Gesicht führt einigen Parkbesuchern seine Künste vor. Er tanzt auf die sechsjährige Sascha Davidson (Laura Dankel) zu, die mit ihren Eltern vor Ort ist, und der Vater macht einige Fotos, als die Kleine auf den Armen des Künstlers sich im Walzerschritt dreht. Plötzlich zückt der Pantomime jedoch ein mit Äther getränktes Taschentuch, drückt es Sascha ins Gesicht und rennt aus dem Park zu einem in der Nähe mit laufendem Motor wartenden Lieferwagen. Er wirft das Kind in den Laderaum, springt selbst hinein und die Türen werden zugezogen. Als Saschas Vater im strammen Lauf den Wagen just noch erreicht und die Hecktür aufreißt, erschießt der direkt dahinter lauernde David Anson Kola (Michael Preston) den Mann, ohne mit der Wimper zu zucken… Privatdetektiv Mike Hammer (Stacy Keach) wird am frühen Morgen von einem Filmteam geweckt, dass in seiner Straße zu drehen plant. Er ist davon wenig begeistert, ruft vom Fenster seines Schlafzimmers zum Aufnahmeleiter hinunter, der auf der Straße lautstark seine Crew instruiert, doch der teilt ihm mit, dass er sich beim Bürgermeister beschweren solle. Als Hammer in Trenchcoat und Fedora auf die Straße tritt, sieht er den Regisseur Leo (Leo Penn) und die Schauspielerin Joanna Lake (Lauren Hutton) bei der Arbeit. Ein Pantomime zeigt etwas abseits ihrer sechsjährigen Tochter Megan (Emily Chance) einige Tricks…
“The sun disappears early in L.A… like a high-heeled hooker on a Saturday night.“ Über die ersten 22 Minuten erweist sich der Pilotfilm zu der in den USA Mickey Spillane‘s New Mike Hammer betitelten zweiten Staffel der TV-Serie um Spillanes New Yorker Privatdetektiv Mike Hammer als solide und sogar packend inszeniert, was mich, ehrlich gesagt, positiv überraschte. Aber so wenig wie jedes andere Skript zur TV-Serie Mike Hammer (USA 1958-1959) mit Darren McGavin oder zu der zwischen 1983 und 1989 in mehreren Fernsehfilmen und in 72 Einzelepisoden von Stacy Keach verkörperten Figur stammt ein einziges Wort von Mickey Spillane. Er steuerte allein den Rollencharakter Mike Hammer bei und wurde ein Autor, der mit einem Dutzend miserabel geschriebener Pulp-Romane zu Weltruhm gelangte und ein Millionenvermögen erwirtschaftete. Die Romane waren in den 50er Jahren deshalb erfolgreich, weil Mike Hammer reaktionär, sexistisch und gewalttätig auftrat – ein Womanizer und Private Eye, der seine Fälle nicht per Kopf sondern mithilfe der Pistole und mit den Fäusten löste. Das Skript zu The Return of Mickey Spillane’s Mike Hammer stammt folglich von Larry Brody, Janice Hendler und James M. Miller. Wie im Fall aller anderen Drehbücher fürs Fernsehen präsentiert es eine verwässerte Variante des erzkonservativen Wüterichs, demgegenüber der werbewirksame Name seines Erfinders in den Titel integriert wurde. Was das erwähnte erste Viertel des Films betrifft, profitiert es nicht zuletzt von der verregneten, tristen Kulisse Manhattans im Herbst. In Minute 22 wechselt die Handlung ins sonnige Los Angeles. Nicht nur die Atmosphäre verändert sich schlagartig, sondern alles, inhaltlich wie formal, wird zu einem x-beliebigen Fernsehkrimi jener 80er Jahre geschrumpft. Es ist solcher Wandel, im Rekurs auf die Geschichte selbst irrelevant, der den Film (in seinem Mittelteil) für mich schnurstracks ruinierte.
“Keach’s Hammer was all wrong. The cheesy mustache, the anachronistic fedora and the glib attitude made it all seem like some rather smug period piece“, schreibt Kevin Burton Smith für The Thrilling Detective über Mickey Spillane’s New Mike Hammer. In den 70ern gehörte Stacy Keach zu einer nächsten Generation exzellenter US-amerikanischer Schauspieler und rangierte in einer Liga mit Jeff Bridges, Gene Hackman oder James Caan. John Hustons Fat City (USA 1972), Burt Kennedys Der Mörder in mir (USA 1975) oder Michael Apteds Der aus der Hölle kam (UK 1977) zeigten ihn auf dem Höhepunkt seines Könnens. In der TV-Produktion Mike Hammer – Mord auf Abruf (USA 1983) übernahm Keach erstmals die Rolle des Privatdetektivs aus New York. Mit Schnurrbart und mit deutlich einigen Kilogramm mehr auf den Rippen wirkte der 41-jährige früh gealtert und agierte als Schauspieler fortan uninspiriert und lahm. Auch hier ist seine Darstellungskunst nicht mehr als Standard, und es bleibt für mich eines der Rätsel der Filmhistorie, warum ausgerechnet Stacy Keach seine Exzellenz in solcher Art an den Nagel hängte. Dass der gleichfalls talentierten Lauren Hutton (Ein Mann für gewisse Stunden, USA 1980) nie der Durchbruch gelang, ist ebenfalls bedauerlich. Vor allem sie wirkt in The Return of Mickey Spillane’s Mike Hammer wie in einem für sie völlig „falschen“ Film. Unterm Strich ist die durch Cameo-Auftritte von Vince Edwards (Der Tod kommt auf leisen Sohlen, USA 1958) und Mickey Rooney (Quicksand, USA 1950) leicht veredelte TV-Film nicht gar so miserabel wie andere aus dieser Serie und erhält deshalb noch knapp 3 Sterne.
Bei der Ausstrahlung im bundesdeutschen Fernsehen im Januar 1988 wurde der Pilotfilm zerteilt und unterm Titel Mike Hammer: Kidnapping in Hollywood als zwei Episoden der zweiten Staffel der TV-Serie ausgestrahlt. International gab es das Werk in den 80er Jahren unter verschiedenen Titeln als VHS-Videokassette. Dank Via Vision Entertainment Inc. liegt es im Rahmen einer bild- und tontechnisch solide restaurierten US-amerikanischen 7-DVD-Box (2006) mit allen 22 Episoden der 1986 und 1987 von CBS produzierten und ausgestrahlten TV-Serie Mickey Spillane’s New Mike Hammer plus der abschließenden TV-Produktion Mike Hammer: Murder Takes All (USA 1989) heute auch auf DVD vor.